Menschen in Not: Im Zweifel glauben

Helfer trägt Sandsäcke zur Vorbereitung auf Hochwasser
Foto: dpa/Bodo Marks
Notsituationen wie Hochwasser sind eine schwere Last und stellen den Menschen vor große Fragen - Antworten suchen viele im Glauben.
Menschen in Not: Im Zweifel glauben
Die unbändige Kraft der Natur: Hochwasser, Erdbeben, Vulkanausbrüche. Alles Ereignisse, in denen die Natur dem Menschen vor Augen führt, dass sie nicht zu beherrschen ist, sagt Katastrophenforscher Michael Voss – weder durch Technik, noch durch Geld. Für den Ernstfall kann man dennoch vorsorgen. Und beten kann man auch, sagt der Forscher.
11.06.2013
evangelisch.de

"Wir haben es mit einer Welt zu tun, die wir nie voll im Griff haben", sagt Michael Voss. Eigentlich habe der Mensch alles getan, um gefeit vor der Natur zu sein. Kommt es dann zu der Katastrophe, erfahren wir aber doch unsere Grenzen: "Uns ereilt ganz konkret etwas Größeres, das Unbestimmte, das man nie ganz durchdringen kann."

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Die Katastrophenforschung, so Voss, hat beobachtet, dass Menschen nach Notsituationen offener für Spiritualität sind. Menschen stellten sich in oder nach der Katastrophe Fragen, auf die sie im Alltag nicht kommen. "Fragen nach dem Sinn und der Zukunft, die großen Fragen der Menschheit und der Philosophie eben." Es setze ein Prozess ein, in dem man seinen bisherigen Lebensstil in Frage stellt: "Schließlich ist man ja dadurch in der Krise gelandet."

Antworten suchen die Menschen – teils unbewusst – eben auch in der Kirche. Gotteshäuser seien in der Not besser besucht, auch von denen, die sonst keine Kirchgänger sind. Auch wenn man es sich nicht immer eingestehe und zum Beispiel ein Konzert in der Kirche als Vorwand vorgibt: "Man sucht doch in solchen Momenten die Kirche, vor allem Gemeinschaft und Zusammenhalt."

"Im Zweifel glauben wir lieber mal"

Wie der Mensch die Natur sieht, hat sich immer wieder gewandelt. Naturreligionen bringen den Geistern der Natur Opfer. Tote hätten dann eine höhere Aufgabe, weil sie zu den Geistern gingen, erklärt Voss. Die Naturwissenschaft hingegen erklärt Naturphänomene rein rational und mit wissenschaftlichen Methoden. Einen anderen Aspekt liefere die Religion: "Das religiöse Bild von der Sintflut als Resultat menschlicher Schlechtigkeit steckt noch ganz tief drin im Menschen", sagt Voss. In der westlichen, einer eher aufgeklärten Welt, vermischen sich diese Denkweisen: Die Welt fügt sich uns nicht. Es herrschten stärkere Kräfte, so viel Unbestimmtes und Unbekanntes.

"Und am Ende steht immer der Tod. Das ist an sich schon unbegreiflich genug, da braucht es größere Antworten, als die, die uns die Technik oder Geld geben kann." Egal ob Atheisten oder Gläubige, so ein Restglaube stecke in jedem von uns, meint Voss: "In der Katastrophe bricht sich dieser Rest dann Bahn und gibt uns immer ein Stück Halt. 'Das was mir widerfahren ist, muss irgendeinen tieferen Sinn haben.' Im Zweifel glauben wir lieber mal an höhere Kräfte oder beten sogar."

Dass sich das Verhältnis des Menschen zu der Natur, mit der er lebt, sich stetig wandelt, entfacht Hoffnungen. Schließlich könne man auch die übergreifende Debatte zum Klimawandel als Zeichen sehen, dass ein Bewusstseinswandel im Gange ist, so Voss. "Und wer weiß, vielleicht ist das, was gerade passiert, auch wieder ein Quäntchen, das diesen Denkprozess wieder in eine andere Richtung lenkt."

Die positive Seite der Not

Doch so eine Notsituation habe auch positive Seiten, denn das Gemeinschaftsgefühl wachse: "Menschen in Not sind offener für Unterstützung und Helfer. Im Gegenzug sind sie auch bereiter zu geben." Diese Erfahrungen von sozialen Werten und Hilfe hallt nach, "bei manchen vielleicht ein Leben lang, bei vielen ist es doch wieder nach einigen Monaten abgeklungen und sie sind wieder da, wo sie vorher waren."

Allerdings: "Scheitern gehört immer dazu", mahnt Voss, abenso wie die Erfahrung von Sterblichkeit. "Die Welt lässt in der letzten Konsequenz eben Fragen offen, die niemand ganz beantworten kann."

Vor der Not: Planen

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So unzähmbar und unberechenbar die Natur auch sein kann, es gibt Möglichkeiten, sich auf den Ernstfall vorzubereiten. Dazu gibt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe praktische Tipps.

Man sollte beispielsweise Lebensmittel, die unbegrenzt oder längerfristig haltbar sind möglichst kühl, trocken, luftdicht und lichtgeschützt aufbewahren. (Lebensmittel, die nicht nicht mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum gekennzeichnet sind, sind länger als achtzehn Monaten haltbar.) Praktisch sind im Falle eines Stromausfalls Speisen, die man auch kalt essen kann. So setzt sich der 14-tägige Grundvorrat für eine Person zusammen.

Wasser und Hygiene

Alle größeren verfügbaren Gefäße, Badewannen und Waschbecken sollten mit Wasser gefüllt sein. Bei längerer Wasserknappheit Einweggeschirr und -besteck benutzen. Wasser kann durch Entkeimungsmittel über einen längeren Zeitraum lagerfähig gemacht werden. Auch eine Campingtoilette mit Toilettenpapier samt Ersatzflüssigkeit kann nützlich sein. Müllbeutel können auch für längere Zeit Abfälle aufnehmen, wenn der Müll nicht abgefahren wird. In die Hausapotheke gehören Mull-Kompressen mit Verbandsschere, Wunddesinfektionsmittel, Pflaster, Binden und ein Dreiecktuch, ebenso Medikamente, die regelmäßig eingenommen werden müssen. (Unbedingt alle Medikamente mit Schachtel und Beipackzettel aufbewahren und die Einnahme notieren.) Zusätzlich empfehlen sich: Erkältungsmittel,Fieberthermometer, Schmerzmittel, Splitterpinzette, Mittel gegen Durchfall, Hautdesinfektionsmittel, Mückenstich- und Sonnenbrandsalbe. (Kein Verfallsdatum ist angegeben, wenn die Medikamente mehr als fünf Jahren haltbar sind.)

Energie

Sollte die Energieversorgung ausfallen, lassen sich kleinere Mahlzeiten auch mit einem Spiritus- oder Brennstoffkocher, wahlweise auch mit dem Holzkohlegrill, zubereiten. Wer mit Kohle, Briketts oder Holz heizt, sollte für den Notfall diese Brennstoffe bevorraten. Fällt der Strom aus, lässt sich mit Kerzen, Taschenlampen oder Petroleumlampen Licht machen. Ersatzbirnen für Taschenlampen, Batterien, Streichhölzer und Feuerzeuge nicht vergessen.

Das Radio sollte auch mit Batterien laufen. So kommt man unabhängig von der externen Stromversorgung an aktuelle Informationen zur Lage.

Information und Notgepäck

Es empfiehlt sich, rechtzeitig ein Notgepäck packen. Dort hinein gehören das Erste Hilfe Material mit persönlichen Medikamenten und Hygieneartikeln, ein Radiogerät mit UKW und Mittelwelle samt Reservebatterien. Unbedingt die wichtigen persönliche Dokumente wasserdicht verpacken und Verpflegung für zwei Tage einpacken. Dazu sind eine Wasserflasche, Essgeschirr, -besteck und Dosenöffner ebenso ratsam wie ein Taschenmessner, Thermoskanne, Becher und Taschenlampe. Zum Schlafen eignen sich Schlafsack, (Woll)Decke und Iso-Matte. Strapazierfähige Kleidung, eventuell Schutzkleidung, und Gummistiefel, derbes Schuhwerk und Arbeitshandschuhe kommen mit in das Notgepäck.

Dokumente

Alle wichtigen Dokumente, wie das Stammbuch, Bescheinigungen zu Rente und Einkommen, Sparbücher, Aktien, Fahrzeugbrief sollten in eine Sammelmappe mitsamt den Versicherungspolicen, Zahlungsbelege für Versicherungsprämien, insbesondere der Rentenversicherung, Wichtig sind auch Zeugnisse, Verträge, Grundbuchauszüge, Testament und Patientenverfügung. Für einen Notfall sollte ihr Aufbewahrungsort jedem Familienmitglied bekannt sein. Beglaubigte Kopien wichtiger Dokumente lassen sich auch bei Freunden, Verwandten, Anwälten oder Banken hinterlegen.