Kirchentag gedenkt der Opfer des Holocaust

Die Westendsynagoge ist die größte Synagoge in Frankfurt
© epd-bild / Norbert Neetz
Die Westendsynagoge ist die größte Synagoge in Frankfurt am Main und das geistliche Zentrum des jüdischen Gemeindelebens der Stadt. Als einzige von ehemals vier größten Synagogen überstand sie schwer beschädigt die Novemberpogrome 1938 und die Bombenangriffe des Zweiten Weltkrieges.
Kirchentag gedenkt der Opfer des Holocaust
Beim 3. Ökumenischen Kirchentag haben Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche gemeinsam mit der jüdischen Gemeinde Frankfurt der Opfer der Schoah gedacht.

Vor der Synagoge im Frankfurter Westend erinnerten der katholische Präsident des Kirchentags, Thomas Sternberg, und die evangelische Präsidentin Bettina Limperg in einem vorab aufgezeichneten Video an die Deportation und Ermordung vieler Mitglieder der jüdischen Gemeinde, die im Jahr 1933 rund 30.000 Mitglieder hatte.

Das Gedenken zu Beginn von Kirchentagen habe eine lange Tradition, sagte Limperg in dem am Freitag veröffentlichten Video. Über religiöse Fragen einer Friedensordnung hinaus wolle der Kirchentag auch ein gesellschaftspolitisches Zeichen setzen gegen Hass und jede Form von Gewalt. Der 3. Ökumenische Kirchentag in Frankfurt am Main war am Donnerstag eröffnet worden und dauert noch Sonntag.

Der Vorstand der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, Marc Grünbaum, sagte, ohne die jüdischen Bürgerinnen und Bürger wäre Frankfurt nicht die Stadt geworden, die sie heute sei. Er betonte, die Notwendigkeit, die Sicherheit der jüdischen Gemeinde zu garantieren, sei im Jahr 2021 aktueller denn je. „Meist sind Polizisten das erste, was Kinder sehen, wenn sie in den Kindergarten kommen. Sie wachsen mit dieser ungerechten Realität auf, die zur jüdischen Normalität geworden ist“, sagte Grünbaum. „Damit dürfen und wollen wir uns aber nicht abfinden.“

1941 hatte die Deportation der Frankfurter Juden in die Vernichtungslager im Osten begonnen. Das bekannteste Schicksal einer Frankfurter jüdischen Familie ist das der Familie Frank. Anne Frank wurde gemeinsam mit ihrer Schwester 1945 im Konzentrationslager Bergen-Belsen von den Nationalsozialisten ermordet. Laut Grünbaum wurden 11.908 Menschen aus Frankfurt in den Tod deportiert, Hundert Juden überlebten in Frankfurt, 300 kehrten als Überlebende aus den Lagern zurück. Sie gehörten zu den ersten Mitgliedern der neuen jüdischen Gemeinde, die am 1. Februar 1948 offiziell gegründet wurde.

Der Rabbiner der Gemeinde, Julian-Chaim Soussan, sprach gemeinsam mit dem evangelischen Stadtdekan Achim Knecht und dem katholischen Stadtdekan Johannes zu Eltz Worte des 118. Psalms aus der Bibel. „Erinnern ist immer auch eine Forderung an die Zukunft, eine Gesellschaft im Vertrauen auf Gott zu begründen, in der wir gemeinsam so etwas nie wieder zulassen“, sagte Soussan.

Der 3. Ökumenische Kirchentag in Frankfurt am Main findet wegen der Corona-Pandemie überwiegend digital statt. Er wird gemeinsam veranstaltet vom Deutschen Evangelischen Kirchentag und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken.

Bedford-Strohm verurteilt Angriffe auf Synagogen

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat die Anfeindungen gegen Juden und Angriffe auf Synagogen in Deutschland verurteilt. Politische Diskussionen mit unterschiedlichen Meinungen über den Nahostkonflikt müssten geführt werden, erklärte er am Freitag. Angriffe auf Synagogen hätten aber nichts, „aber auch gar nichts mit Politik zu tun“, ergänzte er. Sie richteten sich gegen Jüdinnen und Juden als Glaubensgemeinschaft. „Mit Meinungsfreiheit hat das nichts zu tun. Denn Antisemitismus ist keine Meinung, sondern eine menschenverachtende Haltung“, betonte Bedford-Strohm.

Angesichts der Eskalation im Nahost-Konflikt war es in den vergangenen Tagen bundesweit an mehrere Orten zu antisemitischen Demonstrationen und Gewalt gegen jüdische Einrichtungen gekommen. Dabei wurden Israel-Flaggen verbrannt und antisemitische Parolen gerufen. Bedford-Strohm sagte mit Blick auf den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern, seine Gedanken und Gebete richteten sich auf das Heilige Land. Es sei schrecklich, was dort passiere. „Alle verlieren, wenn die Gewalt weiter eskaliert“, sagte er.