Expertin spricht über die Skandalehe

Porträts von Martin Luther und Katharina von Bora hängen nebeneinander.
epd-bild/Rolf Zoellner
Martin Luther und Katharina von Bora hätten 2025 ihren 500. Hochzeitstag.
500. Hochzeitstag der Luthers
Expertin spricht über die Skandalehe
Vor 500 Jahren schlossen eine Nonne und ein Mönch den Bund der Ehe: Die Hochzeit von Martin Luther und Katharina von Bora am 13. Juni 1525 war Skandal und Sensation zugleich.

Pfarrerin und Autorin Gisela Siemoneit hat sich mit der Ehe der Luthers befasst und ein Theaterstück in Reimform geschrieben, das den Titel trägt "Ist Narretei, ist Narretei, ein Mönch liegt einem Nönnlein bei".

epd: War es bei Martin Luther und Katharina von Bora Liebe auf den ersten Blick - oder haben sie ein Zweckbündnis geschlossen?

Gisela Siemoneit: Es war wohl von Martin Luthers Seite aus am Anfang ein Zweckbündnis. Der Heiratsantrag kam mehr oder weniger von ihr, als sie den Heiratsantrag eines anderen ablehnte und dabei sagte, sie wolle dann schon lieber den Luther heiraten. Im Laufe der Jahre wurde aus der Beziehung der beiden aber eine echte Liebe.

Ein ehemaliger Mönch heiratet eine entlaufene Nonne - das muss doch vor 500 Jahren ein ziemliches Aufregerthema gewesen sein, oder nicht?

Siemoneit: Kardinal Albrecht von Mainz, ein Gegenspieler Luthers, der in meinem Stück vorkommt, ruft immer wieder "Skandal, Skandal, so sage ich, der Kardinal". Das ist sehr lustig. Er wird übrigens von einer katholischen Religionspädagogin gespielt. Ja, es war ein Affront, dass ein Mönch und eine Nonne heiraten. Die Gesellschaft war aber gespalten: Die Reformatorin Argula von Grumbach riet Luther zur Ehe, während es unter den verbliebenen Nonnen hieß, Katharina Bora sei nicht mehr würdig, auf der Erde zu leben. Die Wittenberger sprachen vom "Tanzmaidlein", verglichen sie also mit einer Prostituierten. Einige waren überzeugt, in der Ehe würden Monster gezeugt. Aber Katharina von Bora hat sich später in der Stadtgesellschaft durchgesetzt und wurde sogar die Doktorin genannt, weil sie im Kloster viel über die damaligen Heilmethoden gelernt hatte.

Es ist erstaunlich, dass der 500. Hochzeitstag des Ehepaars Luther außer in der Lutherstadt Wittenberg relativ wenig Aufmerksamkeit findet. Welche Bedeutung für die Geschichte hatte die Eheschließung denn aus Ihrer Sicht?

Siemoneit: Zunächst kann man mal sagen, dass es in der Reformationszeit das Ende des Zölibats bedeutete. Zwar hatten vor Luther bereits einige Priester geheiratet, aber wenn das der Reformator persönlich tat, hatte das natürlich besonderes Gewicht. Die Heirat bedeutete auch das Ende der sakramentalen Ehe. In der evangelischen Kirche ist die Ehe kein Sakrament, sondern die Segnung der Eheleute. Und es war der Beginn des evangelischen Pfarrhauses. Die First Lady der Gemeinde hat lange Zeit eine sehr große Rolle gespielt. Es wundert einen schon, dass etwa die Landeskirche das nicht als Thema aufgreift.