Konzertbrigade kämpft mit Musik gegen den Krieg

Pianistin Maryna Vasylyeva mit Musikern
© Olha Kavitskaya
Pianistin Maryna Vasylyeva (sitzend) zog aus ihrer ukrainischen Heimat nach Hamburg und spielt mit 10 Musikern und Kindern ukrainische Musik, vor allem Volkslieder und Popsongs aus den 60er- und 70er-Jahren. Mit ihrer Musik möchte sie ihre Stimme gegen den Krieg erheben.
Ukrainische Klänge in Hamburg
Konzertbrigade kämpft mit Musik gegen den Krieg
Vor 20 Jahren kam die Pianistin Maryna Vasylyeva aus ihrer ukrainischen Heimat nach Hamburg. Seit vor einem Jahr Russland den Krieg gegen die Ukraine begann, macht sie Musik gegen den Krieg. evangelisch.de hat mit ihr gesprochen.

Mats Nowak: Als der Krieg ausgebrochen ist, hast Du die Konzertbrigade ins Leben gerufen. Wie kam es dazu?

Maryna Vasylyeva: Ich habe sehr schnell nach dem Ausbruch des Krieges begonnen, mich an Demonstrationen, zum Beispiel vor dem russischen Konsulat in Hamburg, zu beteiligen und habe da Musik gemacht. Ich habe Klavier gespielt und eine Sängerin hat unter anderem die ukrainische Nationalhymne gesungen. Bald danach kam der Kontakt mit einer Sängerin zustande, die aus Charkiw nach Deutschland gekommen ist. Mit ihr und einem weiteren Musiker am Schlagzeug haben wir dann im März unser erstes Benefizkonzert gespielt. Schnell kamen, als immer mehr Ukrainer:innen Schutz in Deutschland suchten, mehr Menschen dazu. Mittlerweile sind wir zehn Musiker:innen. Darunter sind auch vier Kinder zwischen acht und zwölf Jahren.

Welche Musik spielt ihr mit der Konzertbrigade?

Maryna Vasylyeva: Wir spielen vor allem ukrainische Musik. Volkslieder und Popsongs aus den 60er- und 70er-Jahren, mit denen wir aufgewachsen sind und die wir alle kennen. Wir spielen aber auch Jazz und englische Songs, zum Beispiel den "Earthsong" von Michael Jackson oder "I want to break free" von Queen.

Was möchtet Ihr mit der Konzertbrigade erreichen?

Maryna Vasylyeva: Wir kämpfen mit Musik. Wir können von hier natürlich keinen direkten Einfluss auf den Krieg nehmen. Aber mit der Musik können wir unsere Stimme gegen diesen Krieg erheben.

"Wir können so unsere ukrainische Kultur den Menschen hier näher bringen und ihnen zeigen, was Russland gerade zerstört."

Außerdem haben viele, die hier Schutz suchen und ihr zuhause verloren haben, auf der Bühne und in der Musik ein neues Zuhause gefunden. Es ist auch eine Möglichkeit, die traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten, die durch den Krieg entstanden sind. Zusätzlich können wir so unsere ukrainische Kultur den Menschen hier näher bringen und ihnen zeigen, was Russland gerade zerstört.

Wie hat der Krieg Euer Leben und das Eurer Familien verändert?

Maryna Vasylyeva: Natürlich hat sich alles verändert. Viele haben alles verloren und mussten Schutz weit weg von ihrer Heimat suchen. Sie mussten ihr bisheriges Leben komplett aufgeben und sich auf den Weg machen, um sich zu schützen. Eine unserer Musikerinnen konnte mit ihrer Familie gerade noch rechtzeitig ihre Heimat verlassen. Eine halbe Stunde später war bereits alles zerstört und viele Menschen im Ort waren tot. Zu Beginn des Krieges hat meine Mutter noch in der Ukraine gelebt. Durch die Blackouts hatte sie einen Unfall in ihrer Wohnung, an dem sie dann gestorben ist.

Du leitest noch ein weiteres ukrainischen Ensemble, den Volkschor. Wie ist der Chor entstanden?

Maryna Vasylyeva: Wir haben vor Weihnachten in der Innenstadt in Hamburg mit ungefähr 50 ukrainischen Musiker:innen, Profis und Amateure, weihnachtliche Musik gesungen. Davon treffen sich jetzt noch ungefähr 20 zu regelmäßigen Proben, um ukrainische Musik zu singen. Darunter auch das Volkslied "Schedryk" von dem der Chor auch seinen Namen hat und was viele bestimmt unter dem englischen Titel "Carol of the bells" kennen.

Wie steht Ihr zu den Hilfen der anderen Länder?

Maryna Vasylyeva: Wir sprechen fast gar nicht darüber. Wir möchten Musik machen. Aber über ein paar Zusagen haben wir uns schon gefreut.

* Maryna Vasylyeva und Mats Nowak kennen sich durch die gemeinsame kirchenmusikalische Arbeit. Deshalb wurde das Interview in der "Du"-Form geführt.