Ein Papst mit Durchhaltevermögen - Hype in Chicago

Papst Leo XIV. schwenkt einen Sombrero
Vatican Media/Divisione Produzio/dpa
Der neue Papst ist fit. Dabei hat Leo XIV. sein Amt erst in einem Alter angetreten, in dem viele andere bereits den Ruhestand genießen.
Leo XIV. wird 70
Ein Papst mit Durchhaltevermögen - Hype in Chicago
Papst Leo XIV. feiert den 70sten (14. September). Nach vier Monaten im Amt zeigt sich bereits die eine oder andere Eigenheit, die das neue Oberhaupt der katholischen Kirche mitbringt. Seit der Wahl von Robert Francis Prevost zum Papst ist ein Hype in seiner Heimatstadt Chicago im US-Bundesstaat Illinois ausgebrochen.

Papst Leo XIV. hat vor allem eins: Durchhaltevermögen. Die Generalaudienz am Mittwoch wurde nun zwar von neun auf zehn Uhr um eine Stunde nach hinten verlegt. Dafür dauert sie auch mal drei Stunden. Und: Anders als sein Vorgänger Papst Franziskus geht Leo danach noch in den Petersdom.

Der neue Papst ist fit. Dabei hat er sein Amt erst in einem Alter angetreten, in dem viele andere bereits den Ruhestand genießen: Robert Francis Prevost wird am 14. September 70 Jahre alt. Beim Weltjugendtreffen, zu dem Anfang August rund eine Million junge Gläubige nach Rom gekommen waren, trug der Papst das Prozessionskreuz selbst einige Hundert Meter zum Altar.

Seit dem 8. Mai ist er das neue Oberhaupt der katholischen Kirche, seither wird jeder seiner Schritte verfolgt. Prevost ist der erste US-Amerikaner auf dem Stuhl Petri. Geboren wurde er 1955 in Chicago (Illinois). Sein Vater hat französische und italienische Wurzeln, die Mutter spanische. Rund 20 Jahre hat Prevost als Missionar und später als Bischof in Peru verbracht. Oft wechselt er in seinen Ansprachen von Italienisch zu Spanisch - öfter sogar, als er die englische Sprache verwendet.

Inhaltlich lässt sich nach rund vier Monaten im Amt noch nicht viel sagen über die Ausrichtung des Pontifikats von Leo XIV. Dass Frieden im Fokus stehen würde, wurde bereits an Tag eins deutlich. "Der Friede sei mit euch", waren seine ersten Worte an die Gläubigen. Seitdem stellt er das Thema immer wieder in den Mittelpunkt seiner Ansprachen.

Papst Leo XIV. Anfang August 2025 in Rom beim Weltjugendtreffen der katholischen Kirche.

In seiner Botschaft zum katholischen Weltfriedenstag am 1. Januar 2026, die der Vatikan wie immer bereits im Sommer vorab veröffentlicht, schreibt Leo, es reiche nicht aus, zum Frieden aufzurufen. "Wir müssen ihn in einer Lebensweise verkörpern, die jede Form von Gewalt ablehnt, sei sie sichtbar oder systemisch." Der Friede müsse "entwaffnend" sein, heißt es weiter, "in der Lage, Konflikte zu lösen, Herzen zu öffnen und gegenseitiges Vertrauen, Empathie und Hoffnung zu schaffen". In den vergangenen Wochen war immer wieder der Vatikan als möglicher Ort für Friedensgespräche zwischen der Ukraine und Russland im Gespräch. Der Papst wäre dazu bereit, hieß es.

Wie sich der neue Papst in anderen Themenbereichen, wie der Rolle der Frauen innerhalb der katholischen Kirche oder dem Umgang mit Missbrauchsfällen positionieren wird, ist noch offen. Zum Prozess der Synodalität, den Papst Franziskus in den vergangenen Jahren mit der Einberufung der Weltsynode angestoßen hatte, bekennt sich Prevost immer wieder - auch würdigt er seinen Vorgänger in vielen seiner Ansprachen namentlich. Offenbar versteht er sich auch inhaltlich als Nachfolger von Papst Franziskus.

Wohngemeinschaft mit Ordensbrüdern angestrebt

Prevost hat aber auch schon eigene Akzente gesetzt: Mit fester Stimme singt er die liturgischen Gesänge selbst, und er trägt die Mozzetta, ein Zeichen von Tradition. Anders als sein Vorgänger machte er im Sommer auch wieder Urlaub im päpstlichen Palast in Castel Gandolfo in den Albaner Bergen rund 30 Kilometer südöstlich von Rom. Auch will er wieder in den Apostolischen Palast einziehen, wo zuletzt Papst Benedikt XVI. wohnte.

Wenn die Räume hergerichtet sind - der Einzug könnte Ende September erfolgen - will Prevost laut italienischen Medien dort aber nicht alleine leben. Von einer Art Wohngemeinschaft mit drei bis vier Brüdern aus dem Augustinerorden ist in italienischen Medien zu lesen. Der Orden, dem auch Prevost angehört, legt großen Wert auf das Leben in der Gemeinschaft. "Ich werde auf vieles verzichten müssen, mein Leben hat sich verändert, aber ich werde niemals aufhören, Augustiner zu sein", sagte Leo kurz nach seiner Wahl.

Pater Gabriele Pedicino, der Leiter der Augustiner in Italien, sagte vor wenigen Tagen in einem Interview mit der italienischen Zeitung "La Repubblica", Leo sei ein sehr zurückhaltender Mensch, "in gewisser Weise schüchtern". Große Überraschungen würden nicht zu seiner sanften Art passen. "Aber er beobachtet, hört zu und wird kluge Entscheidungen treffen, auch solche, die für die Kirche einen Wendepunkt darstellen", ist der Pater überzeugt. Aber das werde Zeit und Gebete erfordern. Durchhaltevermögen ist also auch bei den Beobachtern von Leo gefragt.

Hype in Chicago - Gläubige wie Geschäftsleute feiern

Das Elternhaus von Papst Leo XIV. liegt in Chicago in einer nicht besonders schönen, aber ruhigen Nachbarschaft und ist unscheinbar: roter Klinker, graues Dach. Vor dem Eingang haben Menschen ein paar Kerzen abgestellt. Mittlerweile weist ein weißes Schild vor dem Haus in einem Chicagoer Vorort auf seine Geschichte hin: "Papst Leo XIV. - Pope Leo's childhood home" steht darauf. Das Gebäude stand zwischenzeitlich kurz vor dem Verfall und hatte in den letzten Jahrzehnten zum Teil zweifelhafte Bewohner. Es stand zum Kauf, als Robert Francis Prevost am 8. Mai zum Papst gewählt wurde. Sein Wert schoss rasant in die Höhe, es gab plötzlich zahlreiche Interessenten.

Er ist in Chicago geboren und ganz in der Nähe der US-amerikanischen Millionenmetropole aufgewachsen. Die Einwohner der Stadt am Lake Michigan feiern das neue katholische Kirchenoberhaupt seit dessen Wahl als einen der Ihren. Viele seiner Lieblingsorte sind seitdem zu regelrechten Pilgerstätten geworden. Besonders die Gemeinde Dolton, ein Vorort von Chicago, profitiert von dem neuen Papst. Hier steht das Haus, in dem er seine Kindheit verbracht hat.

Kürzlich erwarb die Gemeinde das Haus. Die Kommune will daraus eine Touristenattraktion und Pilgerstätte machen. Seit der Papstwahl pilgerten zahlreiche Besucher zu der Adresse. Nachbarin Donna Sagna hat ein Holzkreuz vor dem Haus aufgestellt. In den vergangenen Monaten erlebte sie, wie das Interesse an der Nachbarschaft wuchs. Wann immer es geht, begrüßt sie Besucher an dem Prevost-Haus. Wenn sie nicht da ist, übernimmt ihre Mutter die Wache vor dem Haus.

Besichtigungen des Elternhauses

Freundlich lädt Donna Sagna Besucher ein, sich vor die rote Eingangstür zu stellen, bietet an, Fotos zu machen: "Gehen Sie ruhig herum, auf der Rückseite gibt es noch zwei weitere rote Türen", fordert sie auf - und schon steht man in dem Garten, in dem der Papst als Kind spielte.

Eine Besucherin berichtet, dass sie mit Robert Prevost zur Schule gegangen sei. Ihre Mütter sangen gemeinsam im Kirchenchor. Sie lebt mittlerweile in Arizona. Zusammen mit ihrer Familie ist sie nun zu Besuch in ihrem alten Viertel. "Ich wollte es einfach noch mal sehen. Dass jemand, der auf meine Schule ging, Papst geworden ist, das ist doch verrückt!" Als die Familie wieder losfährt, halten bereits die nächsten Wagen. "So geht das die ganze Zeit", sagt Donna Sagna und wendet sich neuen Besuchern zu.

Mittlerweile sind auch andere Orte, die in Verbindung zum Leben des Papstes stehen, zum Anziehungspunkt für Besucher geworden. Einer, der sich das zunutze machen will, ist Tyler van Duvall. Er hat die "Chicago Pope Tours" ins Leben gerufen. Die Bus-Tour führt zu den wichtigsten Stationen der frühen Lebensjahre des Papstes. Sie beginnt an der "Holy Name Cathedral" in Chicago, wo Prevosts Eltern geheiratet haben. Die zweieinhalbstündige Tour kostet 65 US-Dollar.

Ein Gemälde von Leo ziert eine Wand im Stadion der "White Sox", das Baseball-Team ist die Lieblingsmannschaft des Papstes. Bei "Aurelio's Pizza" wird eine "Poperoni Pizza" mit extra viel Salami angeboten. Die kleine Brauerei "Burning Bush Brewery" hat das "Da Pope"-Bier auf der Speisekarte, ein mildes amerikanisches Craftbeer. "Es mag nicht das Blut Christi sein, aber es ist gesegnet mit einem biblischen Level an Geschmack", steht in der Getränkekarte.

Auch in den Andenkenläden ist das Konterfei Leos überall zu sehen. Die T-Shirts sind ein großer Verkaufshit. In einem der Souvenir-Shops am "Navy Pier" - Seebrücke, Einkaufszentrum und Veranstaltungsort der Stadt - schiebt Verkäuferin Marisol das letzte Shirt mit dem Bild des Papstes über den Verkaufstresen. "Wir verkaufen so viele davon, dass wir gar nicht mit der Bestellung hinterherkommen. Normalerweise haben wir drei Motive, das war jetzt aber das Letzte", erklärt sie. Im benachbarten Sportartikel-Geschäft gibt es immerhin noch Papst-Shirts, die Leo mit seinen Insignien in Baseballschläger-Pose zeigen.

Aber nicht überall geht es um den Papst. Der Hype ist nicht in der ganzen Stadt zu sehen und zu fühlen. Es gibt keine großen Werbebanner oder Plakate. Hotelportier Steven zuckt auf die Frage nach dem Papst und einem neuen Besucheransturm nur mit den Schultern. Auch in der benachbarten katholischen Kirche, die offen für Besucher ist, ist augenscheinlich alles wie immer. Dafür diskutieren im neuen Harry-Potter-Geschäft um die Ecke zwei Frauen, die gerade Zauberstäbe für ihre Kinder gekauft haben, wo sie noch ein Papst-T-Shirt bekommen können. Chicago und der Papst, es scheint, als sei das erst der Anfang.