Ihre Fragen, unsere Antworten - Folge 23: Darf man Menschen "Pack" nennen?

Ihre Fragen, unsere Antworten - Folge 23: Darf man Menschen "Pack" nennen?
Pack! So hat Sigmar Gabriel die Fremdenfeinde bezeichnet, die in Heidenau vor der Flüchtlingsunterkunft dort ihre Parolen ablassen. Darf man das?

Liebe evangelisch.de-Nutzerinnen und-Nutzer,

nachdem ich in der vergangenen Woche anlässlich meiner Hochzeit eine Pause mit dem Blog eingelegt habe, steigen wir direkt wieder ein ins Geschehen - diesmal mit zwei Fragen, die sich aus der Diskussion um Flüchtlinge und ihr Leben in Deutschland ergeben.

Die erste Frage hängt nur indirekt damit zusammen, sie ist aber trotzdem relevant:

Sollte die Kirche der Politik Ratschläge erteilen?

Innenminister Thomas de Maizière wünscht sich mehr Zurückhaltung von seiner evangelischen Kirche, meldete "idea". De Mazière hatte im Magdeburger Dom gesprochen und unter anderem (laut idea) die protestantische Neigung kritisiert, lieber abseits zu stehen und konkretes Handeln kritisch zu betrachten. Nun ist die Zahl der Menschen, die aus christlicher Überzeugung in Flüchtlingsunterkünften helfen, schwer zu erfassen, aber die hat der Innenminister wohl auch nicht gemeint - eher die EKD und ihre Vertreter. Konkret bezog er sich auf die Diskussion um Militäreinsätze z.B. gegen den IS, aber auch mit seinem Vorschlag, Sachleistungen statt Geld an Asylbewerber auszugeben, hat de Maizière in letzter Zeit Widerspruch provoziert.

Wie heißt es so schön? Getroffene Hunde bellen. Das tut de Maizière nun auch. Im Grunde zeigen seine Aussagen, dass er bei politischen Entscheidungen nach Wunsch schalten und walten können möchte. Eine schwache Opposition und eine Kanzlerin, die ihren Ministern (zumindest nach außen) große Handlungsfreiheit lässt, helfen ihm dabei. Von der evangelischen Kirche kann der evangelische Minister aber nicht erwarten, dass sie sich genauso auf Realpolitik reduzieren lässt. Denn wer ausschließlich Realpolitik betreibt, verliert den Blick auf die moralischen Prinzipien, die politisches Handeln in einer christlich geprägten Demokratie leiten sollten.

Ohne die Hinweise von Kirchenvertretern, die aus einer idealistischen Position heraus mahnen, ginge das komplett verloren. Selbst wenn der christliche Minister den Ratschlägen nicht folgt, möchte ich auf diese öffentlichen, den Menschen zugewandten Stimmen nicht verzichten.

Den Menschen zugewandt hat sich auch Wirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel, allerdings auf eine ganz andere Art:

Darf man Menschen "Pack" nennen, wenn sie fremdenfeindliche Parolen vor Ausländerheimen brüllen?

"Das ist Pack", hat Gabriel bei seinem Besuch in Heidenau gesagt, und meinte damit die Fremdenfeinde und Rassisten, die gegen das dortige Flüchtlingsheim randalieren. Menschen, die Angela Merkel als "blöde Schlampe" und schlimmeres bezeichneten, als sie dem Kanzlerinnen-Besuch hinter der Polizeikette zuschauen durften. Ungefilterten Volkszorn hat Blaulicht-Reporter Daniel Unger dort aufgenommen, der schon fast lächerlich übertrieben wirkt, wenn er nicht so ernst gemeint wäre.

Der Autor Stefan Berg schrieb auf Spiegel Online, Gabriels Ausspruch sei "ein Unwerturteil, welches in einer Gesellschaft, die sich in ihrer Verfassung noch immer auf Gott bezieht, nichts zu suchen hat". Was diese Menschen dann aber nicht daran gehindert hat, "Pack" direkt als Selbstbezeichnung zu übernehmen.

Auf unserer Facebookseite wurde der Artikel viel diskutiert - auch mit viel Zustimmung für Gabriel. Ich glaube allerdings, dass der Minister keine glücklicke Wortwahl gefunden hat. Denn "Pack" ist ein sehr unbestimmtes Wort, das von jedem gegen alle gebraucht werden kann. Klar, es ist negativ besetzt, darum hat Gabriel es gebraucht, um seinem Abscheu Ausdruck zu verleihen.

Besser aber wäre es, die Rassisten, Fremdenfeinde, Flüchtlingshasser beim Namen zu nennen: Sie sind Rassisten, Fremdenfeinde, Flüchtlingshasser. Wenn sie sich das dann zu eigen machen, weiß man wenigstens direkt, woran man ist.

Öffentlich kann sich übrigens jeder selbst positionieren, gerade dort, wo die Fremdenhasser ihre Parolen fast ungehindert loswerden können: Auf Facebook. Wir laden Sie ein, mit dem Profilfoto "Refugees Welcome" klar Position zu beziehen, damit die Minderheit der Ausländerfeinde merkt, was sie sind: Eine unchristliche Minderheit.


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