Comeback des Jahres - Altpapier IV/ 2012

Comeback des Jahres - Altpapier IV/ 2012

Emotionale Bambi-Verleihung, attraktive App-Ideen, das topaktuelle Thema Leistungsschutzrechts-Betrug im "Tatort", hohe Ehre für Karl Theodor zu Guttenberg und was am Ende wirklich zählt: der letzte Teil der großen und legendären Altpapier-Vorschau auf 2012.

Von Christian Bartels, Matthias Dell, René Martens und Klaus Raab

Oktober
+++ Neuer, kniffliger Fall für das NDR-"Tatort"-Aushängeschild Maria Furtwängler. Die Dreharbeiten für die Folge "Lohn der Leistung" beginnen im mondänen niedersächsischen Bad Harzburg vor dem Hintergrund des zeitgleich tatsächlich dort stattfindenden Kongresses des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger: "Während der gespannt erwarteten Eröffnungsansprache des VDZ-Präsidenten Hubert Burda (Hubert Burda) bleibt ein Platz in der ersten Reihe leer. Kurz darauf wird ein erfolgreicher Jungverleger ermordet in seinem Hotelzimmer aufgefunden. Im Umfeld der glamourösen Publisher's Night, moderiert von RBB-Moderator Jörg Thadeusz, kommt die verdeckt ermittelnde Hauptkommissarin Charlotte Lindholm (Furtwängler) einem großangelegtem Leistungsschutzrecht-Betrug auf die Spur...". Unser Foto zeigt die beliebte Mimin im Zweiteiler "Die Flucht". +++

+++ Zum 64. Jahrestag der legendären Power-Schicht im Karl-Liebknecht-Schacht am 13. Oktober 1948, bei der Adolf Hennecke die Arbeitsnorm um 387 Prozent übererfüllte, legt der MDR die 20-teilige-Sendereihe "Damals auf der Straße der Besten - Unsere liebsten Aktivisten der ersten Stunde" auf. Wolf Biermann kritisiert in den Informationen am Morgen des DLF: "Und dann kam der Adolf, so einen hatten wir doch schon mal, Sie wissen, wen ich meine, den Adolf Nazi, den braunen, und dann kam der rote, und vielleicht - aber das sage ich nur Ihnen, deswegen hören es ja alle Hörer - wäre ich auch gern Aktivist der ersten Stunde geworden und hätte die große Norm in Hochform überfüllt oder auch nicht." +++ In der Welt schreibt Jochen Staadt vom Forschungsverbund SED-Staat: "Es gibt Hinweise, dass Adolf Hennecke bereits im April 1942 eine Verpflichtungserklärung beim Ministerium für Staatssicherheit unterschrieben hat, Deckname IM 'Abräumer'". +++

+++ Die Süddeutsche Zeitung bringt eine Replik des CDU-Medienpolitikers Johannes Beermann auf Martin Stadelmaier und Marc Jan Eumann. Man dürfe auch die privaten Telemedien nicht vergessen, zum Beispiel RTL, argumentiert der Chef der sächsischen Staatskanzlei. Außerdem möchte er das Stichwort "Medienkompetenz" in die Debatte einführen. SZ-Wirtschafts-Ressortchef Hans-Jürgen Jakobs engagiert sich mit 114 Thesen ("Medienseiten müssen sich auf ihr Kerngeschäft besinnen") für die IG MeDe-Debatte (vgl. September). +++

+++ Ulf Poschardt gibt das Amt des CDU-Generalsekretärs auf und geht zurück zur Welt am Sonntag. "Dr. Döpfner hat mir ein Angebot gemacht, das ich nicht ablehnen konnte“, sagte Poschardt, der auch während seiner Zeit im politischen Betrieb nie einen Zweifel daran gelassen hat, dass er mit Leibe und Seele Journalist ist. Der Rückkehrer übernimmt seine alte Stelle. Thomas Knüwer, der Poschardt im Frühjahr als stellvertretender Chefredakteur nachgefolgt war, wechselt auf den seit März vakanten Posten des Springer-Außenministers. +++


November

+++ Das Rennen als Veranstaltungsort der Bambi-Gala hat das mondäne niedersächsische Bückeburg (Foto) gemacht. Den traditionsreichen Journalismus-Bambi nimmt Chefredakteur Georg Mascolo stellvertretend für die Redaktion des Spiegel entgegen. Der neugeschaffene Bambi für Nachhaltigkeit geht an Konstantin Neven DuMont (evidero.de). Berührender Höhepunkt des Abends: Rapper Bushido bleibt nach dem Performen seines aktuellen Hits länger als vorgesehen auf der Bühne, um schließlich den sichtlich irritierten Moderator Thomas Gottschalk mit dem Bambi fürs Comeback des Jahres zu überraschen. +++

+++ Drehschluss für Maria Furtwänglers neuen "Tatort". "Die Spuren im kniffligen Leistungsschutzrechtbetrug-Fall führen Kommissarin Lindholm hinter die Kulissen einer glanzvollen Mediengala. Was hat der Deutschlandchef eines amerikanischen Suchmaschinenkonzerns (Christoph Maria Herbst) zu verbergen, und welche Rolle spielt der "A-Blogger" (Bastian Pastewka), der beteuert, lediglich die Moderationstexte zuzuliefern?", lässt David Denks Drehbericht in der TAZ den Leser gespannt zurück. +++

+++ Die Süddeutsche Zeitung hat eine Golf-, eine Wein- und eine SZ-Books-App entwickelt. Mit letzterer kann man nun schon gegen geringe Gebühr online von Feuilletonredakteuren empfohlene Bücher einkaufen. Die ersten beiden liefern redaktionelle Artikel und Verbraucherinformationen über Golf-Markenartikel und ausgewählte Weine direkt aufs Tablet. Printabonnenten erhalten beide Apps gratis. WamS-Vizechefredakteur Poschardt zeigt sich in seinem neuen und übrigens rein privaten "Schwarzblog des Kommunismus" erbost: Man dürfe nicht den Geburtsfehler des Internets wiederholen und Qualitätswerbeinhalte verschenken. +++

+++ Die erste "Wetten, dass..?"-Sendung nach der Ära Gottschalk findet statt. Qualität gehe hier nachweislich vor Quote, sagt der ZDF-Intendant Thomas Bellut direkt nach der Sendung, deren Konzept zuvor streng geheim gehalten worden war. Zu den Neuerungen zählt, dass weniger Prominente auf-, dafür in der ersten Stunde der Show die Wettkandidaten gegeneinander antreten; der Sieger spielt dann 20 Runden gegen einen von Sendung zu Sendung wechselnden Fernsehstar. In der ersten Sendung unterliegt Karl aus Leipzig Wolfgang Lippert zwar beim Die-Showtreppe-Runterspringen in der B-Note, hält beim Luftgitarrespielen mit und schlägt den Ex-Showmaster beim abschließenden Buntstiftlecken aber deutlich. +++

+++ Die IG MeDe schlägt immer höhere Wellen. Der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber schaltet sich in die Debatte ein und fordert, ProSieben müsse flächendeckend auf die Sieben. Kurz darauf wird er in seiner Funktion als Vorsitzender des Beirats der ProSiebenSat.1 Media AG abgelöst. "Dr. Stoiber sucht neue Herausforderungen", heißt es aus Unterföhring, "er bleibt unserem Hause aber als Berater verbunden".


Dezember

[listbox:title=Altpapier-Vorschau 2012[Januar bis März##April bis Juni##Juli bis September]]

+++ In einer ungewöhnlich scharf formulierten, gemeinsamen Erklärung pochen ZDF-Intendant Thomas Bellut und der Vorsitzende des ZDF-Fernsehrates, Ruprecht Polenz, auf die Anerkennung der Leistungen des Zweiten beim "so genannten Degeto-Filmschatz". Allein mit weit über 1.500 Rosamunde Pilcher-Verfilmungen und zahllosen weiteren Sonntagsfilmen habe das ZDF "mindestens in dem Ausmaß wie die ARD-Degeto" zur originär deutschen, weltweit geachteten Kunstform des eskapistischen Hochglanz-Entertainments beigetragen. Die von "Teilen der so genannten Qualitätspresse" geschürte öffentliche Wahrnehmung, nur die ARD habe sich für Christine-Neubauer-Filme ins Zeug gelegt, während das ZDF mit seinem "Kleinen Fernsehspiel" Experimente unter Ausschluss der Öffentlichkeit angestellt habe, sei "grundfalsch!", so Bellut genervt. Er erinnerte an Neubauer-Filme wie "Lügen haben linke Hände" und "Das Moppel-Ich", die das Publikum dem ZDF verdanke. Bellut und Polenz fordern ultimativ die Einschließung des ZDF in den Weltkulturerbe-Antrag (vgl. September). +++

+++ Die Jury des renommierten Bert-Donnepp-Preises spricht Karl Theodor zu Guttenberg, dem Berater der EU-Kommission zur Internetfreiheit, eine Besondere Ehrung zu. Unter anderem wird sein bahnbrechender Beitrag zum Durchbruch der grundsätzlichen Partizipativität zur Begründung angeführt. +++

+++ Google Deutschland zieht eine Bilanz der Reaktionen auf "Google Cheese!". Nur knapp vier Millionen Deutsche, noch nicht einmal fünf Prozent der Bevölkerung, haben sich blurren lassen. "Blurless statt Blurmany" jubelt Pressechef Stefan "Frischkopp" Keuchel auf Twitter, "Deutschland ist angekommen in der digitalen Welt!". +++

+++ Eine hochkarätig besetzte medienpolitische Veranstaltung in Berlin bildet den krönenden Abschluss des Mediendebatten-Jahres. Martin Stadelmaier, Chef der in Medienfragen federführenden rheinland-pfälzischen Staatskanzlei, betont in seiner Keynote die Wichtigkeit von Medienkompetenz. Kollege Johannes Beermann aus Sachsen sieht in seiner Response Politik und Gesellschaft gleichermaßen in der Pflicht und regt Diskussionen über die Einführung des Schulfachs Medienkompetenz an. In der anschließenden Podiumsdiskussion bringt Claudius Seidl (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung) auf den Punkt: "Was am Ende des ewigen Gequatsches zählt, ist Sex mit Madonna". +++

 

Was genau dann wann wie tatsächlich geschehen wird, steht ab dem 2. Januar 2012 wieder in gewohnter Form an dieser Stelle.

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