Menschen für die Mission

Menschen für die Mission
Krankenschwester Babara
© epd-bild/Thomas Lohnes
Krankenschwester Babara, Medical Coordinator MSF, von "Ärzte ohne Grenzen" wird wieder bei der zivilen Seenotrettung im zentralen Mittelmeer mithelfen.
Barbara von "Ärzte ohne Grenzen" und Tamino, Head of Mission bei den Aufklärungsflugzeugen der Sea Watch, sind jung und unbedingt überzeugt von dem, was sie machen. Aus der Schweiz kommen die Piloten.

An diesem heißen Sommerabend ist viel los in der Werft von Burriana. Insbesondere vor der "Sea-Watch 4". Neue Crew-Mitglieder sind angekommen und das Team von "Ärzte ohne Grenzen" ist auch da. Der Schriftzug "medicines sans frontieres" (MFS) an der Wand des Schiffes darf nun offiziell enthüllt werden und mein Kollege macht Fotos. Dass die bekannte Organisation neu mit Sea Watch kooperiert, ist ein gute Nachricht.

Ich treffe Barbara Deck aus Canada. Sie kommt gerade aus Amsterdam, wo sie ein paar Tage Ruhe nach ihrem sechsmonatigen Einsatz in Syrien hatte. Nun will die Krankenschwester den Einsatz ihrer Organisation "Ärzte ohne Grenzen" an Bord der "Sea-Watch 4" koordinieren. "Ich bin noch nicht ganz angekommen", entschuldiget sich die 32-Jährige und sammelt sich zum Interview in der Abendsonne Spaniens. Auf die Frage, in welchen Zuständen sie die Geflüchteten erwarte, nennt sie: schwangere Frauen, Menschen, die durch die Libyer Gewalt erfahren haben, chemische Verbrennungen und auch Fälle von Covid-19. Letztgenanntes Virus, das die ganze Welt nach wie vor in Atem hält, bezeichnet Barbara als "big challenge". Aber man sei vorbereitet, versichert sie mir. Infektionskontrollen werden Standard sein und an Bord wird es einen Bereich geben, in dem Menschen mit dem Virus isoliert werden können. Die Krankenstation an Bord sei sehr gut ausgestattet. Hannah Wallace Bowman, die Pressesprecherin von MFS, die ebenfalls mit uns allen an Bord sein wird, erklärt mir, warum die Organisation nun mit Sea Watch und nicht länger mit der zivilien Seenotrettung, SOS Mediteranee kooperiert. "Unser Ziel ist es, an der Front zu helfen". Und in dem Fall ist die Sea Watch schneller wieder im Einsatz auf dem Meer und daher interessanter für die MFS, sagt sie mir.

Der junge Mann, der half das Logo der "Ärzte ohne Grenzen" an der "Sea-Watch 4" zu enthüllen, heißt Tamino Böhm. Gemeinsam mit seiner spanischen Kollegin Marta Sarralldi ist er für ein paar Tage in Burriana, um persönlich mit der Crew der "Sea-Watch 4" und den Crews der anderen zivilen Seenotretter zu sprechen, die ebenfalls mit ihren Schiffen in Burriana vor Anker liegen. Der 28-jährige Tamino ist Head of Mission bei den Airbone Operations. Das heißt, er fliegt mit bei den Aufklärungsflügen der "Moonbird" und "Seabird". Diese Flugzeuge unterstützen die Arbeit der NGO`s auf dem Meer erheblich. Aus der Luft beobachten Tamino und sein Team, was im zentralen Mittelmeer, in den Such- und Rettungszonen der Europäer und auch der Libyer passiert. Dann meldet das Team die Seenotfälle den zuständigen Behörden und Schiffen in der Nähe. "Wir sind die Augen für alle", sagt er. Eine 90-prozentige Aufklärungsquote könnten sich die Airbone Operations auf die Fahnen schreiben. Die Piloten für das Aufklärungsflugzeug "Moonbird" organisiert und stellt die schweizerische "Humanitarian Pilots Initiative" (HPI).

Der Aktivist Tamino Böhm ist für ein paar Tage in Burriana, um persönlich mit der Crew der "Sea-Watch 4" und den Crews der anderen zivilen Seenotretter zu sprechen, die mit ihren Schiffen in Burriana vor Anker liegen.

In monatlichen Protokollen (factsheets) der Airbone Operations kann ich nachlesen, was im Januar und Februar 2020 und dann wieder im Juni alles auf dem zentralen Mittelmeer passiert ist (zwischenzeitlich mussten die Flugzeuge Covid-bedingt am Boden bleiben). Auf einer Seekarte sehe ich eingekreiste Gummiboote mit und ohne Menschen, aber auch "bodies", also Leichen, die gesichtet wurden. Allein im Januar dieses Jahres sind etwa 500 Menschen in "distress cases", also in Seenot, auf dem Mittelmeer geraten; die Meisten in überladenen Gummibooten und ohne Rettungswesten. Wie so oft konnten einige von den NGO-Schiffen gerettet werden und andere wurden von der so genannten lybischen Küstenwache nach Libyen und damit in gewaltsame Zustände - so wurde mir berichtet - zurückgebracht. Ein Fall schildert gar, dass die maltesische Küstenwache erst 18 Stunden nach Eingang eines Notrufes mit der Rettung der Menschen aus Seenot begonnen hat.

Ein gewisser Zynismus in der Formulierung schlägt mir entgegen, wenn ich am Ende der Protokolle (factsheets) der Airbone Operations die jeweiligen "Highlights" der Mission lese: "Die tödlichen Konsequenzen der europäischen Migrationspolitik, das Nicht-Helfen europäischer Staaten bei der Rettung, sondern vielmehr diese der so genannten libyschen Küstenwache zu überlassen, die Beteiligung der europäischen Küstenwache Frontex an den push-backs nach Libyen und die Relevanz der zivilen Seenotrettung, um Menschenleben zu retten."

Mir wird berichtet, dass die Europäer konsequent die (sogenannte) libysche Küstenwache mit der Infrastruktur ausstatten, damit diese die Meeresflüchtlinge zurück in das afrikanische Land bringt.

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