Die Herzen fliegen Papst Leo XIV. an diesem Sonntag zu. Eine Gruppe von 55 Kindern aus dem norditalienischen Padua, die zur feierlichen Amtseinführung des Papstes nach Rom gereist ist, hält Plakate mit selbst gebastelten roten Herzen darauf hoch. "Viva il Papa", es lebe der Papst, rufen die 12- und 13-Jährigen, als Robert Francis Prevost im offenen Papamobil auf der Via della Conciliazione an ihnen vorbeifährt.
Es ist das erste Mal, dass der neue Papst diese Runde auf dem Petersplatz und der daran anschließenden Prachtstraße bis kurz vor die Engelsburg dreht. Etwa 200.000 Menschen sind zur Messe seiner Amtseinführung und dem anschließenden Angelus-Gebet zum Vatikan gekommen.
"Wir wollten ihm unsere Herzen geben, unsere ganze Liebe und Zuneigung", erzählt Schwester Mercy, die Leiterin der Gruppe aus Padua. Sie hätten großes Glück gehabt, so nah an der Absperrung zu stehen. "Als Papst Leo eben nur einen Meter entfernt an uns vorbeigefahren ist, hat mein Herz wirklich sehr schnell geschlagen", sagt die indische Ordensschwester.
Etwa eine Dreiviertelstunde nach der Tour im Papamobil schreitet Leo XIV. sichtlich bewegt vom Petrusgrab im Petersdom zu dem vor der Basilika aufgebauten Altar. Am 8. Mai hatten die Kardinäle in der Sixtinischen Kapelle den 69-Jährigen zum Nachfolger von Papst Franziskus gewählt. Seit diesem Zeitpunkt ist Robert Francis Prevos offiziell das Oberhaupt der katholischen Kirche. Die Messe zur Einführung ins Amt ersetzt die früher zelebrierte Zeremonie der Inthronisierung. Diese wurde von Papst Johannes Paul II. 1978 abgeschafft.
"Ich komme zu euch als ein Bruder"
Am Sonntag hat Leo XIV. auch die päpstlichen Insignien überreicht bekommen. Das Pallium, die Wollstola mit sechs eingestickten schwarzen Seidenkreuzen, wird ihm von dem italienischen Kardinal Mario Zenari aufgelegt. Es ist das Symbol des Bischofs als guter Hirte.
Nach der Übergabe der Insignien wendet sich Papst Leo XIV. in seiner Predigt an die Menschen auf dem Platz: "Ich wurde ohne jegliches Verdienst ausgewählt und komme mit Furcht und Zittern zu euch als ein Bruder, der sich zum Diener eures Glaubens und eurer Freude machen und mit euch auf dem Weg der Liebe Gottes wandeln möchte, der möchte, dass wir alle eine einzige Familie sind."
Wie schon in den vergangenen Tagen ruft Leo auch an diesem Sonntag zur Einheit auf: "In unserer Zeit erleben wir noch immer zu viel Zwietracht, zu viele Wunden, die durch Hass, Gewalt, Vorurteile, Angst vor dem Anderen und durch ein Wirtschaftsmodell verursacht werden, das die Ressourcen der Erde ausbeutet und die Ärmsten an den Rand drängt."
Mehr als 150 Delegationen aus aller Welt
Auf der Via delle Conciliazione hat Schwester Mercy Tränen in den Augen. "Der Heilige Geist, der ihn auserwählt hat, wird ihn auf den richtigen Weg führen", sagt sie. Sie sehe, dass Papst Leo den Weg seines Vorgängers Franziskus fortsetze. "Wir spüren jetzt schon seine Spiritualität, seine Liebe zu den Armen und Bedürftigen", sagt die Ordensschwester und versucht trotz aller Ergriffenheit, die 50 norditalienischen Schulkinder im Auge zu behalten.
Zum Jubel am Ende der Zeremonie halten viele die Flaggen ihrer Heimatländer hoch. Viele schwenken die US-Flagge, und auch die peruanische ist an diesem Sonntag in Rom omnipräsent: Prevost war rund 20 Jahre als Missionar und später als Bischof in Peru tätig und hat außer der US-amerikanischen auch die peruanische Staatsbürgerschaft.
Neben den Tausenden Gläubigen sind Monarchen, Staats- und Regierungschefs aus aller Welt nach Rom gekommen, um auf dem Petersplatz den neuen Papst im Amt zu begrüßen. In einer langen Schlange reihen sich die mehr als 150 Delegationen nach der Messe im Petersdom auf, um dort von Leo XIV. persönlich empfangen zu werden.
Aus Deutschland sind Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) und Bundesratspräsidentin Anke Rehlinger (SPD) nach Rom gereist. Die Deutsche Bischofskonferenz wird von ihrem stellvertretenden Vorsitzenden, Bischof Michael Gerber, vertreten. Aus den USA sind Vizepräsident J. D. Vance und Außenminister Marco Rubio nach Rom gekommen.
Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist anwesend. Er trifft Leo am Rande auch zu einer Audienz, wie Fotos belegen, die die Pressestelle des Vatikans veröffentlicht hat. Kurz darauf schreibt Selenskyj auf dem Kurznachrichtendienst X: "Wir sind dankbar für die Worte über die Notwendigkeit eines gerechten Friedens für die Ukraine und unser Volk. Jede Nation verdient es, in Frieden und Sicherheit zu leben." Wie Papst Franziskus vor ihm, hatte auch Leo im Angelus-Gebet auf das Schicksal der "gemarterten Ukraine" hingewiesen.