Wenn der Papst einen Kardinal kreiert, schließlich werden sie nicht ernannt, weist er ihnen je nach Rang eine Titelkirche oder eine Titeldiakonie in Rom zu. Die Kardinalpriester, meistens sind sie Diözesanbischöfe, erhalten Titelkirchen. Die Kardinäle, die in der römischen Kurie arbeiten, werden zumeist Kardinaldiakone.
Ihnen wird eine Titeldiakonie zugewiesen. Wenn sie mindestens zehn Jahre im Amt sind, werden sie oft "pro hac vice" (für dieses Mal) zu Kardinalpriestern erhoben. Ihre Titeldiakonie wird dann, in aller Regel auch "pro hac vice" zur Titelkirche. Wenn der Kardinal dann stirbt, wird sie wieder zur Titeldiakonie.
Doch was hat es mit dieser Tradition auf sich?
Spätestens seit dem 4. Jahrhundert wurde der Papst in seiner Arbeit, zum Beispiel auch in der Liturgie, von den Priestern Roms unterstützt. Seit die Kirche immer größer wurde, wurden auch die Aufgaben der Priester in Rom immer mehr und komplexer. So wurde das Amt der Kardinäle stärker vom Klerus der Stadt Rom gelöst.
Trotzdem wollte der Papst die Kardinäle an sich und an die Stadt Rom binden.
Deshalb wird bis heute jedem Kardinal bei seiner Kreierung eine der Kirchen Roms zugewiesen. Je nachdem, wie oft der entsprechende Kardinal in Rom ist, oder vielleicht sogar dort wohnt, ist er in seiner Kirche mal mehr und mal weniger präsent. Es wird jedoch erwartet, dass er sich nicht nur spirituell, sondern auch materiell um seine Kirche kümmert.
Damit das auch für Kardinäle aus ärmeren Diözesen finanzierbar ist, erhalten diese oft moderne Kirchen. Bei ihnen ist erstmal keine große und aufwändige Restaurierung zu erwarten, die sie selbst finanziell unterstützen oder für die sie finanzielle Mittel einwerben müssten.
Dadurch werden sie aber leider auch oft an den Stadtrand verdrängt. Dort wurden mit dem Wachstum der Stadt auch viele neue Kirchen gebaut, von denen einige mittlerweile Titelkirchen sind. Die großen und alten Kirchen im Zentrum Roms werden oft an Kardinäle aus Europa oder den USA vergeben.
Nachdem der Kardinal vom Papst kreiert wurde, nimmt er, in der Regel ein paar Monate später, seine Titelkirche in Besitz.
Was passiert bei der Inbesitznahme einer Titelkirche?
Am Sonntag, 16. November 2025, haben zwei Kardinäle ihre Titelkirchen in Besitz genommen. Sie wurden im Dezember 2024 in seinem letzten Konsistorium von Papst Franziskus kreiert. Aufgrund der Veränderungen, die der Tod von Papst Franziskus und das anschließende Konklave ausgelöst haben, haben sie ihre Titelkirchen erst beinahe ein Jahr nach ihrer Kreierung in Besitz genommen.
Einer von ihnen ist der 55-jährige Italiener Baldassare Reina. Vor seiner Kardinalskreierung war er Weihbischof in Rom. Papst Franziskus ernannte ihn im letzten Jahr zu seinem Generalvikar für das Bistum Rom. Eigentlich obliegt dem Papst als Bischof von Rom die Verwaltung des Bistums Rom. Da er aber eben auch der Papst ist, ernennt er einen "Generalvikar Seiner Heiligkeit für das Bistum Rom" im Kardinalsrang. Er übernimmt im Namen des Papstes die Verwaltungs- und Leitungsaufgaben im Bistum.
Der, der Titelkirche zugeteilte, Kardinal wird in einer ähnlichen Art in sein Amt eingeführt, wie ein "normaler" Gemeindepfarrer. Zu Beginn des Gottesdienstes segnet er die Gemeinde mit Weihwasser. Dieser Ritus ist heute in vielen Gemeinden, wenn auch nicht mehr verpflichtend, üblich. Danach erhält der Kardinal ein Messgewand, um in seiner Titelkirche die Messe feiern zu können. Da die meisten Kardinäle Bischöfe sind, erhalten sie zusätzlich zum Messgewand noch eine Mitra und einen Bischofsstab. Nachdem der Kardinal das geschenkte Messgewand angelegt hat, feiert er zum ersten Mal die Messe in seiner Kirche.
Die einzige Abweichung von einer regulären Messfeier bildet in diesem Fall die Verlesung der Ernennungsurkunde, die vom Papst verfasst wurde. Im Fall von Baldassare Kardinal Reina kam noch die Urkunde dazu, mit der seine Titelkirche in diesen Rang erhoben wurde. Die Kirche Santa Maria Assunta e San Giuseppe a Primavalle wurde erst am gleichen Tag der Kreierung von Baldassare Reina zum Kardinal zur Titelkirche erhoben.
Da Papst Franziskus sehr viele Kardinäle kreierte und damit das Kardinalskollegium deutlich erweitert hat, wurde es auch notwendig, immer neue römische Pfarrkirchen zu Titeldiakonien oder Titelkirchen zu erheben.
Das hat allerdings auch den Vorteil, dass sich diese Kirchen nicht nur im Stadtzentrum befinden und so der Tatsache Rechnung getragen werden kann, dass Rom immer weiterwächst und es so auch mehr Stadtviertel gibt, in denen die Kardinäle den Papst in der Verwaltung und seelsorgerlichen Versorgung unterstützen können und müssen.
Natürlich ist das im Großen und Ganzen nur noch eine symbolische Verantwortung, aber bis heute ist sie die Voraussetzung für die Aufnahme ins Kardinalskollegium und sollte sich deshalb nicht nur auf einen kleinen Teil der Stadt oder des Bistums beschränken.




