Mit Pauken und Trompeten wird Papst Leo XIV. zu seinem ersten Angelus-Gebet begrüßt. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Tausende Musikerinnen und Musiker sind an diesem Sonntag in Uniform und mit ihren Instrumenten auf den Petersplatz in Rom gekommen und bereiten Robert Francis Prevost einen ganz besonderen Empfang. Die Rückkehr des neuen Papstes auf die Mittelloggia des Petersdoms, von wo aus er am Donnerstagabend seine erste Ansprache im neuen Amt gehalten hatte, fällt mit der Wallfahrt der Musikkapellen und Volksmusik zusammen.
"Viva il Papa" - "Es lebe der Papst!", schallt es immer wieder über den Petersplatz und die angrenzende Via della Conciliazione. "Leone, Leone, Leone", rufen die Menschen. Rund 100.000 sind gekommen, um beim ersten Sonntagsgebet des neuen Papstes persönlich dabei zu sein. Bereits in den Morgenstunden strömten sie aus den Gassen der Stadt in Richtung Vatikan. Der US-Amerikaner Prevost war am Donnerstag im vierten Wahlgang des Konklaves zum Nachfolger von Papst Franziskus gewählt worden.
Viele wollen ihn live erleben, sich selbst einen Eindruck davon machen, wen die Kardinäle für das Amt des Papstes ausgewählt haben. "Ich hatte vor Donnerstagabend noch nie von Prevost gehört", sagt eine junge Italienerin. "Ich bin einfach gespannt, was er für ein Mensch ist. Aber bisher macht er auf mich einen guten Eindruck."
Papst Leo ist ein musikalischer Mensch
Seit der Wahl am Donnerstagabend gibt es quasi minütlich neue Einblicke, was für eine Person das neue Oberhaupt der katholischen Kirche ist. An diesem Sonntagmittag stellt sich zum Beispiel heraus: Papst Leo XIV. ist ein musikalischer Mensch. Nach dem einleitenden Teil intoniert er singend das "Regina Coeli", das in der Osterzeit das Angelus-Gebet ersetzt. Die Gläubigen lauschen andächtig und auch etwas überrascht Leos Gesang. Nach dem Gebet brandet begeisterter Jubel auf.
Dann ergreift Papst Leo XIV. erneut das Wort und wiederholt seine Friedensbotschaft, mit der er die Menschen schon in seinem ersten Satz am Donnerstag in seinen Bann gezogen hatte. "In dem heutigen dramatischen Szenario eines Dritten Weltkriegs in Stücken, wie Papst Franziskus wiederholt gesagt hat, wende auch ich mich an die Großen der Welt und wiederhole den immer aktuellen Appell: Nie wieder Krieg!" Leo XIV. fordert unter anderem einen "authentischen, gerechten und dauerhaften Frieden für die gemarterte Ukraine" und einen sofortigen Waffenstillstand im Gaza-Streifen.
Weiße Rose für seinen Vorgänger
An diesem Wochenende erhärtet sich der Eindruck: Leo XIV. ist ein nahbarer Papst. Am Sonntagmorgen um kurz nach 10 läuft er zu Fuß zum Palazzo del Sant’Uffizio - über den Platz, der direkt an dem von der Schweizergarde bewachten Zaun vorbeiführt, der den Vatikan vom Rest Roms trennt. Die Gläubigen, die an dieser Seite in der Schlange stehen, um für das Mittagsgebet auf den Petersplatz zu gelangen, staunen nicht schlecht, als der Mann in der weißen Soutane in Sichtweite an ihnen vorbeigeht.
Wie auch die Menschen, die am Samstagabend kurz vor Sonnenuntergang noch die Basilika Santa Maria Maggiore besuchen - und dort auf den neuen Papst treffen. Jubelschreie branden auf, als Leo XIV. die mit Gläubigen gefüllte Basilika im Zentrum von Rom betritt. Am Grab von Papst Franziskus legt Prevost eine weiße Rose nieder und verharrt im Gebet.
Den Menschen nahe zeigt sich der Papst auch in seinem Gruß am Sonntag von der Loggia des Petersdoms aus, den er an alle Mütter der Welt richtet. "Heute ist der Muttertag", sagt er, während lauter Jubel der Menschenmenge aufbrandet. Er bete für alle Mütter, "die lebenden und die bereits gestorbenen". "Viva il Papa", hallt es erneut als Antwort über den Platz.
Im Anschluss an das Regina-Coeli-Gebet begibt sich das neue Kirchenoberhaupt zu den päpstlichen Gemächern im Apostolischen Palast. Hier wird er künftig leben, heißt es aus informierten Kreisen. Eine offizielle Bestätigung des Vatikans zum künftigen Wohnort des Papstes gibt es bislang nicht. Franziskus blieb nach seiner Wahl 2013 einfach im Gästehaus Santa Marta. An diesem Sonntag ist aber noch kein Umzug vorgesehen - der neue Papst hat zunächst nur das Siegel gebrochen, das der Tradition folgend nach dem Tod von Franziskus die apostolischen Gemächer verschlossen hatte.
Derweil feiern die Menschen auf dem Platz weiter ein buntes Fest. Fahnen aus aller Welt werden geschwenkt, und die Musik der vielen Blaskapellen vermischt sich mit dem Geläut des Petersdoms. Auch wenn man ihn erst kennenlernen muss - die Freude über den neuen Papst ist an diesem Tag in Rom deutlich zu spüren.