Die Frage der Woche, Folge 107: Wie war's auf der EKD-Synode?

Die Frage der Woche, Folge 107: Wie war's auf der EKD-Synode?
Bis zum vergangenen Mittwoch tagte die EKD-Synode. Drei Beobachtungen von der Sitzung des Kirchenparlaments.

Liebe evangelisch.de-Nutzerinnen und -Nutzer,

die EKD-Synode tagte bis vergangenen Mittwoch in Bonn. Was da so passiert ist und was die Synode beschlossen hat, finden ihr und Sie in unserer Berichterstattung von der EKD-Synode 2017. Dazu drei Beobachtungen, die nur am Rande etwas mit den eigentlichen Beschlüssen und Diskussionen zu tun haben.

Die Synode nimmt ihre Aufgabe ernst

Eine Rückmeldung, die immer wieder in den Kommentaren hier auf evangelisch.de auftaucht, ist: Die Synode solle sich mehr mit Jesus, Gott und Gemeinde beschäftigen als politische Statements zu beschließen. Dabei ist die Synode die Veranstaltung mit den meisten Gottesdiensten und Andachten pro Tag, die ich kenne - täglich Morgenandacht, Mittags- und Abendgebet und drei Gottesdienste (VELKD/UEK, Eröffnung und Abschluss EKD-Synode). Den Menschen, die da sind, ist die Arbeit in ihren Gemeinden wichtig. Die Beschlüsse der Synode sind trotzdem politisch und kirchenpolitisch eher hochgehängt. Das liegt unter anderem daran, dass die EKD als Kirche keine eigenen Gemeinden hat. Für Gemeindearbeit sind die Synoden der Landeskirchen die viel wichtigere Ebene.

Der Haushalt der EKD, der ja eine wesentliche Aufgabe der Synode ist, wird für die unterstützende und politische Arbeit ausgegeben, um die evangelische Kirche als Ganze gesellschaftlich relevant zu halten. Eine Kirche, die sich ausschließlich auf Arbeit vor Ort konzentriert, würde als gesamtgesellschaftliche Kraft nicht mehr wahrgenommen. Deswegen braucht es die Zusammenschlüsse, deren Repräsentanten für mehr als 20 Millionen Menschen stehen. Das ist die EKD-Synode - und die nimmt ihre politische Funktion ernst. Das gilt auch für kirchenpolitische Themen - die Verständigung zwischen UEK und SELK zum Beispiel hat für viele Gläubige echte Bedeutung, auch wenn das auf den ersten Blick abstrakt erscheint.

Die Synodentage sind zu lang

Manchen Beobachtern erscheint aus der Ferne auch das Maritim-Hotel, in dem die Synode immer tagt, als überflüssiger Luxus. Die waren vermutlich noch nie selbst auf einer Synode. Denn weil die Synodalen der EKD-Synode zugleich auch in der VELKD-Generalsynode oder der UEK-Vollkonferenz sitzen, kommen sie am Donnerstag zur Synode, tagen sechseinhalb Tage und fahren nach einer Woche Donnerstag früh wieder nach Hause. Die sechs vollen Sitzungstagen beginnen um 8 Uhr morgens mit den ersten Ausschusssitzungen und Besprechungen und enden um 22 Uhr mit dem Schluss der Tagesordnung - und dann erst ist Zeit für weitere Gespräche mit Journalisten, Gästen, anderen Synodalen. Zur Mitte der Synode tagen manche Ausschüsse auch dann noch. Die Essenspausen sind meistens zwischen 30 und 60 Minuten lang. Das ist ein Grund, warum die Synode in den Maritim-Hotels tagt. Denn da sind erstens genug Sitzungsräume vorhanden, und zweitens liegen keine langen Wege zwischen Zimmer, Tagungsraum für Ausschüsse, Plenarsaal und Restaurant. Sonst wäre der Zeitplan der Synode nicht zu schaffen. Das hat aber auch zur Folge, dass die meisten Synodalen während der Synode nur zu den Gottesdiensten tatsächlich mal an die frische Luft kommen, weil die in Kirchen außerhalb sind. Aus meiner Beobachtung würde ich sogar sagen: Die Synodentage sind in dieser Form zu lang. Wenn die Synodalen auch noch verstreut wohnen und tagen würden, wie es in kleineren Hotels der Fall sein müsste, wäre das nicht zu schaffen.

Digitalisierung ist das entscheidende Gegenwartsthema

Meine dritte Beobachtung bezieht sich auf den Beschluss zu Digitalisierung, den die EKD-Synode gefasst hat. Es gab drei Themen, die die Synodalen am längsten und intensivsten diskutierten: die Auswertung des Reformationsjubiläums, die Frage, ob sich Kirchenmmitgliedschaft künftig verändern müsste, und die Digitalisierung. Das konkreteste Ergebnis hat die Digitalisierungsdebatte ergeben, weil der Beschluss mit einem konkreten Zeitplan und einem klaren Ziel gefasst wurde: Es soll einen konkreten Strategievorschlag geben, über den die Synode 2018 beschließen will. Die Auswertung des Reformationsjubiläums dagegen wird wohl noch länger dauern, da ist der Zeitplan unkonkret. Mein Eindruck von den Gesprächen am Rande der Tagung ist, dass das Digitalisierungs-Thema als die zentrale Zukunftsfrage verstanden wird. Denn sie berührt alle Fragen, die sich für die Kirchenzukunft sonst auch ergeben: Wie wird das Evangelium verbreitet? Was bedeutet "Kirchenmitglied sein"? Wie nehmen Menschen, die eher glaubensfern sind, aber trotzdem "Kirche" wollen, daran teil? Wie sieht Kirche in der aktuellen und zukünftigen Lebenswelt aus? Wie kann Kirche so sein, dass sie nicht nur als Besonderheit außerhalb des Alltags wahrgenommen wird - und wann muss das trotzdem noch sein? Was heißt dann "Gottesdienst"? Wie wird Kirche nicht als verstaubte Institution von vor 500 oder 2.000 Jahren wahrgenommen und kann die alte Botschaft trotzdem vertreten?

 Nicht alle Antworten auf diese Fragen lassen sich mit "Digitalisierung olé" beantworten. Heinrich Bedford-Strohm stellte zum Beispiel auf der Synode die Frage, warum die Kirche nicht auch wie Pampers bei jeder Geburt im Krankenhaus ein "Willkommenspaket" für die Eltern und das Kind bereithält. Die Antwort darauf ist keine digitale Form, sondern eine menschliche. Wenn die Kirche zwei oder drei hauptberufliche Seelsorger*innen in jedes Krankenhaus schickte, wäre auch bei jeder Geburt ein kirchliches Willkommen möglich. Initiativen wie "Fresh X" und kirche2 wissen, dass Digitales und Analoges zusammengehören und probieren entsprechend aus. Aber entscheidend wird sein, dass Kirche in den digitalen und technischen Zusammenhängen unseres Alltags nicht abgehängt wird. Das betrifft viel, viel mehr als nur Kommunikation, das hat die Synode in ihrem Beschluss deutlich gemacht und das war auch allen in den Diskussionen klar.

Danke Ihnen und euch allen übrigens für die Kommentare unter meinem Blogeintrag von vor der Synode zur Frage nach Lehren aus dem Silicon Valley! Ich fand die sehr konstruktiv, mit vielen klugen Gedanken und Ergänzungen zu meinen Überlegungen. Das zeigt mir mal wieder, dass es auch diesen Diskussionen gut tut, nach außen offen zu bleiben - und besonders freut mich übrigens, dass das Thema Partizipation auch in der Digital-Diskussion der EKD-Synode explizit als wichtig erachtet wurde. Das wird spannend.

Ich wünsche euch und Ihnen ein gesegnetes Wochenende!


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