Nigeria bietet mehr

Afrikanische Frauen in ihrem Laden in Benin City
epd-bild/Thomas Lohnes
Patience Eguavoen mit ihrer Mutter vor einem kleinen Laden in Benin City. Die nigerianische Frau ist nach einem Fluchtversuch nach Europa in ihr Heimatland zurückgekehrt und engagiert sich bei "Greater Returnees".
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Nigeria bietet mehr
Islamistischer Terrorismus, Bandenkriminalität, ethnische Konflikte – Nigeria kennen viele Menschen im Globalen Norden nur durch negativ geprägte, stereotype Narrative in den Medien. Doch Nigeria ist sehr viel mehr als das. Auflaufend zum Weltgebetstag 2026, dessen Fokus Nigeria ist, kommen in unserem Blog regelmäßig Stimmen aus Nigeria zu Wort. Safiya Byo berichtet von den enormen Herausforderungen, vor denen die Menschen und insbesondere Frauen und Mädchen stehen, aber sie berichtet auch von beeindruckender Resilienz und von der Sache, die ihr und vielen anderen im Land große Kraft gibt.

Nigeria ist ein wunderschönes Land im Westen Afrikas, reich gesegnet mit Menschen und natürlichen Ressourcen. Es ist eines der kulturell vielfältigsten Länder der Welt und Heimat von über 200 Millionen Menschen und mehr als 300 ethnischen Gruppen, von denen jede ihre eigene Sprache, Traditionen und Lebensweise hat.

Englisch ist die Amtssprache, doch indigene Sprachen wie Hausa, Igbo, Yoruba und unzählige andere sind täglich auf Märkten, in Schulen, Gotteshäusern und bei Familienfeiern zu hören. Nigerias reiches kulturelles Mosaik ist eine Quelle des Stolzes und der Widerstandsfähigkeit für seine Bevölkerung, die Kraft aus ihrem Erbe und ihren Gemeinschaftsbindungen schöpft. 

Auch religiös ist Nigeria sehr vielfältig, mit einer großen christlichen und muslimischen Bevölkerung sowie vielen Anhänger:innen traditioneller afrikanischer Religionen. Diese Vielfalt spiegelt sich in allen Bereichen des täglichen Lebens wider – von den fröhlichen Weihnachtsfeierlichkeiten und den muslimischen Feierlichkeiten nach dem Fastenmonat Ramadan bis hin zu anderen kulturellen Festen.

Die nigerianische Küche ist ebenso vielfältig und lebendig, wobei jede Region ihre eigenen einzigartigen Aromen, Rezepte und Kochstile bietet. Von würzigem Jollof-Reis und Suya bis hin zu zerstoßenen Yamswurzeln und Egusi-Suppe – das Essen ist nach wie vor ein starkes Symbol für Familie, Kultur und Gastfreundschaft.

Nigerias globaler Beitrag ist bemerkenswert und weitreichend. Das Land hat Nobelpreisträger:innen wie Wole Soyinka, literarische Größen wie Chimamanda Ngozi Adichie, Musiker:innen wie Fela Kuti und Tiwa Savage sowie weltweite Sportstars hervorgebracht, deren Siege Millionen Menschen inspirieren.

Nigerianische Filme und Musik sind zu starken kulturellen Exportgütern geworden, wobei Nollywood mittlerweile eine der größten Filmindustrien der Welt ist. Nigerianer:innen sind bekannt für ihre unübertroffene Resilienz, Innovationskraft, Freundlichkeit und ihren ausgeprägten Gemeinschaftssinn – Eigenschaften, die trotz gewaltiger Herausforderungen weiterhin strahlen.

Die Lasten, die wir tragen

Doch neben diesen inspirierenden Errungenschaften steht Nigeria vor tiefgreifenden Herausforderungen. Viele Bürger:innen leben unter schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen, die durch hohe Arbeitslosigkeit, Inflation, Unsicherheit, schlechte Infrastruktur und weit verbreitete Korruption geprägt sind.

Diese Belastungen führen zu sozialen Unruhen und machen viele Jugendliche anfällig für Kriminalität oder verzweifelte Überlebensstrategien. Anhaltende soziale Ungerechtigkeiten vertiefen die Kluft zwischen Arm und Reich, Stadt und Land, Mehrheit und Minderheit weiter. Grundlegende Dienstleistungen wie eine qualitativ hochwertige Bildung und eine bezahlbare Gesundheitsversorgung bleiben für zu viele Menschen unerreichbar.

Frauen und Mädchen, insbesondere in den nördlichen Regionen, sehen sich aufgrund von Armut, Frühehen, unzureichenden schulischen Einrichtungen und geschlechtsspezifischer Gewalt, vor allem in Konfliktgebieten, weiterhin mit Hindernissen beim Zugang zu Bildung konfrontiert. Trotz Verbesserungen durch erhöhte Finanzmittel, Partnerschaften und Lobbyarbeit muss noch mehr getan werden, um sicherzustellen, dass jedes Kind, unabhängig von seinem Geschlecht oder seiner Herkunft, Zugang zu einer hochwertigen Bildung und einem sicheren Lernumfeld hat.

Geschichten wie die von Leah Sharibu – dem jungen christlichen Mädchen, das 2018 zusammen mit ihren Schulkameradinnen von der Terrorgruppe Boko Haram entführt wurde und immer noch in Gefangenschaft ist, weil sie sich weigert, ihrem Glauben abzuschwören – erinnern uns an die Opfer, die viele angesichts von Widrigkeiten gebracht haben.

Vielschichtige Herausforderungen

Die Sicherheitsprobleme Nigerias sind komplex und weitreichend. Rebell:innengruppen wie Boko Haram, gewaltbereite Viehhirt:innen und bewaffnete Bandit:innen haben unvorstellbare Verluste an Menschenleben, die Vertreibung ganzer Gemeinschaften und weit verbreitete Angst verursacht.

Ethnisch-religiöse Konflikte haben unzählige Menschenleben gefordert und über Generationen hinweg tiefe Wunden hinterlassen. Politisch kämpfen die Nigerianer:innen weiterhin gegen manipulierte Wahlen, Wahlgewalt und die Enttäuschung über Politiker:innen, die ihre Versprechen nicht einhalten. Doch trotz alledem setzen sich die Jugend, zivilgesellschaftliche Gruppen und unabhängige Medien des Landes unermüdlich für Gerechtigkeit, Transparenz und Reformen ein.

Religion ist nach wie vor ein zentraler Pfeiler im Leben der Nigerianer:innen. Kirchen und Moscheen sind nicht nur Orte der Verehrung, sondern auch Quellen der Hoffnung, der Gemeinschaft und der praktischen Unterstützung für Millionen von Menschen. Leider kann dieser Glaube von manipulativen Politiker:innen ausgenutzt werden, die im Namen der Religion zu Spaltung, Extremismus oder Gewalt aufrufen.

Trotzdem bleibt der Glaube in Nigeria eine Quelle der Stärke. Viele Christ:innen versammeln sich täglich und beten inbrünstig um Schutz, Frieden und echte Veränderung – entschlossen, das Bild zu ändern, das das wahre Potenzial des Landes oft überschattet hat.

Erzbischof Panti Filibus Musa (M.), hier mit Bischöfen und Priestern in Demsa im Nordosten Nigerias. Er ist der Präsident des Lutherischen Weltbundes. (Archivbild vom 03.02.2019)

Die Worte Jesu

In diesem Zusammenhang hallt die zeitlose Einladung Jesu – "Kommt zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken" – tief nach. Diese Worte erinnern uns daran, dass selbst in Zeiten der Not, Ungerechtigkeit, Gewalt und Angst eine Verheißung der Ruhe, Hoffnung und Erneuerung für unsere müden Seelen besteht. Sie sind weiterhin eine tägliche Quelle der Kraft und erinnern uns daran, dass wir in unseren Kämpfen niemals allein sind.

Während die weltweite Kirche sich in Gebet und Taten zu diesem Thema vereint, antworten wir in Nigeria mit offenem Herzen. Wir kommen zu Jesus – nicht nur, um Ruhe zu finden, sondern auch um Mut, Heilung und die Gnade zu erhalten, standhaft zu bleiben. Wir tragen ihn in unseren Herzen, wenn wir jeden Tag der Woche zu ihm kommen, um im Chor zu proben oder uns in Männer-, Frauen- und Jugendgruppen zu treffen.

Wir stützen uns auf unsere Glaubensgemeinschaften, um Kraft zu schöpfen, versammeln uns zum Gottesdienst und zum Gebet, um zu loben und zu beten und mit unerschütterlicher Hoffnung über unsere gegenwärtigen Prüfungen hinauszuschauen, dass bessere Tage vor uns liegen.

Unser Glaube ruft uns zum Handeln auf – dazu, uns weiterhin für Gerechtigkeit einzusetzen, Machthabende zur Rechenschaft zu ziehen, uns um die Schwachen zu kümmern und Samen des Friedens und der Versöhnung zu säen. Wir werden daran erinnert, dass wahre Ruhe nicht darin besteht, unseren Lasten zu entfliehen, sondern darauf zu vertrauen, dass derjenige, der verspricht, sie mit uns zu tragen, dies auch tut. Als Nachfolgende Christi sind wir entschlossen, Licht und Salz in unseren Gemeinschaften zu sein, Vermittler:innen von Heilung und Veränderung.

Mögen diese Worte Jesu weiterhin in den Herzen der Nigerianer:innen überall widerhallen – in geschäftigen Städten, ruhigen Dörfern, überfüllten Märkten und versteckten Gebetstreffen. Mögen sie uns daran erinnern, dass wir in ihm Ruhe für unsere Seelen, Kraft für den Weg und Hoffnung für morgen finden – für uns selbst, unsere Gemeinschaften und unser geliebtes Land.

evangelisch.de dankt der Evangelischen Mission Weltweit und mission.de für die inhaltliche Kooperation.