75 Jahre "Charta der Heimatvertriebenen"

Friedrich Merz
dpa/Michael Kappeler
Bundeskanzler Friedrich Merz würdigte die Leistung der Heimatvertriebenen beim Wiederaufbau nach Ende des Krieges.
Festakt würdigt Leistung
75 Jahre "Charta der Heimatvertriebenen"
Mit einem Festakt in Stuttgart ist am Dienstag an die Unterzeichnung der "Charta der Heimatvertriebenen" vor 75 Jahren erinnert worden. In seiner Festrede würdigte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) die Leistung der deutschen Heimatvertriebenen. Sie hätten wesentlich mitgearbeitet an dem wirtschaftlichen Fundament, "das unser Land bis heute trägt", sagte Merz in Stuttgart.

Das sei eine der ganz großen Erfolgsgeschichten Deutschlands, über die bislang viel zu wenig gesprochen worden sei: "Ich möchte Ihnen ein Wort des Dankes aussprechen im Namen der Bundesrepublik. Wir brauchen Sie auch weiter als Übersetzer und Mittler."

Für viele der Millionen Heimatvertriebenen habe das Ende des Zweiten Weltkriegs kein Ende der Gewalt bedeutet. Stattdessen hätten sie die "furchtbare Erfahrung" gemacht, "erst rechtlos und dann heimatlos" zu sein. In der "neuen Heimat" seien sie vielfach auf ein Klima gestoßen zwischen stiller Ablehnung und offener Feindseligkeit, sagte Merz.

Oft seien Vertriebene und Spätaussiedler behandelt worden wie "Menschen zweiter Klasse". Vor diesem Hintergrund sei das Bekenntnis zu Frieden, Freiheit und Versöhnung in der "Charta der Heimatvertriebenen" alles andere als eine Selbstverständlichkeit gewesen. "Schuldfragen können politisch und moralisch noch so klar entschieden sein. Aber die Wirklichkeit des Krieges schafft immer Opfer auf allen Seiten", sagte Merz mit Blick auf die deutsche Schuld am Zweiten Weltkrieg.

Bernd Fabritius, Präsident des Bundes der Vertriebenen, würdigte die Charta als "zukunftsweisendes Dokument von fortwährender Aktualität". Das Dokument sei seiner Zeit weit voraus gewesen, sagte er. Mit der Abkehr von Rache und Vergeltung hätten die Unterzeichner eine der ersten modernen Visionen eines freien und vereinten Europas gezeichnet.

 

Dabei sei es keine Selbstverständlichkeit gewesen, dass die deutschen Heimatvertriebenen damals aus der Spirale von Gewalt und Vergeltung ausgestiegen seien: "Denn Vertreibungen bleiben immer Unrecht und können nie gegen andere Verbrechen aufgerechnet werden." Es hätte im Nachkriegsdeutschland auch ganz anders kommen können, sagte Fabritius.
Die "Charta der Heimatvertriebenen" wurde am 5. August 1950 in Stuttgart von Vertretern der deutschen Heimatvertriebenen unterzeichnet. Unter anderem enthält sie einen Aufruf zum Verzicht auf Rache und Vergeltung nach den Vertreibungen im Zweiten Weltkrieg und ein Bekenntnis zur Völkerverständigung.

Der Festakt im Stuttgarter Neuen Schloss war Teil des "Tages der Heimat 2025" des Bundes der Vertriebenen. Die Veranstaltung stand unter dem Leitwort "80 Jahre: Erinnern - Bewahren - Gestalten".