Schriftsteller:innen unterwegs auf den Spuren Luthers

Blick in die Lutherstube auf der Wartburg in Eisenach
© Frank Muchlinsky
Die Schriftsteller:innen Iris Wolf uns Uwe Kolbe in Luthers Schreibstube.
Wartburg-Experiment startet
Schriftsteller:innen unterwegs auf den Spuren Luthers
Die Wartburg ist ein bedeutender Ort - besonders für Protestanten. Dort hat Martin Luther das Neue Testament übersetzt. In einem einmaligen Experiment wandeln nun drei Schriftsteller:innen auf den Spuren des Reformators.

Unter dem Titel "Wartburg-Experiment – Zwiesprache mit der Lutherbibel" startete das Projekt mit einer Pressekonferenz am heutigen Dienstag, 7. September. Die "Frau Burghauptmann" Franziska Nentwig begrüßte die beiden Autor:innen Iris Wolff und Uwe Kolbe im Wappensaal des an die Burg angeschlossenen Wartburghotels. Der dritte Autor, Senthuran Varatarajah war leider kurzfristig erkrankt und konnte nicht anwesend sein.

500 Jahre nachdem Luther auf der Wartburg im Exil war und hier das Neue Testament zum ersten Mal übersetzte, setzen sich nun nacheinander drei zeitgenössische Autor:innen hier einen Monat lang mit der Bibel, mit Luther, mit der Wartburg und dem Übersetzen auseinander. Die Texte, die dabei entstehen, werden nach Abschluss des Experiments veröffentlicht.

Zwei Zimmer neben dem Tintenfleck

Die Idee, auf der Wartburg wieder Menschen schreiben zu lassen, kam evangelisch.de-Redaktionspfarrer Frank Muchlinsky bereits im Jahr 2016. In einer großen Kooperation des Gemeinschaftswerks Evangelischer Publizistik (GEP) mit der Deutschen Bibelgesellschaft, der Internationalen Martin Luther Stiftung und vielen weiteren Partner:innen wird so nach jahrelanger Vorbereitung in den kommenden drei Monaten wieder ein kreativer Geist in der Schreibstube tätig sein.

Eisenachs Oberbürgermeisterin Katja Wolf drückte auf der Pressekonferenz in ihrem Gruß ihre Vorfreude auf dieses ungewöhnliche Projekt aus: "Ich muss zugeben, ich platze bereits vor Neugier, was dabei herauskommt!"

Ob am Ende der Klausur ein Prosatext, Gedicht oder ein Essay entstanden ist, liege dabei ganz im Ermessen der Autoren, sagte der Vorstandssprecher der Internationalen Martin Luther Stiftung (IMLS), Thomas Seidel, am Dienstag auf der Burg bei Eisenach. Mit ihrer Arbeit am Originalschauplatz knüpfe das Trio an die Übersetzung Luthers an, der von Weihnachten 1521 bis Anfang März 1522 in nur elf Wochen das Neue Testament vor allem aus dem Griechischen ins Deutsche übersetzte und damit zugleich die Grundlage für die deutsche Schriftsprache legte. Ob, in welcher Form und wann die Arbeiten des aktuellen Trios zu lesen sein werden, ließ Vorstandssprecher Seidel offen, verwies aber auf erste Gespräche mit Verlagen. Auf alle Fälle werde der Schreib-Aufenthalt der Autorin und ihrer Kollegen medial begleitet.

Die Autoren des "Wartburg-Experoments": Iris Wolff, Uwe Kolbe und Senthuran Varatharajah.

Als erster Autor zieht Uwe Kolbe auf der Wartburg ein. Sein Schreibplatz befindet sich nur zwei Zimmer neben der berühmten Stube mit dem Tintenfleck. Für ihn sei das, was Luther auf der Wartburg vollbrachte, ein riesiger "Knalleffekt". Was er in der Zeit auf der Wartburg zustande bringen könne, sei noch völlig offen, eben ein Experiment, betont er.

Dem Heinrich-Mann-Preisträger Kolbe folgt im Oktober Adelbert-von-Chamisso-Preisträger Senthuran Varatharajah. Für den aus Sri Lanka stammenden Senthuran Varatharajah ist die literarische Auseinandersetzung eng mit seiner Kindheit verknüpft, da er als Kind Deutsch anhand der Bibel gelernt hat. "Die Bibel ist für mich immer noch der erste Text – in jeder Hinsicht. Dieses intime Verhältnis bestimmt auch wesentlich meine schriftstellerische Arbeit: Sie kommt immer wieder auf die Bibel zurück, weil meine Sprache aus der Bibel kam." Er freue sich darauf, während der Zeit auf der Wartburg das Gespräch mit dem ersten und letzten Text weiterführen zu dürfen, so Varatharajah.

Bilder eröffnen sich beim Schreiben

Im November folgt die Eichendorf-Preisträgerin Iris Wolff. Sie betonte, wie sie sich auf das Schreiben in der Abgeschiedenheit der Wartburg freue. Sie wolle sich zum Schreiben gern eine Zeit lang "vor der Welt verbergen".

Iris Wolff verknüpft ihr schriftstellerisches Schaffen eng mit ihrem Heimatverständnis und betont, dass für sie das Schreiben ohne die Landschaften ihrer ersten Heimat nicht denkbar sei. Zu ihrem Aufenthalt auf der Wartburg sagt die gebürtige Siebenbürgerin: "Im Wort ist der Ort schon angelegt, das eine ist ohne das andere nicht denkbar – von Luthers Bibel-Übersetzung bis heute. Schreibend eröffnen sich Bilder, die ohne Grenzen auskommen, sie verweisen auf geistige Räume, innere Orte. Ich freue mich über die geschenkte Zeit auf der Wartburg, um in Zwiesprache mit beidem zu gehen."

evangelisch.de wird das Wartburgexperiment eng begleiten. So werden die Autoren ein tägliches "Fundstück" fotografieren, das wir unter dem Hashtag #wartburgexperiment veröffentlichen. Unter diesem Hashtag werden wir regelmäßig Hintergründe und Einblicke in den Prozess gewähren. Das Meiste wird auf der gemeinsamen Webseite www.wartburgexperiment.de und dem gleichnamigen Facebook- und Instagram-Kanal zu sehen sein.

Am Abend wird es einen festlichen Auftakt des Wartburgexperiments geben. Der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Ralf Meister, lädt dann zu einem "literarischen Dinner" ein.

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