Tote und Verletzte nach Fahrt in Menschengruppe in Münster

In Münster sind am Samstag mehrere Menschen gestorben, als ein Auto in eine Menschenmenge fuhr.
Foto: Ina Fassbender/dpa
Viele Trauernde nahmen am Sonntag an einem ökumenischen Gottesdienst im Dom teil. In Münster sind am Samstag mehrere Menschen gestorben, als ein Auto in eine Menschenmenge fuhr.
Tote und Verletzte nach Fahrt in Menschengruppe in Münster
Bei der Fahrt eines Campingbusses in eine Gruppe von Menschen vor einem Lokal in Münster sind nach Angaben der Polizei zwei Menschen getötet und mehr als 20 Menschen verletzt worden, einige von ihnen schwer. Der Fahrer des Wagens erschoss sich. Bei dem Mann soll es ich um einen 48-Jährigen aus Münster handeln, wie die Staatsanwaltschaft am Sonntag mitteilte. Bundesregierung, Landesregierung und die Kirchen äußerten Bestürzung über den Vorfall vom Samstagnachmittag. Am Sonntagabend sollte ein ökumenischer Gottesdienst im Münsteraner Dom stattfinden.

Das Gelände um das Lokal wurde am Samstagnachmittag und -abend weiträumig abgesperrt. Es sei ein verdächtiger Gegenstand im Auto gefunden worden, der von Spezialisten untersucht wurde. Weitere Lokale und Kneipen rund um den Domplatz mussten schließen.

An dem Ort vor dem Lokal war ein Team aus Notfallseelsorgern und Notfallbegleitern im Einsatz, wie die im Bistum Münster für die Notfallseelsorge zuständigen Pfarrerin Alexandra Hippchen dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte. Die Seelsorger hätten sich um die Menschen unmittelbar vor Ort gekümmert. Zu den Aufgaben gehöre auch, Polizisten bei der Überbringung von Todesnachrichten zu begleiten.

Bei den Opfern handelt es sich um eine 51-jährige Frau aus dem Kreis Lüneburg und einem 65-jähriger Mann aus dem Kreis Borken, wie Polizei und Staatsanwaltschaft Münster am Sonntag bekanntgaben. Bislang lägen keine Hinweise auf den Hintergrund der Tat vor. Die Ermittlungen würden mit Hochdruck und in alle Richtungen geführt.

Hintergründe weiterhin unklar

Bei einem Besuch am Tatort sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Sonntag, bislang gebe es starke Hinweise darauf, dass es sich um einen Einzeltäter handele und dass es keinen Bezug zur Terrorszene gebe. Dennoch müsse weiter aufgeklärt werden, um alle Eventualitäten auszuschließen, sagte Seehofer.

Kerzen werden von Rettungskräften des ASB im Dom verteilt, kurz vor Beginn eines Trauergottesdienstes am Sonntag.
Der Bundesminister besuchte gemeinsam mit dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet, Landesinnenminister Herbert Reul und Oberbürgermeister Markus Lewe (alle CDU) den Ort, an dem am Samstagnachmittag ein Campingbus in eine Menschenmenge gesteuert wurde. Zwei Menschen wurden zu Todesopfern der Amokfahrt, Dutzende wurden verletzt. Der Fahrer tötete sich selbst. Die Politiker hielten am Tatort in stillem Gedenken inne und legten Blumen ab.

Laschet kündigte an, dass am Montag die Opferschutzbeauftragte der Landesregierung, Elisabeth Auchter-Mainz, nach Münster kommen werde. Sie werde den Familien und "jedem, der jetzt Hilfe braucht", zur Verfügung stehen, sagte er. Nach Angaben des Ministerpräsidenten sind auch Niederländer unter den Opfern.

Innenminister Reul sagte, die Ermittlungen zu den Hintergründen der Tat würden noch Stunden oder Tage in Anspruch nehmen. Reul und Bundesinnenminister Seehofer dankten neben den Rettungs- und Einsatzkräften auch ausdrücklich den Medien. Sie hätten sich "sehr verantwortlich" verhalten, sagte Seehofer.

Der Täter ist den Angaben zufolge ein Deutscher. Ein islamistischer Hintergrund könne mit hoher Sicherheit ausgeschlossen werden, sagte Reul. Laschet dankte den Münsteranern auch für deren besonnene Reaktion nach dem Attentat. Er hätte es begrüßt, wenn dies "auch die erreicht hätte, die gestern ganz schnell bei Twitter und anderswo wieder das Hetzen begonnen haben", sagte er. In sozialen Netzwerken wurde am Samstag noch vor ersten offiziellen Informationen spekuliert, ob der Täter ein Flüchtling ist. Über Twitter hatte die Polizei Münster deshalb am Samstag immer wieder an die Bevölkerung appelliert:

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Ökumenischer Gottesdienst im Dom

In dem ökumenischen Gottesdienst um 19.30 Uhr im Münsterer St.-Paulus-Dom solle "für all diejenigen gebetet werden, deren Leben durch die Vorfälle am Samstag auf so schreckliche Weise aus den Angeln gehoben wurde", kündigte das Bistum Münster an. Dem Gottesdienst vorstehen sollte der Münsteraner Bischof Felix Genn. Eingeladen haben das Bistum Münster, der Evangelische Kirchenkreis Münster, das Stadtdekanat und die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Münster. Der Gottesdienst wird auf der Facebook-Seite sowie der Homepage des Bistums Münster live übertragen.

Bischof Genn äußerte sich bestürzt über den Vorfall und rief zum Gebet auf. "Ich bin zutiefst erschüttert und fassungslos", erklärte Genn am Samstagabend. Genn sagte, die Menschen hätten den ersten Frühlingstag genossen, und dann geschehe so etwas. Auch wenn die genauen Hintergründe noch nicht bekannt seien, sei der Vorfall schrecklich. "In meinen Gedanken und Gebeten bin ich bei den Opfern und ihren Familien", erklärte der Bischof. Er rief die Menschen im Bistum Münster auf, sich miteinander im Gebet für die Opfer zu verbinden. Genn dankte den Einsatzkräften der Polizei sowie den Notfallseelsorgern vor Ort.

Die Deutsche Bischofskonferenz äußerte ebenfalls ihre Anteilnahme. Seine Gedanken und Gebete seien in diesen schweren Stunden bei den Opfern, den Verletzten und ihren Angehörigen, schrieb der Vorsitzende Reinhard Marx am Sonntag.

Anteilnahme und Mitgefühl

Auch die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, hat nach der Amokfahrt in Münster ihre Anteilnahme ausgesprochen und eine große Solidarität gewürdigt. Es blieben tiefes Erschrecken, Fragen und Angst, erklärte Kurschus am Sonntag in Bielefeld. Zugleich mahnte sie, nicht aus Angst durch vorschnelle Verurteilungen ein Klima des Hasses zu schüren. Die ungelösten Fragen sollten nicht zu schädlichen Spekulationen verlocken: "Dass das Unbegreifliche uns nicht in Hass und Verachtung treibt", schrieb Kurschus, die auch stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ist.

Menschen am Platz vor dem "Kiepenkerl," kurz nachdem ein Fahrzeug am Samstag in das Straßencafe gefahren war.

Aus buchstäblich heiterem Frühjahrshimmel habe sich der Vorfall wie eine dunkle Wolke über die Menschen vor Ort gelegt, erklärte die leitende Theologin der viertgrößten evangelischen Landeskirche. "Plötzlich sind dort, wo man eben noch gemeinsam in der Sonne saß, Tote, schwer Verletzte, Schockierte. Menschen in Lebensgefahr, in Angst, in Trauer", schrieb Kurschus. Es habe auch aber auch viele Menschen gegeben, die sofort helfen wollten. Sie bete für alle, die unmittelbar betroffen seien, erklärte Kurschus weiter. Sie bitte um Kraft für die Menschen, die als Helfer im Einsatz seien. "Und ich bitte für uns alle: Dass die Liebe uns hilft beizustehen, wo wir können."

Auch der Münsteraner Superintendent Ulf Schlien äußerte Bestürzung und rief zugleich zur Besonnenheit auf. Nun gelte es, der Angst und Unruhe zu begegnen. "Wir müssen das schlimme Ereignis in allen Facetten wahrnehmen und begreifen", erklärte er auf der Internetseite des Kirchenkreises. "Dafür wollen wir als evangelische Kirche mit unseren ökumenischen Partnern Türen öffnen und laden zu verschiedenen Gottesdiensten und Andachten ein, damit Menschen nicht allein bleiben."

Die Bundesregierung, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sowie mehrere Minister zeigten sich ebenfalls betroffen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte zutiefst erschüttert und dankte allen Einsatzkräften vor Ort. Steinmeier sagte in Berlin, sein tiefes Mitgefühl gelte "allen, die einen geliebten Menschen verloren haben und in tiefer Sorge sind".

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sprach von einem "schrecklichen Vorfall in Münster". Die Sicherheitsbehörden des Bundes seien im engen Austausch mit den Behörden in Nordrhein-Westfalen. Seehofer wollte sich am Sonntag gemeinsam mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet ein Bild der Lage vor Ort machen.

Laschet (CDU) schrieb auf Twitter: "Ein trauriger, ein schrecklicher Tag für unser Land!". Auch NRW-Landtagspräsident André Kuper (CDU) äußerte seine Anteilnahme. Der Münsteraner Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU) erklärte: "Ganz Münster ist entsetzt über die menschenverachtende Gewalt, die unsere Stadt aus heiterem Himmel getroffen hat." Die Stadt trauere um die Opfer und wünsche den Verletzten eine baldige Genesung.