TV-Tipp: "Die Bestatterin: Zweieinhalb Tote"

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30. März, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Die Bestatterin: Zweieinhalb Tote"
Die ARD-Reihe "Die Bestatterin" dürfte sich an ein mutmaßlich eher weibliches Publikum richten, dem die Sonntagskrimis – mit Ausnahme des "Tatorts" aus Münster – zu spannend sind.

Es ist gewiss kein Zufall, dass es sich bei Menschen, die das Kriminalisieren nicht beruflich betreiben, auffallend oft um Frauen handelt; auch und gerade im Fernsehen. Urmutter dieser Tradition dürfte Miss Marple sein, die vor knapp hundert Jahren von Agatha Christie erfundene nicht mehr ganz junge Hobbydetektivin.

Vermutlich sind es zwei Aspekte, mit denen sich das Phänomen erklären lässt: Zwar wurde hierzulande die "Weibliche Kriminalpolizei" (WKP) bereits in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts gegründet, aber die entsprechenden Abteilungen hatten spezielle Aufgaben. Der Hintergrund der Beamtinnen war meist sozialer Natur, aufsehenerregende Fälle blieben den Männern vorbehalten. Ein zweiter Grund ist die Zielgruppe: Im sogenannten Lady-Krimi geht es nicht um Nervenkitzel, sondern um die Arbeit der durch den Christie-Helden Hercule Poirot berühmt gewordenen "kleinen grauen Zellen". 

Auch die ARD-Reihe "Die Bestatterin" dürfte sich an ein mutmaßlich eher weibliches Publikum richten, dem die Sonntagskrimis – mit Ausnahme des "Tatorts" aus Münster – zu spannend sind. Die von Anna Fischer sehr bodenständig verkörperte Titelfigur Lisa Taubenbaum ist eigentlich Physiotherapeutin und hat vor Jahren Berlin zu ihrem Lebensmittelpunkt erkoren, führt aber nun eher unfreiwillig das Bestattungsunternehmens ihres Vaters Alfons (Artus Maria Matthiessen), der seit einem Autounfall im Rollstuhl sitzt; Bruder Hannes (Frederik Bott) ist zwar liebenswert und stets bemüht, aber ein bisschen langsam in allem. Der Beruf bringt es mit sich, dass auf ihrem Tisch auch Menschen landen, die das Zeitliche allzu früh gesegnet haben; und selbstredend ist es dabei oft nicht mit rechten Dingen zugegangen.

Als zwei Männer aus einem in den Fluss gestürzten Auto geborgen werden, hat Lisa prompt wieder so eine Ahnung: Sie kannte den Fahrer, dem wäre ein derartiger Unfall nie unterlaufen. Außerdem gehört der Wagen ihrer Jugendliebe Mario, der sein Gefährt als Heiligtum betrachtet und grundsätzlich nicht verliehen hat. Der zweite Tote ist jedoch jemand anders, weshalb sie fürchtet, dass der Fluss die Leiche ihrer einstigen großen Liebe bloß noch nicht preisgegeben hat.

Zum Krimi wird diese Geschichte aus dem fiktiven Hepperlingen auf der Schwäbischen Alb, als Hannes auf dem Parkplatz eines Lokals, in dem die Freunde auf dem Weg zum gemeinsamen Junggesellenabschied eingekehrt sind, Bremsflüssigkeit entdeckt. Als Mario (Jakob Geßner) wie aus dem Nichts wieder auftaucht und partout nicht verraten will, wo er seit dem Unfall gesteckt hat, wird er prompt des Mordes verdächtigt. Aber nicht nur sein Schwiegervater (Joachim Raaf), auch der alte Taubenbaum ist überhaupt nicht gut auf den jungen Mann zu sprechen: Alfons gibt ihm die Schuld dafür, dass Lisa damals nach Berlin gezogen ist. Mario hat dann allerdings einen Rückzieher gemacht. 

Die Geschichte ist im Grunde nicht weiter aufregend, und wer genau aufpasst, wird deutlich früher als die Bestatterin ahnen, wer die Opfer auf dem Gewissen hat und auch für die weiteren Anschläge verantwortlich ist, die auf Mario verübt werden. Alleinstellungsmerkmal des Films ist ohnehin der Schauplatz, der wie in den meisten Regionalkrimis eine weitere Hauptrolle spielt.

In dieser Reihe ist zudem der ausgeprägte Dialekt von großer Bedeutung: Für Nichtschwaben verlieren selbst finstere Drohungen ihren Schrecken, wenn sie auf Schwäbisch vorgebracht werden. Deshalb ist auch Lisas Vater keine durch und durch unsympathische Figur, weil sie auf geradezu liebevolle Weise dem Bild des typischen "Bruddlers" entspricht, dem schwäbischen Pendant zum bairischen Grantler. 

Natürlich setzen Matthias Kiefersauer und Alexander Liegl, die seit zwanzig Jahren gemeinsam Drehbücher schreiben (unter anderem für die ZDF-Reihe "München Mord"), auch die Geschichte zwischen Lisa und Thomas Zellinger (Christoph Letkowski) fort. Die Bestatterin und der Stuttgarter Kripo-Kommissar verbindet eine besondere Beziehung: Beide wollen sich zwar nicht festlegen, aber seine Reaktion auf Mario lässt eindeutige Eifersuchtssymptome erkennen; beim Kriminalisieren konkurrieren sie ohnehin miteinander.

Diese Konstellation bringt zwar die eine oder andere Heiterkeit mit sich, aber ebenso wie die zweite Episode, "Die unbekannte Tote" (2021), ist "Zweieinhalb Tote" anders als der Auftaktfilm ("Der Tod zahlt alle Schulden", 2019) keine Heimatkrimikomödie. Die Inszenierung besorgte wie schon zuletzt Fabian Möhrke, dessen Umsetzung derart entschleunigt ist, als habe Hannes das Tempo vorgegeben.