Gefühle gelten als gefährlich

Gefühle gelten als gefährlich

Eine Politikerin zieht sich aus der ersten Reihe zurück, weil die Medien sie zum „einzigen Gesicht“ ihrer Partei machen wollten. Außerdem: Die Bayern ziehen sich selbst die Lederhosen aus, und Mathias Döpfner hat „verzückende" Manieren.

Nehmen wir uns heute mal einen Ausspruch der Autorin Kathrin Passig zu Herzen, der vor einigen Wochen bereits im Altpapier zitiert war. „Früher war ich bemüht, mein Unwissen zu verschleiern. Neuerdings versuche ich transparenter zu machen, wovon ich keine Ahnung habe.“ Also: Obwohl die Altpapier-Autoren branchenweit als Beinahe-Allroundexperten zu allen medienbetrieblichen Fragen bekannt sind, sei an dieser Stelle kurz eingestanden, dass die Kenntnisse der Truppe bezüglich der Qualität der Filmkritik in Russland und Brasilien noch ausbaufähig sind. Mehr Ahnung hat diesbezüglich möglicherweise der Regisseur Hans Weingartner, jedenfalls erweckt er diesen Eindruck in einem Interview, das er der Zeitschrift konkret (Seite 60, nicht online) anlässlich seines neuen Films „Die Summe meiner einzelnen Teile“ gegeben hat. Die Frage, ob er nicht fürchte, dass sich das zentrale „Filmmotiv einer Freunschaft zwischen einem Obdachlosen und einem Waisenkind nah am Kitsch“ bewege, bringt ihn dazu, mal ordentlich loszuledern:

„Diese Frage ist typisch für die deutsche, eher antiromantisch eingestellte Filmkritik, das weiß ich aus der Erfahrung mit meinen bisherigen Filmen, die ja auch teilweise sehr gefühlsbetont sind. Solche Fragen sind mir in Brasilien oder Rußland nie gestellt worden. Kein Mensch dort würde auch nur im Traum daran denken, diese Szenen als Kitsch zu betrachten. (...) Die deutsche Filmkritik hat offensichtlich ein Problem mit Emotionen. Gefühle gelten immer noch als gefährlich. Vernunft, geistige Disziplin, rationale Auseinandersetzung, damit bezwingt man die wirre Realität - meint sie. Das ist deutsche Kulturtradition. Verstärkt durch die schrecklichen Erfahrungen der jüngsten Zeitgeschichte wird Gefühlen grundsätzlich mißtraut.“

Wem es „zu viel“ sei, dass in „Die Summe meiner einzelnen Teile“ „genau zweimal die Sonne“ scheine, der, so Weingartner des weiteren,

„entspannt sich abends besser bei einem guten Heidegger-Band mit Zwölftonmusik als in einem Kinosaal“.

Verglichen damit, klingt die Kritik, die die Piratenparteifrau Marina Weisband an den Medien übt, fast schon moderat. Die 24-jährige, gerade erst vor einer Woche gewürdigt als personifizierte Hoffnung darauf, dass der Polittalk-Betrieb ein bisschen erträglicher werde (siehe Altpapierkorb sowie Altpapier-Autor Christian Bartels bei handelsblatt.com), gibt ihr Amt als politische Geschäftsführerin der Partei auf, weil sie genau diese Hoffnungsträgerin eben nicht sein will, wie sie unter anderem der Frankfurter Rundschau anvertraut hat:

„‚Ich bin medial zum einzigen Gesicht der Partei geworden, und das ist falsch‘“, sagt sie der FR. ‚Wir wollen die Weisband oder wir nehmen keinen Piraten in die Sendung‘, hätten Fernsehsender diktiert. So wurde Weisband medial zur ‚Lichtgestalt‘, zur ‚schönsten Piratin‘. Was sie inhaltlich etwa zum Urheberrecht oder zum Bildungssystem sagte, habe kaum jemanden interessiert, sagt Weisband. ‚Meine Medienpräsenz besteht zu 80 Prozent aus Fotos, Kommentaren über meine Frisur, meine Kleidung, meine Hobbys, meine Art.‘ Von solcher Aufmerksamkeit wolle sie nicht abhängig werden.“

Im Interview mit faz.net sagt Weisband:

„Meine primäre Arbeit war ja nicht die Medienarbeit, sondern die organisatorische Arbeit. (...) Und es stimmt nicht, was die Medien im Moment schreiben, dass die Partei mit mir ihr ‚Aushängeschild‘ verliert. Es stimmt nur, wenn die Medien das beschließen. Sie haben es sich einfach selbst zum Gesetz gemacht, mich nichts mehr zu fragen, sobald ich nicht mehr den Stempel der Politischen Geschäftsführerin habe. Aber ich werde ja weiter für die Partei arbeiten, nur eben an der Basis. Ich habe immer gesagt, die Medien sollen auch mit Leuten an der Basis reden, wir sind schließlich eine basisdemokratische Partei. Aber sie stürzen sich immer auf die Leute mit Ämtern. Vielleicht können wir sie ja noch umerziehen.“

In etwas anderen Worten steht das auch in Weisbands Blog. Den Themenkomplex „Objekte der Berichterstattung kritisieren die Medien“ sei für heute abgeschlossen mit einer Aussage des HSV-Sportdirektors Frank Arnesen in einem Interview für die Februar-Nummer für 11 Freunde (Seite 38 ff.):

„Gerade in puncto Presse frage ich mich heute, was es für einen Sinn macht, dagegen anzugehen. Journalisten sind nun mal Opportunisten, sie (...) denken nie in längeren Zeiträumen.“

[+++] Dass er nicht in längeren Zeiträumen denkt, kann man dem taz-Sportredakteur Andreas Rüttenauer nun wahrlich nicht nachsagen. Der inszeniert sich neuerdings bekanntlich als Kandidat für den langfristig aufwändigen DFB-Präsidentschaftsposten, und am heutigen Freitag will er nun ein Zelt vor dem Verbandsgebäude in Frankfurt aufschlagen. „Occupy DFB!“, lautet das Motto, das dazu auf der Aktionseite der taz ausgegeben wird. „Ich werde so lange vor der DFB-Zentrale ausharren, bis ich bei den Mitgliedern des Präsidiums Gehör finde“, sagt Rüttenauer (siehe auch hier und hier). Vorbild für die Aktion dürfte die Mahnwache sein, die Mitarbeiter der Zeitschrift Titanic 1994 vor der DFB-Zentrale abhielten, um zu erreichen, dass Bernd Schuster für die WM nachnominiert und Stefan Effenberg aus dem Kader gestrichen wird.

So berechtigt beispielsweise die Kritik Frank Arnesens am sportjournalistischen Betrieb sein mag: An dem Imagedesaster, mit dem seit gestern der FC Bayern zu kämpfen hat, haben opportunistische Redakteure keine Schuld. Der Klub hatte die Verpflichtung eines neuen Stars angekündigt und wollte dies auf einer Pressekonferenz, die exklusiv bei Facebook stattfinden sollte, bekanntgeben. Wer bei der ansprechenden Ankündigung „Gefällt mir“ geklickt hatte und dann Pressekonferenz verfolgte, sah, wie FCB-Funktionär Christian Nerlinger ein Foto des vermeintlichen Neuzugangs präsentierte. Dabei blickte dann aber jeder Nutzer lediglich auf sein eigenes Profilbild.

„Witzig? Eingeschränkt. Im Jahr 2012 sicherlich kein zeitgemäßer Internetgag mehr“,

kommentiert BR-online. „The New FCB Star" lautete der Titel dieser Aktion mit der ultraöden Message, dass der Star der Fan sei. Weil das Ganze einen Shitstorm auslöste, über den u.a. auch DerWesten und Die 3 Clubfreunde berichten, ist das Video zur Pressekonferenz bei YouTube bereits nicht mehr verfügbar (siehe Screenshot). Wie konnte es dazu kommen, dass sich die Bayern im Social Web gewissermaßen selbst die Lederhosen ausgezogen haben? Zielpublikum schreibt dazu:

„Gleich mehrere Faktoren sind hier zu nennen, zu dem auch das Timing zählt. Gerade nach einer Niederlage und dem Verlust des Vorsprungs in der Tabelle, was man seitens Münchner Fans als obligatorisches Recht beansprucht, ist nicht gerade ein fruchtbarer Boden für Scherzchen mit dem Fan. (...) Dass der Server dann offenbar dem Ansturm nicht gewachsen war und viele den vermeintlichen PR-Gag gar nicht mitbekamen, machte die Sache nicht besser. Dazu hat der FCB aber auch einfach Regel No. 1 im Social Web nicht beachtet: ‚Verarsche deine Leser nicht.‘ Man kann sich selbst hochnehmen, oder die Konkurrenz, aber nicht seine Leser und Fans. Nicht einmal in München und nicht einmal mit einer vermeintlichen Solidaritätsbekundung.“

[listbox:title=Artikel des Tages[Piratin Weisband will kein mediales Aushängeschild sein (faz.net)##Occupy DFB! - eine aufmerksamkeitsökonomische Aktion der taz (ebd.)##Was tun angesichts der neuen Nutzungsbedingungen von Google? (süddeutsche.de)]]

Das Kernproblem besteht wohl darin, dass viele Vereine Facebook und Twitter als reine PR-Instrumente sehen und von einer adäquaten Nutzung dieser Kanäle noch weit entfernt sind. Spiegel Online stellt noch einen anderen Aspekt heraus:

„Vor kurzem hatte Bayern-Trainer Jupp Heynckes noch Breno und Anatoli Timoschtschuk für Äußerungen bei Facebook und Twitter kritisiert. Die Spieler wissen, dass sie das einschränken müssen. Es geht auch nicht, dass man vor einem Spiel Fotos macht oder machen lässt - wie Timoschtschuk - und ins Netz stellt. Das sind Kinkerlitzchen, das ist unprofessionell.‘ Die Frage nach Bayerns jüngstem PR-Gag ist nun: Wer bitte schön ist hier unprofessionell?“

[+++] Ganz ohne Christian Wulff und den Springer-Verlag soll es heute aber auch nicht gehen, schließlich hat Michael Naumann für Cicero etwas über „die Kollateralschäden“ geschrieben, die die Causa Bundespräsident vs. Bild für die „Berufsstände“ Politiker und Journalist mit sich bringen. Dabei herausgekommen ist eine Gesamtbetrachtung des Medienbetriebs, die teilweise etwas wirr anmut, etwa jene Passage, die mit einer Beschreibung des Privatfernsehens beginnt:

„Die Kaufkraft des altersunterschiedlichen Zuschauergruppen bestimmt, was sie sehen. Das an Wahnsinn grenzende Unterschichtenfernsehen ist insofern mindestlohnabhängig. Je ärmer, sein Publikum, desto ärger die Zumutungen. Die Zukunft eines professionellen, anzeigenabhängigen Internetjournalismus droht gleichen Zwängen´zu unterliegen. Was uns zur größten Boulevardzeitung Europas führt, zu Bild.“

Vom Unterschichten-TV direkt zum Internetjournalismus der Zukunft und von dort direkt zur Bild-Zeitung - Naumann, alter Gedankensprungkünstler, das muss man wirklich erstmal bringen! Dass er zwischen dem drittletzten und dem vorletzten sowie dem vorletzten und letzten Satz einen Absatz gemacht hat (den wir jeweils aus optischen Gründen weggelassen haben), macht das Ganze nicht besser.

Das Haus Springer und seine Produkte kommen oft vor in der neuen Cicero-Ausgabe, unter anderem in einer schönen Gegendarstellung, geschickt von Bild-Chefredakteur Kai Diekmann, über den in der Dezember-Ausgabe des Monatsmagazins u.a. geschrieben stand, er habe „seinen ewigen Kanzler zur Trauerfeier für Leo Kirch geschoben“. Der Bild-Chefredakteur stellt richtig:

„(...) dies ist unwahr. Ich habe Altbundeskanzler Kohl nicht zu der Trauerfeier für Leo Kirch geschoben.“

Weiter hinten porträtiert Ulrike Simon „Cäsars Erbe“, also den Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner, der „verstehen“ könne,

„dass einer, der Springer von innen erlebt hat, zurückzuckt, wenn er (gemeint: Döpfner - RM) behauptet, ‚es gibt keinen anderen Verlag in Deutschland, in dem die innere Freiheit und Unabhängigkeit so ausgeprägt ist wie bei Springer‘“.

Das soll wohl nicht zuletzt heißen, dass Simon „zurückgezuckt“ ist, schließlich „hat sie zeitweilig bei der Welt gearbeitet“, wie es unter ihrem Artikel heißt. Außerdem erfahren wir, Döpfner bringe

„mit seinen Manieren selbst gestandene Männer aus dem linken Lager in Verzückung“.

Schön für Simon, dass sie so viele „gestandene Männer aus dem linken Lager“ kennt, um das einschätzen zu können. Andererseits muss man sich um diese „gestandenen Männer“ schon ein bisschen Sorgen machen, falls es bereits so weit gekommen sein sollte, dass sie sich von den „Manieren“ eines Springer-Fuzzis „verzücken“ lassen. Ohnehin scheinen in Sachen Döpfner derzeit periphere Informationen aus dem persönlichen Bereich gefragt zu sein. Im gestrigen FTD-Porträt (nicht frei online) über Friede Springer und Döpfner bzw. „Eintracht Potsdam“, erschienen in der Reihe „Dream-Teams der deutschen Wirtschaft“, heißt es:

„Heute duzen sich Springer und ihr Vorstandschef freundschaftlich.“

Was zu der Frage führt, ob sich die beiden früher unfreundschaftlich geduzt haben und wie ihre Gespräche zwischen beiden unter diesen Umständen abgelaufen sein mögen.


Altpapierkorb

+++ Auch die Zeit schreibt über Thomas Gottschalks neue Sendung. Die Verantwortlichen hätten „bekommen, was sie so gut gebrauchen können wie Christian Wulff einen neuen Privatkredit: die längst überfällige Debatte über Fernsehgebühren und Werbung im öffentlich-rechtlichen TV“, schreibt Christof Siemes und tut so, als gäbe es diese „Debatte“ nicht bereits seit ungefähr den Bauernkriegen.

+++ Heute erscheint erstmals die deutsche Ausgabe von Interview, Kai-Hinrich Renner (Hamburger Abendblatt) ist des Lobes voll: „Positiv fällt das fast völlige Fehlen deutscher TV-Sternchen auf. Okay, an Judith Rakers kam auch Interview nicht vorbei (...). Aber das sind Petitessen, Wichtiger ist, dass Interview seit einer gefühlten Ewigkeit als erste Neuerscheinung auf dem deutschen Zeitschriftenmarkt auch richtig gut aussieht.“

+++ Christiane Ketteler analysiert in der Jungle World die mediale Debatte, die Nina Pauer in der Zeit mit ihrem Artikelchen über „die Schmerzensmänner“ bzw. die neuen „Softies“ ausgelöst hat: „Keiner der Beiträge“ halte sich „mit soziologischen und sozialgeschichtlichen Fakten“ auf, das Reflexionsniveau sei recht mau, meint Ketteler. Liegt das womöglich in der Natur der Sache, also am Gegenstand der Diskussion? Die Kollegin Julia Seeliger aka Zeitrafferin findet, „die Tussi von der Jungle World“ habe die Debatte „lieblos“ zusammengefasst.

+++ Pirate-Bay-Mitbgeründer Peter Sunde sagt im Interview mit stern.de, SOPA und PIPA seien „DDos-Attacken mit Gesetzen“, und Andreas Busche schreibt im Freitag, „die geplanten US-Gesetze gegen Online-Piraterie“ seien „im Kern eine Lex Hollywood. Keine Branche ignoriert die digitale Revolution so wie die Filmindustrie“.

 +++ Künftig Zensur bei Twitter? Dass der Dienst „die Einführung länderspezifischer Filter plant, die illegale Inhalte blockieren sollen“, berichtet gulli.com. Jillian C. York, die als „Director of International Freedom of Expression“ bei der Electronic Frontier Foundation firmiert, ordnet die Diskussion ein, die die Ankündigung bereits ausgelöst hat.

+++ Auf der FAZ-Medienseite erfahren wir vieles über Kim Schmitz, den Megaupload-Schurken bzw. „bösen Buben“ (Sunde im eben zitierten Interview) und vor allem „seine monströse Mietvilla“: „Rund vier Millionen Dollar soll die Renovierung gekostet haben (...) Jetzt drangen Details ans Licht: ein Bildschirm im Schlafzimmer, der als größter im Lande durchgehen dürfte, ein Swimmingpool mit Unterwasser-Stereo, importiertem Quellwasser und einer maßgefertigten Leiter, die 15 000 Dollar gekostet haben soll. In einem Zimmer hänge ein riesiges Graffiti-Porträt des gewaltigen Kim und seiner philippinischen Ehefrau, daneben sieben Flachbildschirme mit X-Box und Lazyboy-Sessel. Eine gigantische Disco-Kugel gehöre ebenso zum Dekor wie Glasfliesen in der Garage und ein Aufzug, der die Luxuskarossen aus der Tiefgarage ans Tageslicht befördert.“

+++ Ebenfalls auf der FAZ-Medienseite: Dietmar Dath zur Debatte um die „Mein Kampf“-Heftchen (siehe u.a. Altpapier vom Mittwoch). Bezug nehmend auf den oft missverstandenen Karl-Kraus-Satz „Mir fällt zu Hitler nichts ein“, schreibt er: „Hitler, zeigt ‚Mein Kampf‘, ist zu Hitler tatsächlich nichts eingefallen; nichts für Aufklärung Belangvolles jedenfalls. Das Buch wird nach geltendem Urheberrecht 2015 gemeinfrei. Es hat, weil woanders Wichtigeres über diejenigen steht, von Finanziers bis zu den Massen, ohne die ein einzelner Spinner nie die halbe Welt hätte verwüsten können, kaum Lehrwert. Er sollte daher auch weiterhin für niemanden einen kommerziellen Mehrwert haben.“

+++ Mit dem möglicherweise Weg weisenden Online-Abomodell Piano aus der Slowakei beschäftigen sich Katrin Schuster im „Medientagebuch“ des Freitag (S. 14) sowie Wolfgang Michal, der hofft, dass der Erfolg von Piano die Diskussion über die Kulturflatrate wieder in Gang bringt.

+++ Zu den ab 1. März in Kraft tretenden neuen Nutzungsbedingunen von Google äußert sich Johannes Kuhn (süddeutsche.de): „Es ist naiv zu glauben, Gratis-Dienste im Netz wären für die Nutzer kostenlos. Wir bezahlen mit - fünf Euro ins Phrasenschwein - unseren Daten. Hören wir auf zu jammern und zu glauben, dass börsennotierte Unternehmen auf diese Einnahmequelle freiwillig verzichten. Ergreifen wir lieber aktiv Gegenmaßnahmen. Wer alle Google-Dienste nutzen, aber nicht getrackt werden möchte, muss sich eben abmelden und seine Cookies löschen, wenn er nach dem Gmail-Aufruf YouTube besucht. Das ist umständlich? Dann lasst uns darüber reden, wie wir unsere Internet-Nutzung dezentralisieren und auf Anbieter jenseits der großen Silo-Firmen ausweichen. Das hier ist kein Gefangenenlager, das hier ist immer noch das freie Web.“

+++ Über die Rechenkünste der früher mal renommierten Weltwoche amüsiert sich der Schweiz-Teil der Zeit. In dem Text geht es auch noch einmal um die Besitzverhätlnisse bei dem rechten Wochenblatt, die die Politik im Nachbarland beschäftigen (siehe Altpapier): „Es ist wie bei der Parteipresse früherer Zeiten. Denn schon in der Nachkriegszeit waren viele Zeitungen, die der Volksmund kurz und bündig ‚Parteiblätter‘ nannte, keineswegs im Besitz der jeweiligen Politpartei, sondern eines unabhängigen Verlegers, und ihre Chefredakteure besaßen nicht unbedingt ein Parteibuch.“

+++ Die SZ hat einen Moderator mit Potenzial entdeckt; Can Mansuroglu, der die samstägliche Kinderkanal-Wissensshow „Checker Can“ präsentiert: „Es ist eine Mischung aus seiner nie aufgesetzt wirkenden Neugier und seiner sympathischen Art, mit der der 28 Jahre alte Journalistik-Student aus Bremen gerade das sehr junge Publikum erobert.“ (Seite 15).

+++ Zum Schluss leider der Verweis auf diverse Nachrufe: Der Theater-, Kino und TV-Schauspieler Vadim Glowna, „der Mann, den Sam Peckinpah ‚Sohn‘ nannte“ (Welt Online) bzw. der Mann, der „auf der dunklen Seite groß war“ (Christopher Keil im SZ-Feuilleton) und den eben jener Keil sowie in der FAZ der heute auch schon erwähnte Dietmar Dath vor wenigen Monaten noch ausführlich anlässlich seines 70. Geburtstages gewürdigt hatten, starb am Dienstag. Hermann Naber, mehr als drei Jahrzehnte Leiter der Hörspielabteilung des früheren Südwestfunks, starb 78-jährig am Mittwoch (funkkorrespondenz.de). Michael Grabenströer, der für die Frankfurter Rundschau lange über die Landespolitik in Rheinland-Pfalz berichtete und zur Projektgruppe des Mainzer Mediendisputs gehörte, wurde lediglich 61 Jahre alt (heikerost.com, rlp,de).

Neues Altpapier gibt es wieder am Montag.

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