Kirchenasyl

Kirchenasyl
Diana aus Uganda und Success aus Nigeria sind lesbische Flüchtlinge.
© Dr. Kerstin Söderblom
Diana aus Uganda und Success aus Nigeria sind lesbische Flüchtlinge.
Sie heißen Diana und Success. Seit einigen Wochen leben sie im Kirchenasyl in zwei  Berliner Kirchengemeinden. Dort habe ich sie getroffen und mit ihnen gesprochen.

Innerhalb der Berliner Kirchen fühlen sich Diana und Success sicher. Außerhalb riskieren sie verhaftet und in ihre Heimatländer zurückgeschickt zu werden. Diana kommt aus Uganda, Success aus Nigeria. Beide lieben Frauen. Beide sind aus ihren Heimatländern geflohen, weil sie es nicht länger ausgehalten haben.

Zuhause gilt es wahlweise als Sünde, Schande, Katastrophe oder als Verbrechen lesbisch oder schwul zu sein. Diana wurde aus der Schule geworfen, als sie mit ihrer damaligen Freundin erwischt worden war. Sie wurde bedroht und hat um ihr Leben gebangt. Selbst in ihrer christlichen Heimatgemeinde wandte man sich vor ihr ab. Sie sollte umkehren, von der Sünde ablassen. Sonst würde sie von Gott bestraft werden oder von einem Gericht. Denn in Uganda gelten homosexuelle Handlungen als kriminell und werden verfolgt. Diana entschied sich zu fliehen. Es gab keinen sicheren Ort mehr für sie in ihrer Heimat.

Auch für Success war klar, dass sie niemanden in ihrer Heimat sagen durfte, wer sie war und dass sie sich in Frauen verliebte. Sie würden sie verfolgen, ausgrenzen, mobben, oder schlimmeres mit ihr machen.

„Du wirst gejagt, gesteinigt oder verbrannt“, hat sie mir erklärt. 
„Da sagst du am besten gar nichts, oder du lebst nicht mehr lange.“ 

Sie hatte niemanden, dem sie vertrauen konnte. Also hat Success sich entschieden aus Nigeria zu fliehen.
Beide Frauen sind jahrelang unterwegs gewesen.Irgendwie haben sie es nach Europa geschafft. Wie? Darüber wollen sie nicht reden. Zu schmerzhaft sind die Ereignisse, die sie auf der Flucht erlebt haben.Die beiden Frauen sind nach endlosen Wegen und Umwegen,Rückschlägen und Gefahren und mit Hilfe von anderen schließlich in München angekommen. Dort haben sich die beiden auch kennengelernt.Ihre Asylanträge wurden jeweils abgelehnt.Die Behörden haben ihnen nicht geglaubt.

„Sie hätten sofort sagen müssen, dass sie lesbisch sind!“, hieß es.

Genau das haben aber beide unabhängig voneinander in ihrem ersten Asylantrag nicht getan. Zum einen war es für sie angst- und schambesetzt. Sie hatten keine Übung darin, über so intime Dinge mit anderen zu reden. Zuhause war es lebensgefährlich. Und woher sollten sie wissen, wie Beamte in Europa auf solche Informationen reagieren würden?

Zum anderen hatten sie Angst, dass andere Asylsuchende erfahren würden, dass sie lesbisch sind. Sie fürchteten Übergriffe in den Flüchtlingsunterkünften und sagten niemandem ein Wort. Erst als sie Kontakt zu Mitarbeiterinnen einer Münchner Lesbenberatungsstelle bekamen, fanden sie Verständnis und Unterstützung. Endlich wurden sie ernst genommen. Endlich wurde ihnen geglaubt. Aber was war jetzt zu tun, nachdem ihre Asylanträge abgelehnt worden waren? In Berufung gehen, juristische Unterstützung finden. Das braucht Zeit. Aufgrund von Kontakten wurde ihnen Kirchenasyl in Berlin ermöglicht.

In Berlin und an vielen anderen Orten gibt es Gemeinden und Gemeindekirchenräte, die sich für Geflüchtete einsetzen. Und es gibt einen Unterstützerinnenkreis Kirchenasyl.Mitglieder begleiten die Geflüchteten bei allen Alltagsfragen und kümmern sich unter anderen um die Rechtsberatung.

Dieses Jahr haben Diana und Success die Advents- und Weihnachtszeit in einer Kirche verbracht. Ein merkwürdiges Gefühl. Denn die beiden sind noch nicht angekommen. Genauso wenig, wie Josef und Maria angekommen waren, als Maria ihren Sohn in einer Krippe in Windeln auf die Welt brachte und sie dann vor den Soldaten des Herodes nach Ägypten fliehen mussten.

Diana und Success sind beide gläubige Christinnen. Aber ihre Erfahrungen mit Kirchen waren bisher negativ. Zu viel Fluch und Verdammnis haben sie bisher von Kirchenleuten gehört und erfahren.Eine Kirche, die gastfreundlich und sicher ist, ist neu für sie.

„Gott hat uns so gemacht, wie wir sind. Deshalb sind wir dankbar dafür, dass wir in einer Kirche wohnen dürfen und dass die Menschen uns hier glauben“, sagen beide.

Nun heißt es warten.Sie haben Berufung eingelegt und hoffen darauf, dass sie eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland erhalten werden. Gleichzeitig wurde eine Petition ins Leben gerufen, die sich dafür einsetzt, dass den beiden Asyl gewährt wird und dass Politiker und Politikerinnen den beiden zuhören und ihre prekäre Situation verstehen lernen. 

Was sie sich wünschen? 

„Wir wollen mit Aufenthaltsgenehmigung sicher und in Frieden leben. 
Ohne Angst vor Verfolgung und Gewalt.
Das wäre für uns das größte Geschenk.“

Link zur Petition
 

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