Theologin Bahr fordert Wartelisten für übrig gebliebene Impfdosen

Impfreihenfolge für gefährdete Personengruppen ändern
©epd-bild/Jens Schulze
Petra Bahr hat Wartelisten für Menschen gefordert, die übrig gebliebene Corona-Impfdosen erhalten sollen. Infrage kämen etwa Sozialarbeiter, die mit Obdachlosen arbeiteten, Beschäftigte in der Jugendhilfe, Polizistinnen und Polizisten, jüngere Menschen mit Vorerkrankungen oder schweren körperlichen Beeinträchtigungen.
Theologin Bahr fordert Wartelisten für übrig gebliebene Impfdosen
Die evangelische Theologin und Ethik-Expertin Petra Bahr hat Wartelisten für Menschen gefordert, die übrig gebliebene Corona-Impfdosen erhalten sollen. Dazu könnten Personengruppen mit einem hohen Infektionsrisiko gehören, sagte Bahr am Dienstagabend in der ZDF-Talkshow "Markus Lanz".

Infrage kämen etwa Sozialarbeiter, die mit Obdachlosen arbeiteten, Beschäftigte in der Jugendhilfe oder Polizistinnen und Polizisten, sagte Bahr. Auch jüngere Menschen mit Vorerkrankungen oder schweren körperlichen Beeinträchtigungen könnten auf solchen Listen stehen.

Macht und Einfluss hingegen dürften nicht dazu führen, dass Menschen beim Impfen einen Vorteil hätten, betonte Bahr. "Das schädigt das Vertrauen sowohl in die Impfkampagne als auch in das politische System." Bahr ist Regionalbischöfin in Hannover und Mitglied des Deutschen Ethikrats. "Die Kraftanstrengungen, mehr und schneller zu impfen, müssen deutlich zunehmen", mahnte sie.

Dass es vielerorts keine Wartelisten für überzählige Impfdosen gebe, sei ein "Organisationsversagen", kritisierte die Theologin. "Wir haben in Deutschland normalerweise für alles Wartelisten." Aber in diesem Fall seien die Organisatoren offenbar nicht vorbereitet. Als positives Beispiel nannte Bahr ein Projekt der Stadt Duisburg, bei dem Interessenten aus hohen Priorisierungsgruppen per SMS ein spontanes Impfangebot gemacht werde, wenn sie innerhalb weniger Minuten zum Impfen kommen könnten.

"Kein schlechterer, aber leicht dümmerer Mensch"

Bahr spricht sich auch für den von vielen verschmähten Anti-Corona-Impfstoff von Astrazeneca aus. Sie hält ihn für wesentlich besser als seinen Ruf. "Ich würde mich sofort mit diesem Impfstoff impfen lassen", sagte sie in einem Radio-Interview des Evangelischen Kirchenfunks Niedersachsen-Bremen (Mittwoch). Es sei tragisch, dass es so viele Falschinformationen um diesen Impfstoff gebe: "Es ist ein Impfstoff, der in vielerlei Hinsicht sogar erprobter ist und der besser wirkt." Bahr ist Regionalbischöfin in Hannover und Mitglied des Deutschen Ethikrats.

Die Nutzung des Impfstoffs aus britisch-schwedischer Produktion sei keine moralische Frage, sagte sie. Wer dieses Präparat ablehne, weil es vermeintlich nicht so gut wirke, sei kein schlechterer Mensch. "Aber vielleicht ein leicht dümmerer Mensch, denn dieser Impfstoff ist überhaupt nicht schlechter."

Obwohl zurzeit noch viele Dosen von Astrazeneca ungenutzt in Deutschland lagerten, halte sie nichts davon, den Impfstoff für alle Menschen freizugeben, sagte die Theologin: "Weil es noch sehr viele Menschen gibt ganz weit oben in der Priorisierungsliste, die diesen Impfstoff gerne haben würden." Wenn der Stoff für jede und jeden zur Verfügung stünde, stelle sich die Frage, wer sich dabei am Ende durchsetzen werde.