Reformationstag steht im Zeichen von Religions- und Meinungsfreiheit

Festgottesdienst in der Schlosskirche am Reformationstag
© epd-bild/Jens Schluüer
Mehrere Festgottesdienste in der Schlosskirche (Foto) und in der Stadtkirche zählten zu den Höhepunkten des Feiertages in der Lutherstadt Wittenberg.
Reformationstag steht im Zeichen von Religions- und Meinungsfreiheit
Mit Gottesdiensten und zahlreichen Events haben Protestanten am 31. Oktober an die tiefgreifenden Auswirkungen von Luthers Thesenanschlag erinnert. Dieses Jahr waren die Ökumene und die Beziehungen zum Judentum wichtige Anliegen.

Gegen Angstmacher, Ausgrenzung und gesellschaftliche Verunsicherung haben sich deutschlandweit viele Bischöfe und leitende Geistliche in ihren Predigten am Reformationstag gewandt. Am Mittwoch erinnerten Millionen evangelische Christen in Deutschland und weltweit an den Beginn der Reformation durch Martin Luther. Überall in Deutschland fanden zentrale Gottesdienste, öffentliche Feste und Diskussionsveranstaltungen statt. Das Thema Freiheit stand in vielen Gottesdiensten im Zentrum. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, nannte in seiner Predigt in der Wittenberger Schlosskirche den Reformationstag einen "Tag der Freiheit". Freiheit sei auch das Grundgefühl, "das unser verunsichertes Land so dringend braucht", sagte er.

Sorgsamer Umgang mit Freiheit

Auch andere Bischöfe und führende Geistliche mahnten zu einem sorgsamen Umgang mit der Freiheit. Sie gehöre zu den wichtigsten und gleichzeitig am meisten gefährdeten Werten der Gegenwart, sagte der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski. Dazu zählten die Meinungs-, die Presse- und die Religionsfreiheit, aber auch die Freiheit, seinen eigenen Lebensweg zu wählen.

Der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm warb in seiner Predigt in der Schlosskirche für eine neue "Welle der Zuversicht" angesichts gesellschaftlicher Unsicherheiten.
Am größten gefeiert wurde in diesem Jahr wieder in der Lutherstadt Wittenberg. Dorthin kamen nach Angaben der Veranstalter bis zu 30.000 Besucher. Mehrere Festgottesdienste in der Schlosskirche und in der Stadtkirche zählten zu den Höhepunkten des Feiertages. Aber auch in Bremen und Niedersachsen gab es viel Programm. Denn dort war der Reformationstag in diesem Jahr erstmals ein gesetzlicher Feiertag. Nachdem Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein den 31. Oktober Anfang des Jahres für arbeitsfrei erklärt hatten, gilt er nun in insgesamt neun Bundesländern als Feiertag.

Ökumene ganz neu denken

Der jüdisch-christliche Austausch und die Ökumene waren auch in diesem Jahr weitere Anliegen zum diesjährigen Reformationsgedenken. Die Versöhnung zwischen Katholiken und Protestanten hatte im 500. Jahr der Reformation 2017 schon im Fokus gestanden. Der katholische Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer forderte die Kirchen auf, ihre Einheit zu betonen und die Ökumene ganz neu zu denken. Christen seien aufgefordert, "die Einheit im Glauben schon jetzt zu leben". Egal welcher Konfession sie angehörten, sollten sie die ihnen von Gott geschenkte Freiheit dazu nutzen, "gemeinsam auf die Unfreiheiten, Ungerechtigkeiten und Schieflagen der Gesellschaft hinzuweisen", sagte Wilmer laut Predigtmanuskript im evangelischen Braunschweiger Dom. Wilmer predigte auf Einladung des evangelischen Landesbischofs Christoph Meyns im Festgottesdienst.

Weder Pastor noch Rabbiner schweigen

Dort, wo der Reformationstag in diesem Jahr erstmals Feiertag war, hatten viele jüdische Gemeinden daran Anstoß genommen. Luther hatte vor allem in seinen späten Schriften Juden verurteilt und angegriffen. Um den jüdisch-christlichen Dialog zu stärken, hatte der hannoversche Landesbischof Ralf Meister den Rabbiner Gabor Lengyel aus Hannover zu einer Diskussion "Was gesagt werden muss. Reformation und Judentum" am Dienstagabend eingeladen. Der Rabbiner forderte Pastoren und Rabbiner auf, verstärkt politische Predigten gegen Rassismus zu halten. "Wenn in unserer Gesellschaft Grundsätzliches ins Rutschen gerät, kann ein Pastor oder Rabbiner nicht schweigen", sagte Lengyel.



An die Wittenberger Schlosskirche soll Martin Luther (1483-1546) am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen gegen die Papstkirche und den Ablasshandel angeschlagen haben. Dieses Datum gilt als Beginn der weltweiten Reformation, in deren Verlauf es zur Spaltung in evangelische und katholische Kirche kam. Im vergangenen Jahr wurde das 500. Reformationsjubiläum groß gefeiert.