TV-Tipp: "Verschwörungen – Die Wahrheit der Anderen"

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30. Mai, ZDFinfo, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Verschwörungen – Die Wahrheit der Anderen"
Für eine dokumentarische Filmreihe über "Verschwörungstheorien" gibt es im Grunde nur zwei Ansatzmöglichkeiten: Alles ernst nehmen und nach den Ursachen suchen oder sich drüber lustig machen. Tom Ehrhardt, Ralph Glander und Daniela Eberl haben sich für einen Kompromiss entschieden: "Verschwörungen – Die Wahrheit der Anderen" lässt einige Männer derart ausführlich zu Wort kommen, dass sich der Unfug von selbst entlarvt.

Wenn ein Sachverhalt eindeutig und unmissverständlich zu sein scheint, heißt es gern: "Das sagt einem doch der gesunde Menschenverstand." Das natürliche Urteilsvermögen hat sich allerdings schon allzu oft als unzuverlässige Größe erwiesen, zumal sich diese Instanz nicht nur stetig fortentwickelt, sondern auch ein Spielball des Zeitgeistes ist: Was hierzulande vor neunzig Jahren als Gemeinsinn galt, entwickelte sich zur furchtbarsten Epoche in der deutschen Geschichte. 

Es wirkt daher umso befremdlicher, dass die Menschen heute offenbar sogar noch empfänglicher für jene absurden Erzählungen sind, die gern als "Verschwörungstheorien" bezeichnet werden; ein irreführender Begriff, gibt doch das Wort "Theorie" diesen Mythen einen wissenschaftlichen Anstrich, der jeglicher Grundlage entbehrt. So sind zum Beispiel erschreckend viele Leute überzeugt, die Erde sei von außerirdischen Echsenwesen unterwandert. Regierungsmitglieder, Filmstars, Größen aus der Musikszene: alle in Wirklichkeit sogenannte Reptiloide.

Vermutlich noch größer ist die Gruppe jener, die glauben, dass sich die "Aliens" schon seit Jahrtausenden auf unserem Planeten tummelten: Ohne fremde Hilfe wären uralte Kulturen doch gar nicht imstande gewesen, architektonische Meisterwerke wie etwa die Pyramiden errichten zu lassen. 

Für eine dokumentarische Filmreihe über solche zweifelhaften Ansichten gibt es im Grunde nur zwei Ansatzmöglichkeiten: alles ernst nehmen und nach den Ursachen suchen oder sich drüber lustig machen. Tom Ehrhardt, Ralph Glander und Daniela Eberl haben sich für einen Kompromiss entschieden: "Verschwörungen – Die Wahrheit der Anderen" lässt einige Männer derart ausführlich zu Wort kommen, dass sich der Unfug von selbst entlarvt.

Da sucht ein Hobbyforscher nach einer unterirdischen "Ufo-Garage" am Fuß der Pyrenäen, während ein anderer darüber sinniert, ob es Adolf Hitler 1945 tatsächlich gelungen sei, sich mit einer "Reichsflugscheibe" in die Antarktis abzusetzen. Die Nationalsozialisten sollen sich damals ja ohnehin auf der Rückseite des Mondes angesiedelt haben. 

Zum Ausgleich ergründen ernstzunehmende Menschen aus Journalismus und Wissenschaft, warum solche Geschichten derart viel Anklang finden. Eine Vermutung klingt paradox: Obwohl noch nie so viel Wissen wie heute allgemein verfügbar war, erscheint die Welt immer verwirrender und widersprüchlicher. Wenn bestimmte Ereignisse nicht in ihr Weltbild passen, suchen Viele angesichts der daraus resultierenden kognitiven Dissonanz nach Erklärungen; je simpler und einleuchtender, umso besser. Entsprechend interessant sind die Berichte von geläuterten Verschwörungsgläubigen, die beschreiben, wie sie immer tiefer in einem Sumpf aus Falschmeldungen und Halbwahrheiten versunken sind. 

Die erste der sechs Folgen verdeutlicht jedoch, wie gefährlich die im Internet verbreiteten Märchen werden können, wenn sie in die Wirklichkeit schwappen, wie der amerikanische Präsidentschaftswahlkampf 2016 gezeigt hat: Rechtsradikale Trump-Anhänger streuten damals die Verleumdung, Hillary Clinton sei Teil eines Kinderpornorings, dessen Zentrale sich im Keller einer bestimmten Pizzeria in Washington befinde. Ein anonymer Nutzer, der sich "Q" nannte, hat die Lügen aufgegriffen und mit immer wieder neuen Veröffentlichungen befeuert, sodass es unter dem Schlagwort "QAnon" weltweite Kreise zog und schließlich sogar die im Rahmen des Protests gegen die Corona-Maßnahmen entstandene deutsche "Querdenker"-Bewegung beeinflusste. 

Wie empfänglich die Gefolgschaft Donald Trumps für solche "falschen Nachrichten" (Fake News) ist, belegte schließlich der Sturm aufs Capitol im Januar 2021, nachdem der Ex-Präsident wochenlang verkündet hatte, die Wahl sei ihm gestohlen worden. Hierzulande gab es einen ähnlichen Vorfall, als eine von den "Reichsbürgern" beeinflusste "Querdenker"-Gruppe im August 2020 versuchte, in den Reichstag einzudringen.

Weil sich das Trio Ehrhardt, Glander und Eberl auf aktuelle Phänomene konzentriert, kommt der historische Aspekt etwas zu kurz. Verschwörungserzählungen sind ja keineswegs ein neuzeitliches Phänomen; frühe Beispiele finden sich bereits in der Antike. Die Reihe beschäftigt sich in weiteren Episoden, die noch diesen Sommer folgen sollen, mit Geheimbünden wie den Illuminaten, mit den "Reichsbürgern" und anderen rechtsradikalen Gruppierungen sowie mit der angeblichen Klimalüge. ZDFinfo zeigt die drei ersten Beiträge heute ab 20.15 Uhr; sie können bereits in der ZDF-Mediathek abgerufen werden.