Eine "große Pflegereform" verspricht der Koalitionsvertrag von Union und SPD - vorbereitet von einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände.
Das Gremium soll am 7. Juli erstmals zusammentreten und noch vor dem Jahresende Vorschläge liefern.
Die Herausforderungen, denen sich die Gruppe stellen muss, sind vielfältig. Der Evangelische Pressedienst (epd) gibt einen Überblick:
Zahlen
Etwa 5,7 Millionen Menschen in Deutschland sind laut Statistischem Bundesamt pflegebedürftig. 78 Prozent von ihnen sind älter als 75 Jahre. Der Großteil der Betroffenen (86 Prozent) wird zu Hause versorgt, meist von den eigenen Angehörigen. Rund 800.000 Menschen leben vollstationär in Pflegeheimen. Das Statistische Bundesamt geht davon aus, dass es bereits in zehn Jahren etwa 6,3 Millionen Pflegebedürftige geben wird und 2055 ungefähr 7,6 Millionen. Mit dieser Entwicklung kann die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen - und damit potenziell beitragszahlenden - Alter nicht mithalten.
Pflegeversicherung
Die Ausgaben der Pflegeversicherung steigen und steigen. 2024 zahlte sie mehr als 60 Milliarden Euro für unterschiedliche Leistungen für die Pflegebedürftigen. Das Jahr schloss sie mit einem Defizit von 1,54 Milliarden Euro ab; auch im ersten Quartal 2025 stand sie in den roten Zahlen. Derweil liegt der allgemeine Beitragssatz inzwischen bei 3,6 Prozent. Das ist zwar wenig im Vergleich zu anderen Sozialversicherungsabgaben, noch vor zehn Jahren aber lag der Beitrag bei lediglich 2,35 Prozent.
Abseits weiterer Beitragserhöhungen gibt es viele Ideen, um das Missverhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben der Pflegeversicherung anzugehen. Der GKV-Spitzenverband fordert zum Beispiel, dass der Bund Kosten für versicherungsfremde Leistungen ausgleicht, darunter mehrere Milliarden an Ausgaben während der Pandemie, etwa für Corona-Tests in Pflegeheimen.
Für mehr Einnahmen wird eine Anhebung oder Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze ins Spiel gebracht. Die Idee einer Bürgerversicherung, in die alle einzahlen, also auch die heute privat Versicherten, hat ebenfalls Anhänger. Ein anderer Weg wäre, verstärkt auf private Vorsorge zu setzen und weniger Pflegebedarf als heute über die soziale Pflegeversicherung abzudecken.
Häusliche Pflege
Angehörige übernehmen ganz oder teilweise die Versorgung für den Großteil der Pflegebedürftigen. Das bedeutet oft nicht nur eine belastende Lebenssituation, sondern auch viel Bürokratie und zudem finanzielle Einbußen. Das Pflegegeld kann in der Regel die Reduzierung der Berufstätigkeit nicht ausgleichen. Zwar gibt es mit der Pflegezeit das Recht auf Freistellung von der Arbeit, allerdings nur für sechs Monate und ohne Lohn oder andere finanzielle Unterstützung. Helfen könnte ein Familienpflegegeld, das ähnlich dem Elterngeld an die frühere Lohnhöhe gekoppelt wäre und für einen gewissen Zeitraum vom Staat gezahlt würde. Dieses müsste aber auch finanziert werden.
Ein besonderer Fall ist die sogenannte 24-Stunden-Pflege: Dabei zieht eine Pflegekraft bei dem zu versorgenden Menschen ein und ist praktisch rund um die Uhr zuständig. Das verstößt unter anderem gegen das Arbeitszeitgesetz. Dennoch nutzen Schätzungen zufolge bundesweit rund 300.000 Familien diese Angebote.
Stationäre Pflege
Die Demografie belastet die stationäre Pflege gleich doppelt: Wegen der wachsenden Zahl an Pflegebedürftigen wächst die Nachfrage, gleichzeitig altert die Belegschaft und die Nachwuchsgewinnung in der Pflegebranche wird schwieriger. Hinzu kommen finanzielle Probleme für Pflegeeinrichtungen und Betroffene, wenn die Sozialämter für die Kostenübernahme zuständig sind und erst mit deutlicher Verzögerung zahlen.
Für die Menschen, die auf stationäre Pflege angewiesen sind, stellen vor allem die stetig steigenden Eigenanteile ein großes Problem dar. Hier hat die Politik zwar bereits mehrmals eingegriffen, dennoch müssen die Pflegebedürftigen laut einer Erhebung des Verbands der Ersatzkassen (vdek) im ersten Jahr des Heimaufenthalts im Schnitt knapp 3.000 Euro monatlich selbst zahlen.