Mit fränkischem Trotz zum neuen Gemeindehaus

Symbolbild
epd-bild/Hermann Bredehorst
Bis Ende September will der evangelische Gemeindereferent im Ruhestand, Andreas Güntzel, Spendenzusagen für mindestens 700.000 Euro für das neue Gemeindezentrum in Neuendettelsau einsammeln.
Spendengeld für den Bau
Mit fränkischem Trotz zum neuen Gemeindehaus
In Neuendettelsau planen die Evangelischen ein neues Gemeindehaus. Dafür legen sie sich richtig ins Zeug, verkaufen alte Immobilien und sammeln hunderttausende Euro an Spendenzusagen. So wollen sie die Kirchenleitung von ihren Bauplänen überzeugen.

An Zuversicht mangelt es Andreas Güntzel nicht. Der evangelische Gemeindereferent im Ruhestand hat schließlich auch Großes vor: Bis Ende September will er Spendenzusagen für mindestens 700.000 Euro für das neue Gemeindezentrum in Neuendettelsau einsammeln.

Der bisherige Erfolg gibt ihm recht: Allein seit Ende März hat die Kirchengemeinde bereits eine halbe Million Euro eingesammelt. "Dabei haben wir bislang nur in der Kerngemeinde gezielt um Unterstützung geworben", sagt Güntzel.

Kirchliche Neubauten gibt es immer seltener. Vor wenigen Wochen wurden in Bad Kissingen und in Bad Windsheim neue Gemeindezentren eingeweiht. Es seien die letzten ihrer Art, hieß es dazu jeweils fast schon apokalyptisch. Denn die bayerische Landeskirche hat mit sinkenden Mitgliederzahlen zu kämpfen und daher auch mit sinkenden Einnahmen. Gleichzeitig hat sie viele Immobilien wie Pfarr- und Gemeindehäuser, von denen wiederum etliche saniert werden müssen. Neubauten passen also kaum in die Zeit.

In Neuendettelsau ist die Sache ein wenig anders. Die Gemeinde mit rund 4.500 Gemeindemitgliedern will ihr bisheriges Gemeindezentrum, das Löhe-Haus, an die Kommune verkaufen. Dort soll dann entweder das Löhe-Zeit-Museum zur Geschichte der Neuendettelsauer Mission oder die Volkshochschule Platz finden. Das neue Gemeindezentrum mit 600 Quadratmetern Nutzfläche - und damit 200 Quadratmetern mehr als bislang - soll am Friedhof gebaut werden. "Die Räumlichkeiten im Löhe-Haus passen nicht mehr zu den Anforderungen", begründet Güntzel den Plan.

Diese neuen Anforderungen sind: ein großes helles Foyer statt dunkler Flure mit Garderobenhaken, ein Gottesdienst- und Veranstaltungssaal, flexibel nutzbare Räume und vor allem angemessene Räume für die Jugendkirche Nikolai Youth Church. Denn die musste sich bislang im Keller des Löhe-Hauses treffen, dort modert und schimmelt es seit Jahren. Dabei dürfte es wenige Kirchengemeinden in Bayern geben, in denen so viele kirchlich eng verbundene Menschen leben - was an den vielen evangelischen und diakonischen Werken, Diensten und Einrichtungen liegen dürfte.

Pfarrhaus ist bereits verkauft

Jedenfalls: Um den rund 3,4 Millionen teuren Neubau zu finanzieren, wird nicht nur das Löhe-Haus abgegeben, sondern es wurde auch das Pfarrhaus bereits verkauft. So hat die Gemeinde bereits mehr als eine Million Euro an Eigenmitteln zusammengetragen - ergibt mit der halben Spendenmillion schon fast die Hälfte der Baukosten.

Dabei ist die aktuelle Planung trotz aller Vorzüge im Vergleich zum Ist-Zustand im Löhe-Haus nur eine "Notlösung". Ursprünglich hatten Kirchengemeinde, Kommune und das landeskirchliche Partnerschaftszentrum Mission EineWelt gemeinsam ein Neubau-Projekt mit dem Namen "Centrum EineWelt" geplant. Für mehr als acht Millionen Euro sollte ein von Kirche und Kommune gemeinschaftlich genutztes Gebäude entstehen, das Teil des großen Sanierungsprojekts von Mission EineWelt mit einem Volumen von mehr als 20 Millionen Euro sein sollte.

Für das Konzept gab es von allen Seiten großes Lob, 2021 wurde es als Vorbildprojekt gepriesen, Synodalpräsidentin Annekathrin Preidel und der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) übernahmen die Schirmherrschaft für das "Paradebeispiel" einer kirchlich-kommunalen Kooperation. Doch im Oktober 2023 zog der Landeskirchenrat die Reißleine. Grund: Die "Finanzierung der Errichtung und des laufenden Betriebs" sei nicht mehr nachhaltig gesichert.

 

Das Geld ist auch die größte Hürde für das nun kirchengemeinde-interne Bauvorhaben. Denn neben der aus Immobilienverkäufen und Spenden bereits erhaltenen Million und den erwarteten Zuschüssen von Landeskirche und anderen Geldgebern in Höhe von rund 1,2 Millionen Euro fehlen noch einmal mehr als Million. "Das schaffen wir", ist Andreas Güntzel überzeugt. Im Landeskirchenamt sieht man das anders. Dort bezweifelt man, dass die Gemeinde die Lücke von einer Million Euro plus x durch Spenden schließen kann. Das Projekt wurde für die Finanzexperten zum Wackelkandidat.

Doch die Gemeindeleitung hat in München um Aufschub gebeten: "Wenn wir bis Ende September für einen Großteil der Finanzierungslücke Spendenzusagen haben, kann es noch etwas werden", hofft Güntzel. Ab 700.000 Euro sollte auch den Zuständigen im Landeskirchenamt wohler sein, mutmaßt der Gemeindereferent. Den dann noch offenen Rest könne man über Kredite finanzieren - und etwa über Mieteinnahmen abstottern.

Alle Teile der Gemeinde zögen an einem Strang - die Jugend etwa nimmt bei einem Spendenlauf für das neue Zentrum die Beine in die Hand.
"Neuendettelsau ist nicht irgendeine x-beliebige Kirchengemeinde in Bayern", sagt Güntzel. Man habe durch die vielen evangelischen Dienste, Werke und Einrichtungen im Ort durchaus eine Sonderrolle: "Und die wollen wir durch ein besonders hohes Spendenaufkommen noch einmal untermauern."