Kirchen rufen bei Kriegsgedenken am 8. Mai zum Frieden auf

Der Berliner Dom mit Gottesdeinst zum 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges
© epd-bild/Christian Ditsch
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland und bayrische Landesbischof, Heinrich Bedford-Strohm, und der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing hielten im Berliner Dom einen ökumenischen Gottesdienst zum 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges ab.
Kirchen rufen bei Kriegsgedenken am 8. Mai zum Frieden auf
"Gott vergisst nicht", sagt der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm im Gottesdienst zum 8. Mai. Zusammen mit dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Bätzing, gedenkt er der Opfer des Zweiten Weltkrieges und mahnt zu Lehren aus der Geschichte.

Erinnerung und Mahnung: Zum 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges haben die Kirchen zu Frieden aufgerufen und die deutsche Verantwortung für Lehren aus der Geschichte hervorgehoben. Die Deutschen hätten ganz Europa und weite Teile der Welt ins Elend gestürzt, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, im ökumenischen Gedenkgottesdienst zum 8. Mai am Freitag im Berliner Dom. "Nie mehr werden wir zulassen, dass sich der Ungeist, der so viel Leid verursacht hat, der millionenfachen Mord verursacht hat, wieder ausbreitet", sagte der bayerische Landesbischof: "Gott vergisst nicht."

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, sagte, mit dem 8. Mai 1945 habe "das bislang finsterste Kapitel der europäischen Geschichte" geendet. Heute forderten die Kriege in Syrien, anderen Ländern des Nahen Ostens und in Afrika, in der Ukraine sowie die Toten im Mittelmeer heraus - und zwar jeden Einzelnen. "Frieden lässt sich nicht einfach herbeiorganisieren", sagte der Limburger Bischof. "Er braucht Menschen, die eine Hoffnung in sich tragen."

Der im Fernsehen übertragene Gottesdienst fand wegen der Corona-Pandemie komplett ohne Gemeinde statt. Die vielen Bänke im großen Dom blieben leer. Zum Gedenken an das Weltkriegsende war für Mittag vonseiten des Staates eine Kranzniederlegung an der Neuen Wache geplant, an der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Repräsentanten der anderen Verfassungsorgane teilnehmen wollten. Ein eigentlich vorgesehener Staatsakt wurde abgesagt.

Stärkung Europas

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) betonte im ZDF-"Morgenmagazin", dass der 8. Mai 1945 ein Tag der Befreiung gewesen sei. Deutschland als Land, das den Krieg über die Welt gebracht habe, trage eine besondere Verantwortung für den Kampf gegen Rechtextremismus und Antisemitismus.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) rief dazu auf, sich für eine Stärkung Europas einzusetzen. "Aus dem Kriegsende folgt die Verpflichtung für Europa", sagte Schäuble dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (Freitag). Man müsse aus dem Zweiten Weltkrieg lernen. Sein Entsetzen über den Holocaust und diesen Krieg wachse immer weiter. "Je älter ich werde, umso fassungsloser werde ich", sagte Schäuble.

Gedenken in NRW

Zum Gedenktag haben auch die evangelischen Kirchen in Nordrhein-Westfalen dazu aufgerufen, die Erinnerung wachzuhalten. Frieden sei "so viel mehr als die Abwesenheit von Krieg", unterstrich die westfälische Präses Annette Kurschus. Die Verbrechen, die damals von Deutschland ausgingen, verlangten ein kraftvolles Bekenntnis gegen "jede Form von Antisemitismus in unserem Land, der mittlerweile wieder seine hässliche Fratze zeigt", sagte sie in einer Videobotschaft.

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Der Lippische Landessuperintendent Dietmar Arends rief anlässlich des Jahrestages am 8. Mai zu Wachsamkeit gegenüber Fremdenfeindlichkeit auf. "Krieg darf nach Gottes Willen nicht sein. Und gerechter Frieden ist möglich", erklärte der rheinische Präses Manfred Rekowski in einem Präsesblog.

Auch die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) hat am Freitag an das Ende des 2. Weltkrieges vor 75 Jahren erinnert. Bischöfin Beate Hofmann, Vizepräsident Volker Knöppel und Prälat Bernd Böttner legten in Kassel an einer Gedenktafel für kurz vor Kriegsende ermordete 78 italienische Kriegsgefangene rote Rosen nieder. Die 75 Jahre seien eine Zäsur, sagte Hofmann. Noch könnten Augenzeugen erzählen, welches Grauen der Krieg bedeutet habe. Es sei der EKKW ein Bedürfnis gewesen, dieses Datum nicht einfach so vorbeiziehen zu lassen.

Mit dem Überfall auf Polen hatte das damalige Deutsche Reich am 1. September 1939 den Zweiten Weltkrieg begonnen. Zwischen 60 und 70 Millionen Menschen kamen ums Leben. Sechs Millionen Juden fielen dem nationalsozialistischen Rassenwahn zum Opfer. Das militärische Eingreifen der Alliierten - der USA, der Sowjetunion, Frankreichs und Großbritanniens - führte zur Kapitulation der Deutschen, die bereits am 7. Mai in Reims erklärt und einen Tag später in Berlin wiederholt wurde. Damit endeten die Kampfhandlungen in Europa.