Ein Plädoyer für gemeinsames Trauern

Sprechblasen auf grauem Hintergrund
evangelisch.de
Zum Magdeburger Weihnachtsmarkt
Ein Plädoyer für gemeinsames Trauern
Wenn ein Unglück im öffentlichen Raum passiert, dann erinnert es uns daran, wie nah Leben und Tod beieinander liegen. Die Amokfahrt auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt ist so ein Beispiel. Wie kann es gelingen, die Trauer in den Alltag zu integrieren? Das fragt sich evangelisch.de-Redakteurin Sarah Neder und schaut in ihre Wahlheimat Großbritannien.

Zum ersten Mal jährt sich am 20. Dezember die furchtbare Amokfahrt auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt. Ein Verbrechen, das uns noch immer erschüttert. Eine Tat, so sinnlos und verheerend, bei der Menschen ihr Leben verloren haben oder schwer verletzt wurden. Die Tat zieht zudem weitere Kreise. Das Echo der Gewalt schürt Angst. Verunsichert. Nimmt die Vorfreude aufs Weihnachtsfest weg, das Unbeschwertsein wie in Kindertagen. 

Nun ist wieder Weihnachtsmarkt. Auch in Magdeburg. Ich finde es gut, dass die Stadt Magdeburg "Ja" gesagt hat zu dieser Veranstaltung. Sie zeigt damit: Nicht mit uns. Wir trotzen der Angst und machen das Beste draus. Dabei sollen die Opfer natürlich nicht vergessen werden. Deshalb bleibt der Markt am Jahrestag des Anschlags komplett zu. Und in mir regt sich die leise Frage: Geht das nicht auch anders? 

Vielleicht liegt das an meiner eigenen Perspektive: Ich lebe seit acht Jahren in Großbritannien und habe dort erlebt, wie anders Städte auf solche Erschütterungen reagieren.

Nach Anschlägen, wie etwa der auf die Manchester Arena im Sommer 2017, rückten die Menschen hier bewusst zusammen. Die Stadt blieb nicht still, sondern füllte sich mit Kerzen, Musik und Gesang. Man trauerte gemeinsam, mitten im Leben, nicht abseits davon. Und genau dieses Miteinander, dieses gemeinsame Aushalten, habe ich immer als befreiend und zutiefst verbindend empfunden. Der öffentliche Raum wurde nicht gemieden, sondern zu einem Ort, an dem Gemeinschaft spürbar wurde und die Menschen sich gegenseitig Halt gaben.

Vielleicht liegt darin ein Gedanke, den wir uns auch hier erlauben dürfen: dass Trauer und Unbeschwertheit kein Widerspruch sind. Dass man den Opfern gedenken kann, ohne das Leben auszuklammern. Dass ein Weihnachtsmarkt gerade durch sein Licht und seine Wärme zeigen kann, dass Dunkelheit nicht gewinnt.