Merz: Migrant:innen sind "unverzichtbar"

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) spricht vor Mikrofonen von Medienvertretern in Brüssel
Harry Nakos/AP/dpa
Bundeskanzler Friedrich Merz hat seine umstrittenen Äußerungen zum "Stadtbild" jetzt präzisiert.
"Stadtbild"- Kontroverse
Merz: Migrant:innen sind "unverzichtbar"
Wegen seiner "Stadtbild"-Äußerung steht Bundeskanzler Friedrich Merz seit Tagen in der Kritik. Nun hat er seine Aussage erläutert - und betont, dass es auch in Zukunft Einwanderung brauche.

Nach der teils scharfen Kritik an der "Stadtbild-Äußerung" hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) seine Aussage konkretisiert. Es brauche auch in Zukunft Einwanderung, sagte Merz bei einem Besuch in London: "Das gilt ebenso für Deutschland wie für alle Länder der Europäischen Union."

Bereits heute seien viele Menschen mit Migrationshintergrund "unverzichtbarer Bestandteil unseres Arbeitsmarktes", sagte der Kanzler und betonte: "Wir können auf sie gar nicht mehr verzichten, ganz gleich, woher sie kommen, welcher Hautfarbe sie sind und ob sie erst in erster oder schon in zweiter, dritter oder vierter Generation in Deutschland leben und arbeiten." "Die meisten von ihnen sind auch schon Staatsbürger unserer Länder", unterstrich Merz: "Das gilt auch für Deutschland."

Zugleich sagte Merz, Probleme machten diejenigen, "die keinen dauerhaften Aufenthaltsstatus haben, nicht arbeiten und sich auch nicht an unsere Regeln halten". Viele von ihnen bestimmten das öffentliche Bild in den Städten."Deshalb haben mittlerweile so viele Menschen in Deutschland und in anderen Ländern der Europäischen Union - das gilt nicht nur für Deutschland - einfach Angst, sich im öffentlichen Raum zu bewegen."

Der CDU-Politiker hatte vergangene Woche im Zusammenhang mit Migration von einem "Problem im Stadtbild" gesprochen und als Lösung auf Rückführungen "im großen Umfang" verwiesen. Die Aussage wurde sowohl in den sozialen Medien als auch von Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Wirtschaft als diskriminierend und teilweise als rassistisch kritisiert. Rückendeckung bekam Merz hingegen unter anderem vom bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU).

Sprachliche Muster der extremen Rechten

Auch die Sprachwissenschaftlerin Constanze Spieß kritisierte die "Stadtbild"-Äußerung von Merz scharf. "Mit der Äußerung macht sich Merz sprachliche Muster der extremen Rechten zu eigen", sagte die Sprecherin der Jury für das "Unwort des Jahres" dem Evangelischen Pressedienst. Merz stärke mit solchen Äußerungen die AfD, statt Wählerinnen und Wähler zurückzugewinnen.

Besonders problematisch sei, dass Merz Migration pauschal mit Rückführungen verknüpfe, kritisierte Spieß. Damit stelle er Migration in einen bestimmten Rahmen, nämlich als nicht rechtmäßig. "Das ist ein Muster, das Merz auch schon im Wahlkampf bedient hat, indem er oft Illegalität und Kriminalität verknüpft hat", sagte Spieß. Die "Stadtbild"-Äußerung reihe sich in eine ganze Serie problematischer Aussagen von Merz ein. So habe der Bundeskanzler 2023 von "kleinen Paschas" gesprochen oder behauptet, abgelehnte Asylbewerber würden deutschen Bürgern die Zahnarzttermine wegnehmen.

Ob der Begriff "Stadtbild" zum Unwort des Jahres werden könnte, ließ die Linguistin offen. Das Wort habe an sich viele positive Konnotationen und sei von Merz nicht bewusst umgedeutet worden. Es erfordere sehr viel Begründungsaufwand, einer breiten Bevölkerung klarzumachen, dass dies ein Unwort sei. "Wenn man Personen fragt, was sie als problematisch an Stadtbildern sehen, dann ist das in erster Linie, dass die Fahrradwege zu schmal sind oder zu viel Müll auf den Straßen liegt", sagte sie. Die Jury werde aber sicherlich über das Thema diskutieren.