Im #Twitterlehrerzimmer gibt’s alles, was das Herz der Fachlehrkräfte erfreut

Auf dem Smartphone twittern
© alexsl/iStockphoto/Getty Images
Person verschickt Nachrichten auf dem Smartphone. (Symbolbild)
Im #Twitterlehrerzimmer gibt’s alles, was das Herz der Fachlehrkräfte erfreut
Die Zeiten müssen vorbei sein, in denen Schülerinnen und Schüler den Lehrkräften erklären, wie "dieses Internet" funktioniert, fordert Manfred Spieß. Bis zu seinem Ruhestand 2015 hat er selbst an der Uni zukünftige Lehrende ausgebildet und war gleichzeitig als Religionslehrer an einer Bremer Schule. Im evangelisch.de-Interview erklärt er, wie er ans digitale Lehren und Lernen herangeht, was Vernetzung bringt und wieso das Digitale besonders für den Religionsunterricht Chancen bietet.

Herr Spieß, Sie waren jahrelang mit einer halben Stelle Religionslehrer an einer Schule und mit der anderen Hälfte als Lehrender für zukünftige Religionslehrkräfte an der Universität Bremen. Wie haben Sie die Entwicklung in der Ausbildung der Lehrkräfte hinsichtlich der digitalen Möglichkeiten erlebt?

Manfred Spieß: In den Anfangsjahren ging es erstmal um ganz grundlegende Fragen: Wo gibt es passende Links? Wo gibt es interessante Webseiten? Und das wird, glaube ich, auch ein Bereich sein, der immer wieder gefragt ist. Es gibt immer Bedarf, auf gute Kanäle hinzuweisen, die mir verlässliche Informationen bieten – etwa über die Religionen der Welt oder auch wo Kinder und Kinderfragen zu den  Religionen der Welt artikuliert werden. Dazu gehört zum Beispiel die Website religionen-entdecken.de. Das ist einfach eine ganz tolle Seite, die genutzt werden kann.

Manfred Spieß
Manfred Spieß

Manfred Spieß ist Religionspädagogen, schreibt einen Blog über Buchempfehlungen aus dem religiösen Spektrum und twittert unter @matjes49.

Sie haben in der Vergangenheit die These aufgestellt, dass das Internet das Reli-Buch der Zukunft sei. Wie meinen Sie das?

Spieß: Ein traditionelles Religionsbuch wird heutzutage überwiegend selektiv benutzt. Die wenigsten Lehrkräfte arbeiten ein Buch von vorne bis hinten durch: Diese Zeiten sind vorbei. Die meisten Lehrkräfte gehen stattdessen selektiv damit um und bauen sich ihre Materialien für ihre Gruppe zurecht. Und in der heutigen Zeit muss man sich bei dieser Suche der digitalen Medien bedienen. Das gilt vor allem für die Bereiche der Weltreligionen und des interreligiösen Lernens, die in den Schulen immer wichtiger werden. Da sind unsere traditionellen Schulbücher noch sehr ergänzungsbedürftig, um es mal vorsichtig auszudrücken. Da kann man noch wesentlich mehr tun. Da gibt es ein Defizit und dieses Defizit versuche ich dann über die digitalen Medien auszugleichen.

Sollten Religionslehrerinnen und –lehrer demnächst also ihre Informationen nur noch aus dem Internet beziehen?

Spieß: Es geht darum, dass man die Breite der Informationsmöglichkeiten, die wir inzwischen zur Verfügung haben, zu nutzen lernt. Dass man die analogen Mittel, nämlich die Bücher, die Texte und die Begegnungen mit Menschen gründlich nutzt, um sich auch über die Themen der Religion kundig zu machen, ist für mich selbstverständlich. Aber man sollte halt die Möglichkeiten, die das Internet bietet, genauso nutzten, um sich breiter zu informieren. Ich erfahre das als wirklich großen Reichtum. Mein Angebot für die Schülerinnen und Schüler ist aktueller als früher, als ich mehr auf die Welt der Zeitungen und der Bücher angewiesen war. Heute nutze ich auch die Breite der Möglichkeiten des Internets. Das bereichert. Und diese Vielfalt gehört heute einfach in den Unterricht rein. Das Internet bietet noch den großen Vorteil, dass man sich mit Gleichgesinnten vernetzen kann.

Manfred Spieß antwortet auf die Frage: In welchen Bereichen des Religionsunterrichts kommt einem das vielfältige Angebot des Internets besonders zugute?

Wie viel Vorwissen sollten Lehrkräfte mitbringen, die sich dafür interessieren, ihren Unterricht digitaler zu gestalten?

Spieß: Viel Vorwissen braucht man nicht. Meine Erfahrung ist die – ich bin ja nun auch schon ein paar Tage älter - dass man sich Schritt für Schritt vorarbeiten sollte und trotzdem immer wieder Fortschritte erreichen kann. Die Zeiten müssen einfach vorbei sein, in denen Lehrkräfte Schülerinnen und Schüler fragen, wie man denn "dieses Internet" bedient oder sich da zurechtfindet. Also das müssen Lehrkräfte unserer Zeit als Kompetenz unbedingt schon mitbringen und ständig weiterentwickeln.

Welche Seiten würden Sie denn empfehlen?

Spieß: Als erstes würde ich rpi-virtuell empfehlen. Das bietet einen sehr, sehr großen Materialpool mit Einträgen zu vielen Links und Portalen, die religiöse Themen besprechen. Der Vorteil, wenn man bei rpi-virtuell im Materialpool sucht, besteht darin, ich kein Stichwort bei Google eingeben muss und am Ende in Millionen von Einträgen versinke. Ganz im Gegenteil, ich bin bereits in einem gut ausgewähltem und profiliertem Materialangebot, in dem ich schnell für meine Gruppe das richtige Material finde. Rpi-virtuell bietet auch regelmäßig Tagungen wie zum Beispiel das Relicamp an. Das sind wichtige Gelegenheiten, bei denen sich die Leute, die in dem Bereich aktiv sind, dann persönlich austauschen. Das alles setzt aber natürlich voraus, dass sich die Lehrkräfte regelmäßig über diese Dinge informieren und am Ball bleiben. So wie der normale Mensch als Zeitungsleser auch am Ball bleiben muss, um sich über die täglichen Dinge zu informieren, so muss sich auch die Lehrkraft der Zukunft im digitalen Bereich aktuell halten.

Auf welchen anderen Seiten werden interessierte Nutzer noch fündig?

Spieß: Es gibt noch einen ganz heißen Tipp: Eines der ältesten und auch der am breitesten aufgestellten Portale im Internet ist das ZUM (Zentrale für Unterrichtsmedien im Internet). Dort gibt es für alle Schulfächer und auch für übergreifende pädagogische Angelegenheiten ganz viele Hinweise, Tipps und Möglichkeiten zusammenzuarbeiten. Denn das ist für mich ein sehr wichtiger Aspekt: rpi-virtuell, ZUM und andere sind nicht nur ‚Kisten‘, in denen ich Material finden kann, sondern sie sind für mich Kontaktebenen, auf denen ich mit Menschen, die ähnliche Interessen und Fragen haben wie ich, zusammenkommen und mit denen ich auch etwas zusammen entwickeln kann. Und da wird die Sache erst richtig spannend.

Welche Möglichkeiten der Vernetzung würden Sie den Religionslehrerinnen und –lehrern denn besonders ans Herz legen?

Spieß: Twitter ist immer mehr im Kommen, aber im Augenblick unter Lehrkräften noch relativ unbekannt. Dabei ist es ein hervorragendes Kommunikations- und Informationsmedium. Wenn Lehrkräfte sich darüber vernetzen, dann können sie ganz schnell zu positiven Erkenntnissen kommen. Es gibt beispielsweise einen wunderbar belegten Hashtag bei Twitter, der heißt #Twitterlehrerzimmer. Gibt man den ein, kommt man sofort auf das, was das Herz aller Fachlehrkräfte erfreut. Dort kann man Kontakt mit Leuten aufnehmen, die einem mit Rat und Tat zur Seite stehen. Ich habe das als eine sehr konstruktive Zusammenarbeit von Lehrkräften empfunden. Nicht umsonst heißt das: Twitterlehrerzimmer. Und die meisten fühlen sich da sehr wohl.