Das Geschenkpapier-Altpapier

Das Geschenkpapier-Altpapier

Zehn Jahre, nachdem er das allererste Altpapier schrieb, packt Christoph Schultheis die Geschenkpapiere der letzten beiden Wochen in den Container (und schreibt unten im Altpapierkorb gleich noch ein Alltags-Altpapier...).

Bekanntermaßen ist ja angeblich "das wichtigste Kennzeichen des Hypes (...) die Metaberichterstattung" (Quelle: Sascha Lobo). Und wenn sich die "Altpapier"-Macher aus gegebenem Anlass entschieden haben, ihren liebgewonnenen Kolumnenplatz elf Werktage lang anderen Autoren zu überlassen, dann woll'n wir mal:

So hatte Perlentaucher Rüdiger Dingemann (3 Sterne, 12 Bewertungen) gleich zum Auftakt ganz offensichtlich einen schlechten Tag... erwischt - und musste dementsprechend über Sibel Kekilli behaupten, in ihrem "Tatort"-Gastauftritt habe sie "keck und kess" sein dürfen. Doch bevor wir uns weitere zwei Wochen lang fragen, was bitteschön da der Unterschied sein soll, hat Kati Kissli alias Kati S. für uns schon die beste Antwort gefunden, weshalb wir nun vorm Einschlafen ganz ungestört darüber grübeln können, ob man turi2, wie Dingemann es tut, tatsächlich ungestraft "Medienmagazin" nennen darf.

Am zweiten Tag hatte sueddeutsche.de-Chef Hans-Jürgen Jakobs zunächst keine Zeit und irgendwann leider doch. Aber im Ernst: Bestimmt wollte Jakobs mit seinem Gastbeitrag (3 Sterne, 9 Bewertungen) nur anschaulich beweisen, dass die Befüllung einer täglichen Medienberichterstattungsschau etwas ganz anderes ist als die öffentliche Entleerung des eigenen Kopfes beim Schreibtischaufräumen. (Anspieltipp: Hier klicken, Strg+F drücken, Fisherman's Friends eingeben und ENTER!)

Am dritten Tag versuchte sich Sascha-Loboist Sascha Lobo (4 Sterne, 39 Bewertungen, 3 Kommentare) an der Beantwortung einer Frage, aus deren Erörterung ich persönlich mich zum Glück bereits vor vielen Jahren in einer Heidelberger Studenten-WG endgültig verabschiedet habe: "Sind eigentlich die Medien total bescheuert oder publizieren sie bloß für ein total bescheuertes Publikum?" Erkenntnisgewinn: Aha! Die damaligen WG-Diskutanten sagten nicht "die Medien", sondern bloß "Bild". (Apropos "Bild", Sascha: "Dorin Papa" hat Recht.)

Am vierten Tag haben sich die echten "Altpapier"-Autoren (4 Sterne, 18 Bewertungen) offensichtlich einen Spaß erlaubt und den "Geschenkpapier"-Lesern vom Computer eines der wichtigsten Medienjournalisten Deutschlands unter dem Namen Stefan Niggemeier ein ganz normales "Altpapier" untergejubelt.

Am fünften Tag hat dasselbe dann "journalist"-Chefredakteur Matthias Daniel (4,5 Sterne, 17 Bewertungen) unter seinem eigenen Namen versucht.

Am sechsten Tag bestätigte Tagesschau-Blogger Kai Gniffke (3 Sterne, 13 Bewertungen, 1 Kommentar) das Paradoxon des Epimenides, wonach ja bekanntlich das "Altpapier" nicht das Tagesschau-Blog ist.

Am siebten Tag schrieb Teresa "Tessa" Bücker (4,5 Sterne, 13 Bewertungen). Beziehungsweise vor allem den lustigen Satz: "Auf diesem Foto verhilft Photoshop den Moderatoren zu der künstlichen Anmutung eines Gelschinkens." Andererseits: Mit 119 Zeichen (inkl. http://bit.ly/bGfHDe) hätte das ja wohl auch locker in einen Twitter-Tweet gepasst.

Am achten Tag dann kam die von den "Altpapier"-Machern in der Vergangenheit mit vielen, vielen freundlichen Erwähnungen bedachte taz-Medienkriegsreporterin Silke Burmester (4 Sterne, 11 Bewertungen) endlich auf die eigentlich irgendwie naheliegende Idee, den "Altpapier"-Machern einfach mal ein dickes Lob ("so charmant, unterhaltsam und mitunter reizend, dass man nur ungern drauf verzichten möchte") auszusprechen - und brachte sich schon damit (wie es die mutmaßlichen "Altpapier"-Macher mit sichtlich roten Ohren im Mouseover des beigestellten Symbolfotos versteckten) "für den Altpapier-Geburtstag noch besser in Form, als sie ohnehin schon ist" (Zitatlink von mir.).

Am neunten Tag kommentierte "Altpapier"-Autor Henrik Schmitz den Gastbeitrag von "medium magazin"-Chefin Annette Milz (4 Sterne, 22 Bewertungen, 2 Kommentare) mit den Worten: "Tolles Altpapier! Danke!" Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

Am zehnten Tag schließlich schrieb anlässlich des 10. Altpapiergeburtstags Konstantin Neven DuMont (3 Sterne, 53 Bewertungen, 0 Kommentare!) einen viel beachteten einen viel beachteten Gastbeitrag - und bestätigt damit auch mich in seiner Haltung, "dass wir diesen Krieg beenden und unsere Jungs nach Hause holen sollten". (Ehrlich gesagt: Ich kann diesen Halbsatz eines der wichtigsten Medienmanager Deutschlands in Anbetracht der gegenwärtigen Sachlage gar nicht genug hin und her wenden...)

Am elften Tag aber möchte sich auch Christoph Schultheis (0 Sterne, 0 Bewertungen*) bei Christian Bartels und den anderen "Altpapier"-Machern herzlich dafür bedanken, dass Ihr mir ungefähr achteinhalb Jahre lang ebenso launig wie verlässlich die leidige Arbeit abnehmt, jeden Morgen die ganzen Medienseiten und -sites durchzulesen! So war das gedacht. Bis morgen!

*) Alle Bewertungen: Stand 8.11.2010, 11.11 Uhr.

Aber vorher noch schnell die Pflicht, natürlich im...


Altpapierkorb

+++ Zuerst das Wochenende: Der Tagesspiegel verabschiedete (wie auch Berliner Zeitung und FAZ) Imogen Kogge beim ARD-"Polizeiruf" und hat außerdem (wie auch die Welt am Sonntag) wegen "Entweder Broder" mit Hamed Abdel-Samad und Henryk M. Broder gesprochen. Für die FAS sinnierte Harald Staun in den "Lieben Kollegen" über Tom Kummer und Stefan Niggemeier über sein das iPad. Und eine Zeitungseite später empfahl er dann noch (in seltenem Einklang mit welt.de) die gestrige, dreistündige RTL2-Doku zur Loveparade in Duisburg. Für die taz hatte ein Praktikant Benjamin Weber bei der Aufzeichnung einer "Britt"-Folge im Publikum sitzen und sogar kurz mit Britt reden dürfen, um das hinterher aufzuschreiben. Und abgesehen davon, dass bei der BBC gestreikt wird und Jörg Thadeusz zur der Frage, an welchem Gipfeltreffen er gerne einmal teilnehmen möchte, nichts Originelles einfiel, vermeldete die Berliner Zeitung unter wiederholter Berufung auf kress.de, dass der Schwäbische Verlag Ulrich Mäule wieder als Regionalchef der Schwäbischen Zeitung für Ulm-Biberach eingesetzt habe. Ach ja: Fast hätte ich "Wetten, dass...?" vergessen vergessen vergessen vergessen vergessen vergessen.+++

+++ Und heute? Um zu erfahren, dass sich der NDR bei Ecolog entschuldigt hat, Sarkozy Journalisten bespitzele, Christine Strobl SWR-Fernsehspielchefin werden könnte, die RTL-Nachrichtenleute unhappy sind und die Quote der tollen ARD-Serie "Im Angesicht des Verbrechens" weniger toll ist, muss man sich heute keinen Spiegel kaufen. Sondern zwei. (Sorry, der Witz erklärt sich erst am Kiosk.) +++ Und nachdem Xing-Vorstandschef Stefan Groß-Selbeck im Januar auf einer Burda-Veranstaltung vermutlich über die Rolle von Netzwerken in einer zunehmend unübersichtlichen Welt (und in der Welt) gesprochen hatte, stehen nun auch Groß-Selbecks Ansichten zur Rolle von Netzwerken in einer zunehmend unübersichtlich werdenden Welt im Focus, S. 174. Ist mir aber egal. +++ Dass in Moskau der Journalist Oleg Kaschin zusammengeschlagen wurde, sollte mir nicht egal sein. +++

+++ Und sonst so? Aus aktuellem Anlass hat der Tagesspiegel mit Rahul Chakraborty gesprochen. +++ In der taz nichts Neues über diese Geo-Sache (dafür aber hier mit Symbolfoto). +++ Warum das Interview mit Malu Dreyer (vorm Klick Ton ausschalten!) heute auf der FR-Medienseite steht, steht im Infokasten: "Bild-Chefredakteur Kai Diekmann warf ihr in einem Interview an dieser Stelle vor, die Diskussion um Integrationsprobleme 'völlig verpennt' zu haben." +++ Und warum die stundenlangen TV-Übertragungen der Schlichtungsgespräche zu Stuttgart 21 so erfolgreich sind, steht im BLZ-Artikel von Klaudia Wick: "Es ist das Gefühl, in einer Mediendemokratie der Souverän zu sein. (...) Das gute Gefühl, dass die da oben nun anders reden müssen, weil wir da unten zusehen." +++ Und nun die Lottozahlen: 20.15 Uhr, ZDF (FAZ, BLZ) - 21 Uhr, ARD (FR/BLZ) - 21.55 Uhr, Arte (taz). +++

+++ Und? Schon Schluss? Fehlt nicht noch was? Genau: Ganz offensichtlich hab' ich vorhin am Kiosk vergessen, auch die Süddeutsche zu kaufen, was insofern doppelt doof ist, als in Welt und Berliner Morgenpost (liegen hier rum) überhaupt nix Medienrelevantes zu finden ist. Falls also in der Süddeutschen was Wichtiges drinsteht (und natürlich auch, wenn ich sonst was übersehen habe o.ä.) - bitte einfach unten in den Kommentaren posten! Danke. Und uff.+++

Christoph Schultheis schrieb außer dem ersten Altpapier ein noch älteres, am 8.11.00 im "Altpapiercontainer" veröffentlichtes, das trotz der Abwicklung der Netzeitung noch erhalten ist. Außerdem war der freie Medienjournalist Mitgründer des Bildblog und ist Co-Autor eines Buchs über den rechten Alltag in Deutschland, das im Frühjahr 2011 erscheinen wird.

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