Islamistischer Terrorismus, Bandenkriminalität, ethnische Konflikte – Nigeria kennen viele Menschen im Globalen Norden vor allem durch negativ geprägte, stereotype Bilder in den Medien. Doch Nigeria ist sehr viel mehr als das. Mit Blick auf den Weltgebetstag 2026, der Nigeria in den Mittelpunkt rückt, kommen im Blog von mission.de regelmäßig Stimmen aus dem Land selbst zu Wort. Chisom Ruth Chukwumerije berichtet von den enormen Herausforderungen, denen viele Menschen – insbesondere Frauen und Mädchen – tagtäglich begegnen. Und sie berichtet von einer Kraft, die für viele inmitten aller Widrigkeiten zur Lebensader wird: der Glaube.
Was bedeutet Mission heute? Das ist nicht leicht zu beantworten. Doch mission.de will genau das. Hier kommen Menschen zu Wort, die weltweit in Mission und Ökumene vernetzt und zuhause sind und etwas zu sagen haben. Ein Blog gibt Raum für pointierte Meinungen, aktuelle Themen und Beiträge zu laufenden Diskursen. mission.de ist eine Initiative evangelischer Missionswerke, Verbände und Kirchen unter dem Dach der Evangelischen Mission Weltweit (EMW).
In ganz Nigeria leben unzählige Frauen im Schatten der Ausgrenzung – geprägt von religiösen, soziokulturellen und politischen Systemen, die ihnen oft ihre Stimme, Gleichberechtigung und Sichtbarkeit verweigern. Doch selbst unter diesen schwierigen Umständen erheben sich nigerianische Frauen immer wieder – unerschütterlich im Geist, fest verankert im Glauben und unermüdlich in ihrem Streben nach Würde.
Von frühester Kindheit an sind viele nigerianische Mädchen allein aufgrund ihres Geschlechts mit Hindernissen konfrontiert. In einigen Teilen des Landes, insbesondere im Norden, werden Mädchen aus der Schule genommen, um früh verheiratet zu werden, oder zu häuslichen Tätigkeiten gezwungen. In anderen Teilen verweigern kulturelle Traditionen ihnen das Recht, Eigentum zu erben oder bei Familienentscheidungen mitzureden.
Die Last der Ausgrenzung
Religiöse Interpretationen – oft patriarchalisch geprägt – haben ebenfalls dazu beigetragen, die Rolle der Frauen in Kirche, Moschee und Gemeinschaft einzuschränken. Politisch sind Frauen nach wie vor stark unterrepräsentiert: Weniger als zehn Prozent bekleiden in ganz Nigeria ein gewähltes Amt.
Diese Ausgrenzung hat schwerwiegende Folgen: Bildungslücken, wirtschaftliche Entmündigung, Gesundheitskrisen und eine erschreckend hohe Rate geschlechtsspezifischer Gewalt. Und doch geben die nigerianischen Frauen trotz dieser Ungerechtigkeiten die Hoffnung nicht auf, beten, organisieren sich und kämpfen ums Überleben.
Glaube als Lebensader
Was hat viele nigerianische Frauen angesichts solcher Widrigkeiten am Leben gehalten? Der Glaube.
Glaubensgemeinschaften – insbesondere christliche Frauengemeinschaften und muslimische Frauenorganisationen – sind seit langem Orte des Trostes, der Heilung und der Kraft. Frauen wenden sich dem Gebet, der Heiligen Schrift und dem Lobpreis als Quellen der Erneuerung zu. Die Psalmen werden zu Klageliedern und Schlachtrufen. Die Geschichte von Esther wird zur Inspiration. Der Mut von Deborah, einer Richterin und Prophetin, lebt weiter im Aktivismus von Marktfrauen, Lehrerinnen und Basisaktivistinnen.
Viele nigerianische Frauen haben neu definiert, was es bedeutet, zu führen – nicht aus öffentlichen Ämtern heraus, sondern von Gebetsaltären, aus Suppenküchen und lokalen Versammlungen. Sie haben in Zeiten des Konflikts Gebetsketten ins Leben gerufen, Hilfsmaßnahmen in Krisenzeiten organisiert und Witwen, Waisen und Überlebenden von Missbrauch Zuflucht gewährt.
Revolutionäre Taten des Glaubens und der Liebe
Das sind keine kleinen Taten. Das sind revolutionäre Taten des Glaubens und der Liebe. Wo Systeme versagt haben, ist oft die Gemeinschaft eingesprungen. In Kirchen, Moscheen, Kooperativen und informellen Netzwerken helfen sich nigerianische Frauen gegenseitig. Sie teilen Essen, bieten finanzielle Unterstützung, ziehen gemeinsam Kinder groß und schaffen Räume, in denen Geschichten erzählt und Tränen getrocknet werden können.
In ländlichen Dörfern und geschäftigen Städten erheben Frauen ihre Stimme – sie fordern Bildung für ihre Töchter, Gesundheitsversorgung für ihre Gemeinden und Gerechtigkeit für die Leidenden. Auch wenn sie nicht immer politische Macht haben, verfügen sie doch über spirituelle Autorität, die auf Ausdauer, Gebet und prophetischer Vision beruht.
Ein Aufruf zum Gebet und zum Handeln
Am kommenden Weltgebetstag wollen wir nicht nur nachdenken, sondern auch handeln. Lasst uns beten:
• für die Mädchen, denen eine Ausbildung verwehrt wird.
• für die Mutter, die durch kulturelle Normen zum Schweigen gebracht wird.
• für die Witwen, denen ihre Rechte genommen wurden.
• für die Überlebenden von Gewalt, die Heilung suchen.
• für die Frauen, die aus den Randbereichen heraus führen und nach Gerechtigkeit rufen.
Aber lasst uns über das Beten hinausgehen. Lasst uns von Herzen zum Handeln bewegt werden. Lasst unsere Kirchen und Gemeinden zu Orten der Fürsprache, der Inklusion und der Stärkung werden. Lasst uns die Systeme – sowohl religiöse als auch gesellschaftliche – hinterfragen, die Ungleichheit aufrechterhalten. Am wichtigsten ist es, dass wir den nigerianischen Frauen zuhören – nicht als Opfer, sondern als Mitstreiterinnen im Glauben, deren Widerstandskraft ein Zeugnis für Gott ist, der "die Niedrigen erhöht und die Hungrigen mit guten Gaben erfüllt" (Lukas 1,52–53).
Trotz Rückschlägen weiter geglaubt
Trotz Ausgrenzung, trotz Schmerzen haben die nigerianischen Frauen nicht aufgegeben. Sie haben in ihrem Leid gebetet, trotz Rückschlägen weiter geglaubt und aus ihrer Zerbrochenheit heraus etwas aufgebaut. Gott hat sie nicht vergessen – und wir dürfen sie nicht vergessen. Möge der Weltgebetstag 2026 nicht nur ein Moment der Solidarität sein, sondern eine Bewegung des Gebets für Veränderung, verwurzelt in Liebe, Gerechtigkeit und der unerschütterlichen Hoffnung, dass in Christus niemand zurückgelassen wird.
evangelisch.de dankt der Evangelischen Mission Weltweit und mission.de für die inhaltliche Kooperation.