Gott will das nicht

Gott will das nicht
Die AfD meinte zu Ostern, ihre hohen Umfrageergebnisse seien Gottes Wille.

„Gott will es! AfD stärkste Partei im Osten!“ So schrieb der AfD-Kreisverband Saalekreis ausgerechnet am Ostersonntag. „Gott will es!“ – so haben schon immer Menschen versucht, ihre eigene Position ultimativ zu rechtfertigen. Papst Urban II begründete damit den ersten Kreuzzug. „Deus vult!“, Gott will es: mit diesem Schlachtruf zogen die Kreuzritter ins Heilige Land. Die AfD dürfte sich wohl ziemlich eindeutig auf diesen fast 1000 Jahre alten Ausspruch beziehen. Schließlich wähnen sich manche ihrer Parteianhänger in einem Kreuzzug gegen die vermeintliche „Invasion“ durch muslimische Glaubensanhänger. 

Immer wieder begründeten Menschen ihre Handlungen mit Gottes Willen. Heinrich Institoris, der Autor des mittelalterlichen Bestsellers „der Hexenhammer“, einer Anleitung zur Hexenverfolgung, war auch davon überzeugt, Gottes Willen zu dienen. Und selbst die „Deutschen Christen“ im Dritten Reich waren der Meinung, mit ihrer nationalistischen Position auf dem rechten Weg zu sein.

Aus heutiger Sicht können wir über diese drei, wie über so viele andere, nur sagen: Sie lagen falsch. Umso wichtiger ist es, das eigene Handeln immer wieder zu hinterfragen, immer wieder darüber nachzudenken, ob es wirklich mit Gottes Willen und vor allem Gottes Liebe übereinstimmt.

Nun also die AfD: „Gott will es!“ In ihrem Facebook-Post versuchte sie auch noch, das Ganze irgendwie auf den Ostersonntag zu beziehen: 

„Ostersonntag: Die Auferstehung! Keine Amtskirche und keine verstaubten Kleriker, tragen das Wort Gottes nach außen. Nur die Zeichen sind es, welche davon zeugen, was Gott will: AfD stärkste Partei im Osten!“

Möge mir diese Verbindung irgend jemand logisch und vor allem theologisch erklären, ich kann es nicht. Bei „Ostersonntag: Die Auferstehung!“ bin ich noch dabei, doch den Zusammenhang mit dem Rest kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Ist die AfD an Ostern auferstanden? Wann war sie denn gestorben? Oder bezieht sich das auf die „verstaubten Kleriker“, die nun wieder auferstehen, unverstaubt und überzeugend? Der gesamte Post bleibt äußerst rätselhaft.

Was ich aber sagen kann, ist dies: Gott will das nicht. Gottes Wille ist es nicht, dass irgend eine Partei stärkste Kraft in Deutschland wird. Nicht die CDU, nicht die SPD oder die Grünen, nicht die AfD oder irgend eine anderen Partei und auch nicht – damals – die NSDAP.  Er will auch nicht, dass Menschen in den Krieg ziehen und für ihren Glauben morden. Er will nicht, dass „Hexen“ verfolgt werden – oder dass die Angehörigen seines auserwählten Volkes, der Juden, vertrieben, verfolgt und ermordet werden. 

Was Gott von uns will, das ist zugegeben nicht immer ganz deutlich, gerade in aktuellen ethischen Fragen ist die Bibel keine direkte Hilfe und bedarf immer wieder der Interpretation. In der Frage des Umgangs mit unseren Mitmenschen ist sie jedoch sehr klar. Lassen Sie uns doch mal eine kleine Aufstellung einiger wichtiger Bibelstellen machen:

  • Seid allen Menschen gegenüber auf Gutes bedacht. (Röm 12,17)
  • Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten und du sollst ihn lieben wie dich selbst. (Lev 19,34)
  • Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat (Röm 15,7)
  • Das gleiche Gesetz und das gleiche Recht sollen gelten für euch und für die Fremden, die bei euch wohnen (Num 15,16)
  • Alle Nationen sind vor Gott wie ein Nichts, für ihn sind sie wertlos und nichtig (Jes 40,17)
  • Jesus sagt: „Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen … was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ (Mt 25,35)

Welche der deutschen Parteien in ihrem Programm diese biblischen/christlichen Forderungen am besten umsetzt, das bleibt nun bei den nächsten Wahlen Ihrer persönlichen Entscheidung überlassen. Schaue ich mir die fremdenfeindlichen Äußerungen der AfD so an, würde ich sagen: Sie ist jedenfalls davon ziemlich weit entfernt.

Vielleicht aber wollte die AfD im Saalekreis ja auch etwas ganz anderes sagen? Schließlich bezog sie sich auf eine Umfrage, in der sie um ganze 4 Prozentpunkte gegenüber früheren Umfragen abgefallen war. Ist es also eventuell Gottes Wille, dass die Zustimmung zur AfD zurückgeht? Diese Frage lassen wir jetzt mal offen stehen.

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