Präses Latzel warnt vor AfD und fordert mehr Hilfe für Arme

Thorsten Latzel als Person
© Rolf Vennenbernd/dpa
Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, bei der Synode.
Rechtsextremismus
Präses Latzel warnt vor AfD und fordert mehr Hilfe für Arme
Rassistisch, antidemokratisch und ein Widerspruch zum christlichen Glauben: Eindringlich warnt der rheinische Präses Latzel in seinem Jahresbericht vor der AfD. Auch der Chef der NRW-Staatskanzlei sieht Anlass zur Sorge.

Mit Blick auf die Landtagswahlen in diesem Jahr und ein Treffen von AfD-Politikern mit Neonazis hat der rheinische Präses Thorsten Latzel nachdrücklich vor der AfD gewarnt. Die in drei Bundesländern als gesichert rechtsextremistisch geltende Partei sei rassistisch, diskriminierend und frauenfeindlich, sagte er am Montag in Düsseldorf vor der Synode der Evangelischen Kirche im Rheinland. Auch der Chef der NRW-Staatskanzlei, Nathanael Liminski (CDU), zeigte sich besorgt über das Treffen ranghoher AfD-Politiker mit Rechtsextremen. Es könne "eine Zündschnur sein, die ganz anderes zur Explosion bringt", warnte er vor der Synode.

Präses Latzel sagte in seinem Jahresbericht, die AfD stehe für die Aufhebung des Rechtsstaats und demokratischer Freiheitsrechte und spalte die Gesellschaft, anstatt sie zu einen. Sie schüre Ängste und Hass, widerspreche Menschenrechten und nivelliere die Verbrechen der NS-Zeit. Kleine Leute wolle sie schwächen und Reiche reicher machen. "Die Grundhaltung dieser Partei widerspricht zutiefst dem christlichen Glauben", betonte der leitende Theologe der rheinischen Kirche und fügte unter großem Applaus der Synodalen hinzu: "Die AfD ist keine Alternative, sie wäre der Abstieg für Deutschland."

In diesem Jahr wird das Europaparlament neu gewählt, zudem finden in Sachsen, Thüringen und Brandenburg Landtagswahlen statt. Die AfD erzielt seit geraumer Zeit in Wahlumfragen hohe Zustimmungswerte. Latzel verwies auch auf die anstehenden Wahlen in den USA und warnte, es gebe "weltweit starke demokratiefeindliche Kräfte". Das Recherchezentrum "Correctiv" hatte am Mittwoch über ein Treffen von ranghohen AfD-Politikern, Neonazis und spendenwilligen Unternehmern berichtet, bei dem es um einen Plan zur Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland gegangen sei.

Kirche wird als Sinnstifter gebraucht

Latzel beklagte insgesamt einen Verlust demokratischer Bindungskräfte in der Gesellschaft: "Der Rückgang von Parteien, Gewerkschaften, Kirchen, Vereinen ist dafür ein Zeichen." Es müsse mehr miteinander geredet werden.

Staatskanzlei-Chef Liminski sieht derzeit insgesamt ein "toxisches Gemisch" in der Gesellschaft. Er verwies auf soziale Sorgen, Kriege und rechtsextreme Umtriebe. Die demokratische Mitte müsse in einer solchen Situation Farbe bekennen und aufstehen. Kirche werde in diesen Zeiten als Orientierungsgeber, Sinn- und Gemeinwohlstifter gebraucht.

Latzel kritisierte in seinem Bericht antisemitische Ausschreitungen nach dem Terrorangriff der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel. "Antisemitismus ist Gotteslästerung", sagte er, wie aber auch auf das Leiden der Zivilbevölkerung im Gaza-Streifen hin. Millionen Menschen seien dort auf der Flucht und erlebten eine humanitäre Katastrophe. Israel habe das Recht, seine Bevölkerung zu schützen, betonte der rheinische Präses. Zugleich sei aber das humanitäre Völkerrecht zu wahren.

Latzel fordert ein Umverteilen in der Gesellschaft

Auch die sozialen Sorgen vieler Menschen, die kaum über die Runden kämen, sprach Latzel an und forderte "ein Umsteuern und Umverteilen in unserer Gesellschaft". Kirche und Diakonie merkten die Folgen von Armut unmittelbar in ihrer Arbeit: "Tafeln sind bei uns so überlaufen, dass sie einen Aufnahmestopp verhängen müssen." Der Sozialstaat müsse erhalten werden, dies sei "ein Gebot der Nächstenliebe".

Mit Blick auf die kirchlichen Reformdebatten riet Latzel, sich künftig stärker auf die Kernaufgaben zu konzentrieren und Strukturen für eine kleiner werdende Kirche zu schaffen. "Unsere Aufgabe ist es, das Evangelium in die nächste Generation weiterzugeben", sagte er. Dazu brauche es "resiliente Strukturen, die auch dann noch funktionieren, wenn wir nur noch die Hälfte sind". Die Frage sei: "Wie können wir unter grundlegend anderen Bedingungen Kirche für Andere sein?"

Nötige Reformen angesichts sinkender Mitgliederzahlen und schwindender Finanzkraft sind Hauptthema der Synode, die bis Freitag tagt. Am Dienstag und Mittwoch befassen sich die rund 200 Mitglieder des Leitungsorgans in nichtöffentlichen Arbeitsgruppen und Workshops intensiv mit Veränderungen und Zukunftsfragen wie Nachwuchsgewinnung, Mitgliederbindung und neue Gemeindeformen.