Synode beschließt: Nordkirche gründet Kommunikationswerk

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Die evangelische Nordkirche beschloss auf ihrer digitalen Synodentagung die Gründung eines Kommunikationswerks.
Synode beschließt: Nordkirche gründet Kommunikationswerk
Ideenschmiede der Kirche: Nach über 60 Jahren wird das AfÖ aufgelöst
Die evangelische Nordkirche hat auf ihrer digitalen Synodentagung die Gründung eines Kommunikationswerks beschlossen. Ab Sommer dieses Jahres werden dem zufolge das bisherige Amt für Öffentlichkeitsdienst (AfÖ) und die Stabsstelle Presse und Kommunikation zu dem neuen Werk unter dem Dach des Hauptbereichs Medien der Nordkirche zusammengeführt.
26.02.2021
epd
Klaus Merhof und Thomas Morell

Es gehe nicht nur darum, "gute Inhalte zu senden, sondern genau hinzuhören, wie Inhalte aufgenommen werden und was andere zu sagen haben", sagte Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt bei der Vorstellung des neuen Werks. Die Nordkirche reagiere damit auf die drastischen Veränderungen der Medienlandschaft und der Kommunikationsgewohnheiten ihrer Mitglieder. Die jüngere Generation entkoppele sich vom linearen Fernsehen und Radio, und quer durch alle Generationen etabliere sich der Modus "permanent online" und "permanent vernetzt", hieß es. Um ihre Mitglieder in Zukunft verlässlich anzusprechen, brauche es daher "ein breites digitales Engagement und ein vielfältiges Wirken in unterschiedlichsten Medienkanälen". Geleitet wird das neue Kommunikationswerk mit seinen rund 25 Mitarbeitenden vom Kommunikationsdirektor der Nordkirche, Michael Birgden (48).

Hinter dem spröden Namen "Amt für Öffentlichkeitsdienst" (AfÖ) steckt seit Jahrzehnten die kreative Ideenschmiede der evangelischen Kirche in Hamburg. Hier wurden Aktionen wie "Sieben Wochen ohne", der Kalender "Der Andere Advent" oder die "Perlen des Glaubens" erfunden. Der schleswig-holsteinische Radfernwanderweg "Mönchsweg" wurde hier entwickelt und zum Reformationsjubiläum 2017 das "Nordkirchenschiff" auf seine Reise in die norddeutschen Häfen geschickt. Jetzt geht diese Ära zu Ende: Die Landessynode der Nordkirche hat es so am Donnerstag beschlossen.

Die Wurzeln des AfÖ finden sich auf der Reeperbahn: Anfang der 1950er Jahre warben engagierte Christen begleitet von Posaunen und Trompeten hier für die christlich gebotene eheliche Treue. Aus diesen Anfängen der Kirchen-PR heraus wurde am 1. April 1958 das "Amt für Öffentlichkeitsdienst" der damals noch selbstständigen Hamburgischen Landeskirche gegründet. Erworben wurde dafür eine gediegene Villa im feinen Stadtteil Rotherbaum.

Gespräche mit Albers, Gründgens und Adenauer

Bis zu 450 Veranstaltungen fanden anfangs jährlich im AfÖ statt. Legendär wurden die "Theatergespräche" mit prominenten Gästen wie Hans Albers, Gustav Gründgens und Ida Ehre. Zu "Themen der Zeit" lassen sich Namen wie Konrad Adenauer, Max Brauer und Herbert Wehner in den Chroniken ebenso finden wie Rudolf Augstein, Henri Nannen, Helmut Thielicke und Heinrich Albertz.

Zugleich wurde der Dialog mit der Öffentlichkeit gesucht. Ein Fernsprech-Ansagedienst informierte regelmäßig über kirchliche Veranstaltungen, die Medienzentrale stellte Kurz- und Dokumentarfilme zur Verfügung, der christliche Plakatdienst eroberte die Werbeflächen der Hamburger U-Bahn. Postkarten, Broschüren und Taschenbücher erzielten eine Millionenauflage. Von 1968 an erschien fast 30 Jahre lang das kostenlose Magazin "Blickpunkt Kirche".

Nach Gründung der Nordelbischen Kirche 1977 wurde die Medien- und PR-Arbeit des AfÖ ausgebaut. 1983 entstand die bundesweit bis heute erfolgreiche Fastenaktion "Sieben Wochen ohne", 1995 folgte "Der Andere Advent", der später von dem Verein "Andere Zeiten" übernommen wurde. Der langjährige AfÖ-Pastor Hinrich Westphal etablierte in der Villa seine "Gemeinde für Journalisten": Bei gutem Essen und Wein knüpften schreibende und predigende Menschen Kontakte und führten Hintergrundgespräche.

Nach Villa-Verkauf verblasst Strahlkraft

Doch die Strahlkraft des AFÖ nahm ab, als die Villa verkauft werden musste. Das AfÖ zog 2005 in das Diakonie- und Kirchenzentrum Dorothee-Sölle-Haus in Hamburg-Altona. Bis heute konzipiert und begleitet das AfÖ Kampagnen und Projekte der Nordkirche. Damit der Reformationstag im Halloween-Hype nicht untergeht, wurden hier die "Luther-Bonbons" und die "Luther-Kekse" erfunden.

Im AfÖ wird auch der digitale Medienauftritt der Nordkirche gestaltet. Früher als andere Landeskirchen begriff die Crew im AfÖ die Bedeutung des Internets. Als anderen das Wort "Homepage" noch fremd war, sicherte sich das AfÖ die Internetadresse www.kirche.de: Bis heute wird man von hier auf den Online-Auftritt der Nordkirche geleitet.

Nach 63 Jahren ist nun Schluss. Mit der Gründung eines neuen Kommunikationswerks in der Nordkirche reagiere die Kirche auf die "epochalen Umbrüche" in der medialen Welt, begründet der Kommunikationsdirektor der Nordkirche, Michael Birgden, die Veränderungen. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit müsse künftig neue Wege gehen, denn "sie funktioniert nicht mehr in den klassischen Kommunikationsstrukturen".

Die Nordkirche muss kräftig sparen

Mit Gesamteinnahmen von 553 Millionen Euro muss die evangelische Nordkirche in diesem Jahr mit rund zehn Prozent weniger auskommen als 2020. Die digitale Landessynode beschloss am Freitag den Haushalt einstimmig bei einigen Enthaltungen. Die große Spardebatte fiel jedoch aus. Kirchenkreise, Gemeinden und überregionale Dienste haben jeweils eigene Haushalte, in denen gespart werden muss.

Im Vergleich zu anderen gesellschaftlichen Bereichen stehe die Nordkirche finanziell noch gut da, sagte Michael Rapp, Vorsitzender des Finanzausschusses. Die Pandemie habe zu erheblichen Einnahmeausfällen geführt. Aber auch die sinkende Mitgliederzahl bereite ihm "Kopfschmerzen". 2019 waren 28.000 Menschen ausgetreten. Unter Aufrechnung der Sterbefälle gegenüber den Taufen hat die Kirche 20.700 Mitglieder verloren.

Um den Etat auszugleichen, muss die Nordkirche 3,2 Millionen Euro aus den Rücklagen entnehmen. Dies betrifft aber lediglich die Kosten für Verwaltung und Leitung. 160 Millionen Euro werden abgezogen für die Versorgung der Pastoren und besondere gesamtkirchliche Aufgaben. 288 Millionen Euro gehen an die 13 Kirchenkreise und die knapp 1.000 Gemeinden, 48,5 Millionen Euro weniger als noch 2020. Freie Stellen sollen in der Regel ein halbes Jahr lang nicht besetzt werden. Ein Antrag, dies wieder aufzuheben, wurde mit großer Mehrheit abgelehnt.

Schleswiger Dom wird renoviert

Bis 2025 könnten die Einnahmen von 2019 nicht mehr erreicht werden, sagte Malte Schlünz, Finanzexperte der Kirchenleitung, bei der Präsentation des Haushalts. Die Mindereinnahmen dürften jedoch nicht dazu führen, "in Schockstarre" zu verfallen. Die Nordkirche hat inzwischen eine Koordinierungsgruppe gegründet, die Schwerpunkte für die zukünftige Tätigkeit der Kirche erarbeiten soll. Ein offener Beteiligungsprozess, so Schlünz, solle im Frühsommer beginnen.

14,7 Millionen Euro fließen in den Kirchlichen Entwicklungsdienst (KED). Er fördert unter anderem Projekte in den Partnerkirchen in Asien, Afrika und Lateinamerika. Zudem werden aus den KED-Mitteln die Corona-Nothilfen der Partnerorganisationen mitgetragen. 

Größere Bauprojekte der Nordkirche sind in diesem Jahr die Sanierung des Schleswiger Doms, die Neugestaltung der Ratzeburger Domhalbinsel und der Aufbau eines Kirchenarchivs in Greifswald.