Kirchen erfreut über hohe Wahlbeteiligung bei Europawahl

Wahlbeteiligung Europawahl
© Ole Spata/dpa
Ein Mann wirft seinen Stimmzettel in eine Wahlurne.
Kirchen erfreut über hohe Wahlbeteiligung bei Europawahl
Sorge wegen Populisten
Von einer "Schicksalswahl" war die Rede gewesen, vier Tage dauerte der Urnengang: Nach der Europawahl wird nun Bilanz gezogen. Auch die Glaubensgemeinschaften beteiligen sich an der Deutung der Ergebnisse.

Spitzenvertreter von Kirchen und Religionsgemeinschaften in Deutschland haben unterschiedlich auf die Ergebnisse der Europawahlen reagiert. Neben der Freude über eine hohe Wahlbeteiligung und den Sieg von Parteien der politischen Mitte wurden erneut Sorgen über das Abschneiden von Rechten und Populisten laut.

"Ich freue mich, dass es gelungen ist, eine starke pro-europäische Mehrheit ins Parlament zu bringen", sagte der hannoversche Landesbischof Ralf Meister. Die europäische Idee müsse nun weiter gefestigt werden, erklärte der Bischof von Deutschlands größter evangelischer Landeskirche am Montag in Hannover. Der Kirchenpräsident der Evangelischen Landeskirche Anhalts, Joachim Liebig, nannte die gestiegene Wahlbeteiligung vor allem junger Menschen erfreulich.

Dröge besorgt über hohe Zustimmung für europakritische Parteien

Besorgt über die hohe Zustimmung für europakritische Parteien äußerte sich der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge. Zwar sei es positiv, dass auch im Bereich der Landeskirche mehr Menschen und mehr Jüngere gewählt hätten, sagte Dröge. Dass jedoch europaweit auch Parteien Zulauf hätten, die die EU in ihrer bisherigen Ausrichtung abschaffen wollten, bereite ihm Sorge.

Der sächsische evangelische Landesbischof Carsten Rentzing warb nach dem starken Abschneiden der AfD bei der Europawahl im Freistaat für ein konstruktives Miteinander. Der Wählerwille sei zu respektieren, sagte Rentzing am Montag in Dresden. Dennoch gelte, "dass sich alle politischen Konzepte daran messen lassen müssen, ob sie für unsere demokratische Grundordnung dienlich sind und ihr entsprechen", sagte der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens.

Schuster sieht in AfD-Abschneiden "keinen Anlass zur Entwarnung"

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte, er sehe im Abschneiden der AfD bei der Europawahl "keinen Anlass zur Entwarnung". "Aber vielleicht sind die Resultate doch ein Signal dafür, dass ein Zenit überschritten wurde und ein Teil der Wähler erkannt hat, hinter wem sie da herlaufen, und sich diesmal anders entschieden hat", sagte Schuster dem Berliner "Tagesspiegel" (online).

Der Extremismusforscher Andreas Zick erklärte, das Wahlergebnis der AfD zeige, dass das Feindbild Migration weniger mobilisiere als in früheren Jahren. "Es wird vielen Menschen im Westen Deutschlands klarer, dass die Untergangsszenarien ausbleiben", sage der Bielefelder Wissenschafter dem Evangelischen Pressedienst (epd).

COMECE hofft auf neue Bündnisse

Zutiefst beunruhigt zeigte sich Charlotte Knobloch. "Wenn rechtsextreme Parteien selbst in europäischen Kernländern wie Frankreich und Italien zur stärksten politischen Kraft werden können, dann zeigt das, dass wir auf dem falschen Weg sind", erklärte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern.

Die Kommission der katholischen Bischofskonferenzen in Europa (COMECE) äußerte sich positiv über die hohe Wahlbeteiligung. Hoffentlich würden nun neue Bündnisse geschmiedet, damit den Bürgern Europas künftig stärker gedient werde, hieß es auf Twitter.

Die katholischen Laien zeigten sich optimistisch. Angesichts der gestiegenen Beteiligung und mit Blick darauf, dass die Rechtspopulisten in Deutschland ihr hohes Ergebnis der Bundestagswahl nicht wiederholen konnten, sei er zuversichtlich für Europa, sagte Stefan Vesper, Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, am Montag im Kölner Bistumssender Domradio.

Bei den am Sonntag zu Ende gegangenen Europawahlen hatten Rechtspopulisten und Rechtsextreme auf die gesamte EU gesehen zulegen können. Einer Hochrechnung des Parlaments zufolge käme allein die bisherige Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit auf 58 statt bisher 36 Sitze. Die Fraktion Europa der Freiheit und der direkten Demokratie, zu der bislang die AfD gehört, würde statt 42 nun 54 Mandate erhalten. Die Gewinne waren jedoch nicht so hoch, wie zwischenzeitlich von Beobachtern und Meinungsforschern erwartet. Wahlsieger auf EU-Ebene, allerdings mit starken Verlusten, sind die Christdemokraten.