Kirchenbesuch: "Zur Kasse, bitte"

Foto von Schülergruppe, die Fotos machen vom Kirchenschiff mit bemalter Decke in St. St. Marien-Kirche in Lübeck.
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Rund 400.000 Gäste besuchen jährlich die St. Marien-Kirche in Lübeck. Dafür zahlen sie einen "Erhaltungsbeitrag", wie die Gemeinde betont.
Eintritt für Touristen
Kirchenbesuch: "Zur Kasse, bitte"
Große Kirchen sind gerade im Sommer Besuchermagnete für viele Touristen. Manche Gemeinden verlangen von den Besucher:innen einen "Erhaltungsbeitrag". Doch damit sind nicht alle einverstanden.

Für Pastor Robert Pfeifer von St. Marien Lübeck ist die Sache klar. Es sei "eine Notwendigkeit", dass Gäste für den Besuch der Kirche zahlen. "Wir haben jährlich 400.000 Gäste, es bedeutet einen hohen Aufwand, die Kirche sauber und offen zu halten." Die fünf Euro, die die Gemeinde nach einer Erhöhung um einen Euro seit diesem Jahr erhebt, sei "ausdrücklich kein Eintritt, sondern ein Erhaltungsbeitrag, ohne den die Kirche für Touristen nicht mehr zugänglich wäre".

Dabei hätten alle Gäste die Möglichkeit, an der Kasse zu sagen, sie möchten die Kirche aus spirituellen Gründen besuchen, sprich, eine Kerze anzünden, ein Gebet sprechen - dann sei der Besuch kostenfrei. "Da diskutieren wir auch nicht mit den Besuchern."

Allerdings sei sein Eindruck, so Pfeifer, dass über das Thema Eintritt nicht selten auch andere Themen abgehandelt werden, wie beispielsweise Enttäuschung über die Institution Kirche oder lokale Vorkommnisse in der Heimatgemeinde.

Am Eingang bezahlen - nicht ungewöhnlich

Doch St. Marien ist kein Einzelfall. Bundesweit verlangen eine ganze Reihe protestantischer Gotteshäuser Eintritt, etwa der Berliner Dom, der Dom zu Meißen oder die St. Nikolai-Kirche in Stralsund. Dort habe der größte Teil der Besucher Verständnis für die vier Euro Erhaltungsbeitrag, sagt Angelika Pandikow-Seekamp, die in der Stralsunder Kirche für Kirchenöffnung und Tourismus zuständig ist. Doch manche reagierten auch empört und unwirsch. "Was wir häufiger hören, ist: 'Kirche ist doch für alle da und hat doch so viel Geld.'"

Dabei wüssten die Menschen häufig gar nicht, welche Schätze sich hinter den Eingangstüren verbergen, und was es koste, diese zu erhalten. "Deshalb sagen wir manchmal: Wir laden Sie ein, die Kirche kostenlos zu besichtigen." Und dann sei es ein Glücksmoment, wenn die Besucher aus der Kirche kommen und sagen: "Sie hatten recht, vier Euro ist eigentlich noch viel zu wenig."

Keine einheitlichen Regeln zu Eintritten

Kirchen wie der Hamburger Michel oder der Schleswiger Dom gehen wie zahlreiche andere einen Mittelweg: Dort ist der Besuch der Kirche selbst kostenlos. Allerdings fallen in Hamburg Gebühren an für die Besichtigung des Turms und der Krypta, in Schleswig bezahlt man ebenfalls für den Turmaufstieg.

Die evangelische Nordkirche hält sich bei diesem Thema mit einer Stellungnahme zurück. So verweist der Beauftragte für Kirche und Tourismus auf Pressesprecher Dieter Schulz. Schulz teilt auf Anfrage mit: "Als Körperschaften des öffentlichen Rechts regeln die Kirchengemeinden ihre Angelegenheiten eigenverantwortlich und im Rahmen geltender gesetzlicher und kirchlicher Bestimmungen. In Fällen, in denen Kirchengebäude stark touristisch frequentiert sind und mit einem hohen personellen, organisatorischen oder baulichen Aufwand verbunden sind, kann es vor Ort Überlegungen zu freiwilligen Beiträgen oder Eintrittsregelungen beispielsweise für Führungen geben."

Für Menschen, die kein spirituelles Anliegen haben, sei eine Kirche letztlich mit einem Museum vergleichbar, sagt Pastor Robert Pfeifer. Da seien fünf Euro, die in Lübeck "Marientaler" genannt werden, vergleichsweise wenig. "Denken Sie mal, was heute der Eintritt ins Museum kostet oder eine Kugel Eis". Außerdem sei die Marienkirche Teil des Weltkulturerbes: "Es ist ein gesellschaftlicher Auftrag, sie zu erhalten. Und sie bleibt weiterhin ein offener Ort, der Menschen Heimat und Zuflucht bietet."