Gedämpftes "Helau" unter der FFP2-Maske

Gottesdienst am Rosenmontag in der evangelischen St. Martini-Kirche in Braunschweig.
©epd-bild/ Peter Sierigk
Die Gesichter bleiben unter Masken verhüllt, aber die Narrenkappen leuchten bunt beim Gottesdienst am Rosenmontag in der evangelischen St. Martini-Kirche in Braunschweig.
Gedämpftes "Helau" unter der FFP2-Maske
Braunschweiger Karnevalisten feiern Bittgottesdienst für ihren "Schoduvel"
Der Bollchenregen blieb in diesem Jahr aus. Wegen Corona mussten die Braunschweiger Karnevalisten ihren Umzug - den "Schoduvel" - absagen. Am Montag trafen sie sich zu einem Gottesdienst, um den Frust zu verarbeiten und mutig nach vorne zu blicken.
15.02.2021
epd
Björn Schlüter

Gedämpft ist auch die Stimmung in der evangelischen St. Martini-Kirche im Herzen von Braunschweig am Rosenmontag. Für gewöhnlich hätten am Sonntag Hunderttausende Besucher an den Straßen gestanden, im Konfettiregen geduscht und sich die Taschen mit Bollchen vollgemacht. Doch Corona ließ nur die Absage von Norddeutschlands größtem Karnevalsumzug - dem Schoduvel - zu. So ist die "Rosenmontags-Andacht" für die Gäste in diesem Jahr die einzige Gelegenheit, im vollem Kostüm die örtliche Karnevalstradition fortzuschreiben.

"Wie gerne hätten wir Braunschweiger gestern bis zu den Knien im Schnee gestanden", sagt Pfarrer Friedhelm Meiners in seiner Predigt. "Das ist uns nun erspart geblieben - hoffentlich zum letzten Mal!" Meiners spielt damit auch auf die Absage des Karnevalsumzuges vor einigen Jahren an. Schon im Jahr 2015 war das bunte Treiben wegen "konkreter Gefährdung durch einen islamistischen Anschlag" abgesagt worden. "Ich hätte nicht gedacht, so schnell wieder einen Rosenmontagsgottesdienst unter so außergewöhnlichen Bedingungen zu feiern", gibt der Theologe zu.

Pfarrer Friedhelm Meiners beim Rosenmotagsgottesdienst in der Martinikirche unter Corona Hygeineregeln.

Dennoch habe für ihn außerfrage gestanden, auf die Andacht zu verzichten. Schon 2015 sei die für alle bedeutsam gewesen, um sich gegenseitig Mut zu machen. "Damals sind wir zusammengerückt, haben uns Nähe und Trost gegeben. Nicht mal das mit der Nähe geht in diesem Jahr", räumt er ein. "Und doch brauchen wir Nähe, ein Lächeln und Kultur." Wie zur Bestätigung klappern hier und dort blechern die um den Hals getragenen Karnevalsorden der Gäste aneinander, als diese nicken. Auch Meiners trägt so einen Orden. "Prinz Martini" steht darauf in grünen Buchstaben - Grün wie die Hoffnung.

Traurige Augen unter bunten Narrenkappen

Der Blick in das aufgefächert und mit Sicherheitsabstand in den Kirchenbänken verteilte Publikum ist ein Blick in traurige Augen unter bunten Narrenkappen. Die Gesichter bleiben unter Masken verhüllt - die anders als im Karneval üblich - in diesem Jahr medizinisch vorgeschrieben sind. Doch nicht nur Trauer, auch eine gesunde Portion Trotz strahlt aus den Augen der Gäste. "Wir wussten ja, was auf uns zukommt und das dieses Jahr wohl nichts geht", sagt Zugmarschall Gerhard Baller. "Insofern sind wir glücklich, dass wir uns überhaupt einmal treffen können. Wir machen halt das Beste daraus."

Braunschweigs Oberbürgermeister Ulrich Markurth (SPD) tritt in der Andacht auch vor die Gäste. Eindringlich mahnt er, der Braunschweiger Karneval sei seit Jahren ein Teil der Stadtkultur und prägend auch für das Umland. "Es ist an uns, dafür zu sorgen, dass das nicht zerbricht." Er sei froh, in der Martini-Kirche dieses kleine "wenig Buntes in diesen grauen Tagen" erleben zu dürfen. In ungewöhnlichen Zeiten müssten ungewöhnliche Wege beschritten werden, um Kultur zu erhalten. Da wirkt es geradezu folgerichtig, als die Kirchenorgel aus dem Jahr 1630 wenig später den "Radetzky-Marsch" intoniert und das Publikum mitklatscht.

Zunächst jedoch setzt Markurth seine Rede fort. Leider werde die Freiheit in diesen Tagen der Corona-Pandemie immer wieder eingeschränkt, bedauert er: "Auch die Narrenfreiheit." Und dann ist er wieder da, dieser Braunschweiger Trotz. "Er wird wieder rollen, weil alle das so wollen", reimt der Bürgermeister zum Schluss seiner Ansprache. Der Schoduvel des Jahres nach der Terror-Warnung stand übrigens unter dem Motto "Jetzt erst Recht!". Keine schlechte Idee für 2022, findet Zugmarschall Gerhard Baller: "Wenn die Lage es zulässt."