Solidarität nach antisemitischem Anschlag in Hamburg

Mahnwache vor Synagoge in Hamburg nach Anschlag
©Jonas Walzberg/dpa
Mit einer Mahnwache hatten am Abend des 5.10.2020 rund 200 Menschen ein Zeichen der Solidarität mit der Jüdischen Gemeinde gesetzt.
Solidarität nach antisemitischem Anschlag in Hamburg
Bürgermeister Tschentscher kündigt Antisemitismusbeauftragten an
Ein Jahr nach dem Anschlag in Halle wurde in Hamburg ein jüdischer Student vor der Synagoge niedergeschlagen. Die Forderungen am Tag danach ähneln sich: mehr Schutz für jüdische Einrichtungen und mehr Engagement gegen Antisemitismus. Die Landesbischöfin der Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, twitterte: "Wir müssen immer wieder zusammenstehen gegen Antisemitismus - damit Jüdinnen und Juden in Sicherheit leben können."

Vertreter aus Politik, Judentum und Kirchen haben mit Trauer und Bestürzung auf den Anschlag vor der Synagoge in Hamburg-Eimsbüttel reagiert. Ein 26-jähriger jüdischer Student wurde hier am Sonntag mit einem Klappspaten angegriffen und schwer verletzt. Rund 150 Menschen gedachten am Montag am frühen Abend mit einer Mahnwache vor der Synagoge des Opfers.

Hamburg stehe fest an der Seite der jüdischen Mitbürger, sagte Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). Er kündigte an, der Senat werde mit den Jüdischen Gemeinden einen Antisemitismusbeauftragten auswählen. Notwendig sei eine langfristige Strategie gegen die Ursachen von religiös oder politisch motivierter Gewalt. Hamburgs Landesrabbiner Shlomo Bistritzky forderte: "Wir möchten jetzt keine Solidarität, wir wollen Taten!".

Polizei geht von einem Einzeltäter aus

Das Hamburger Landeskriminalamt und die Generalstaatsanwaltschaft werten den Angriff als versuchten Mord mit antisemitischem Hintergrund. Der Staatsschutz habe daher die Ermittlungen an sich gezogen, hieß es. In der Hosentasche des 29-jährigen mutmaßlichen Täters sei ein Zettel mit einem handschriftlich gemalten Hakenkreuz gefunden worden. Der psychisch verwirrte Mann sei bislang polizeilich nicht in Erscheinung getreten. Die Polizei geht von einem Einzeltäter aus.

Der Deutsche mit kasachischen Wurzeln wurde unmittelbar nach der Tat festgenommen. Nach Polizeiangaben wurden bei ihm Papiere mit einer Anschrift in Berlin gefunden. Die Überprüfung habe jedoch ergeben, dass er dort seit 2019 nicht mehr wohnt. Ermittelt wurde eine Wohnung in Hamburg-Langenhorn, in der er sich unangemeldet aufhielt. Sie wurde noch in der Nacht zum Montag durchsucht. Dabei wurden Datenträger sichergestellt, deren Auswertung andauert.

Der jüdische Student konnte sich nach dem Angriff am Sonntag in Sicherheit bringen und wurde mit Kopfverletzungen in ein Krankenhaus eingeliefert. Nach Presseberichten erlitt er einen Schädelbruch. Akute Lebensgefahr bestehe jedoch nicht.

"Gegen jede Form von Hassverbrechen"

Die Bundesregierung verurteilte den Anschlag. Nach den Worten von Regierungssprecher Steffen Seibert handelt es sich hier nicht um einen Einzelfall. "Es ist beschämend, dass ein Bürger jüdischen Glaubens auf offener Straße in Deutschland attackiert wird." Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sprach von einem "widerlichen Antisemitismus".

Der Zentralrat der Juden forderte verbesserte Sicherheitsmaßnahmen vor jüdischen Einrichtungen. "Wir erwarten von der gesamten Gesellschaft, dem Hass gegen Juden entschieden entgegenzutreten", forderte Präsident Schuster. "Juden müssen in Deutschland ohne Angst leben können", sagte Peter Harry Carstensen (CDU), Antisemitismusbeauftragter von Schleswig-Holstein.

Kristina Kühnbaum-Schmidt, Landesbischöfin der Nordkirche, twitterte: "Wir müssen immer wieder zusammenstehen gegen Antisemitismus - damit Jüdinnen und Juden in Sicherheit leben können." Auch das Interreligiöse Forum Hamburg äußerte sich bestürzt. "In Gedanken und Gebeten sind wir bei unseren jüdischen Geschwistern", sagte Hamburgs evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs, Vorsitzende des Forums. "Wir stehen zusammen gegen Antisemitismus und jede Form von Hassverbrechen."