In der SPD organisiert sich Widerstand gegen die geplante Reform des Bürgergelds: Eine Gruppe von Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sammelt Unterschriften für ein Mitgliederbegehren.
Am Dienstagvormittag verzeichnete der Aufruf mehrere hundert Unterstützerinnen und Unterstützer. Zu den Erstunterzeichnern zählen unter anderem Juso-Chef Philipp Türmer und weitere Mitglieder des Juso-Bundesvorstands, der Vorsitzende der AG Migration und Vielfalt in der SPD, Aziz Bozkurt, und die Europaabgeordnete Maria Noichl. Zuerst hatte der "Spiegel" darüber berichtet.
In dem Text des Mitgliederbegehrens werden drei Forderungen genannt, für die sich die Parteiführung, die Bundestagsfraktion und die SPD-Regierungsmitglieder einsetzen sollen. Zum einen soll von einer Verschärfung der Sanktionen im Bürgergeld abgesehen werden. "Wer auf Unterstützung angewiesen ist, darf nicht in Existenzangst gedrängt werden", heißt es zur Begründung. "Sanktionen, die das Existenzminimum gefährden, widersprechen der Menschenwürde."
Der zweite Punkt ist die Forderung, das Bürgergeld "als existenzsichernde Leistung weiterzuentwickeln durch bessere Unterstützung, Qualifizierung, Coaching und psychosoziale Hilfe". Schließlich verlangen die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner ganz grundsätzlich, soziale Ungleichheit abzubauen und sich "neoliberalen und rechtspopulistischen Forderungen" entgegenzustellen.
"Die SPD darf keine Politik mittragen, die Armut bestraft", heißt es in dem Aufruf weiter. Die Internetseite führt 167 Erstunterzeichnerinnen und -unterzeichner auf, darunter mehrere Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses. Aktuelle Bundestagsabgeordnete sind hingegen nicht dabei.
Um ein Mitgliederbegehren formal einzuleiten, ist laut der internen Parteiregeln die Unterstützung von mindestens einem Prozent der SPD-Mitglieder nötig. Die Partei hatte Ende 2024 rund 357.000 Mitglieder - ein Prozent wären also rund 3.570 Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die sich zudem auf mehrere Bundesländer verteilen müssen. Wenn die formalen Voraussetzungen erfüllt sind, wird eine Online-Befragung gestartet. Dokumentieren dort binnen drei Monaten mindestens 20 Prozent der SPD-Mitglieder ihre Zustimmung, muss der Parteivorstand entweder die Forderungen umsetzen oder einen Mitgliederentscheid darüber ansetzen.
Über den Umbau des Bürgergelds zur künftigen Grundsicherung hatte die schwarz-rote Koalition lange gerungen. Mitte Oktober legte das von SPD-Chefin Bärbel Bas geführte Bundesarbeitsministerium Details vor, bis zum Jahresende soll der Gesetzentwurf das Kabinett passieren. Geplant sind unter anderem deutlich strengere Regeln für Menschen, die Grundsicherung bekommen. So soll es anders als heute möglich sein, alle Leistungen inklusive der Mietzahlungen zu streichen, wenn Termine im Jobcenter wiederholt nicht wahrgenommen werden.



