Trotz sinkender Mitgliederzahlen und abnehmender Finanzkraft blickt der langjährige Stader Regionalbischof Hans Christian Brandy mit Optimismus in die Zukunft der Kirche. "Gottes Geist hat seine Kirche stets inspiriert, hat ihr neue Ideen und Gestalten gegeben", sagte Brandy am Sonntag in seiner Abschiedspredigt in der Stader St. Wilhadi-Kirche.
Nach 34 Jahren als Pastor und 15 Jahren als Regionalbischof, früher Landessuperintendent, im hannoverschen Kirchenbezirk Stade wurde er mit einem festlichen Gottesdienst in den Ruhestand verabschiedet. Dabei blickte er mit Dankbarkeit und Kritik auf die vergangenen Jahrzehnte zurück. Landesbischof Ralf Meister entpflichtete den 66-jährigen evangelischen Theologen, der zwischen Elbe und Weser, im Sprengel Stade, die geistliche Leitung und Aufsicht hatte.
Meister: Brandy war bodenständig und verlässlich
Brandy habe als leidenschaftlicher Theologe bodenständig, mit ausgleichendem Stil, verlässlich und mit bemerkenswertem Durchhaltevermögen gearbeitet, sagte Meister. Der direkte Kontakt zu den Gemeinden sei ihm besonders wichtig gewesen, Antrittsbesuche in allen Pfarrhäusern des Sprengels "kein Pflichttermin, sondern ein Zeichen ehrlichen Interesses".
In seiner letzten Predigt als Regionalbischof distanzierte sich Brandy von einem verstorbenen charismatischen Theologen, dem eine Studie Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt nachweist und der auch für Brandy eine wichtige Rolle gespielt hat. "Da war vieles, was nicht nur nicht satt machte, sondern das giftig war, das Menschen geschädigt hat und das großes Unrecht war."
Jugendzeit von übergiffigem Pastor V. beeinflusst
Brandys persönliche Geschichte war eigenen Worten zufolge seit seinem 15. Geburtstag und vor allem in der Jugend- und Studentenzeit durch den evangelischen Pastor V. (1930-2011) aus Hermannsburg bei Celle beeinflusst. V. hatte die geistliche Gemeinschaft "Kleine Brüder vom Kreuz", der auch Brandy angehörte, gegründet und über viele Jahre geleitet.
Brandy sagte am Sonntag rückblickend: "Ich sehe heute deutlich, seit dieser Woche noch einmal deutlicher, Abgründe und tiefe Schatten über dieser Geschichte." Als promovierte Theologe war Brandy von 1991 bis 1994 Gemeindepastor in Steyerberg bei Nienburg. Danach arbeitete er als persönlicher Referent von Landesbischof Horst Hirschler und dessen Nachfolgerin Margot Käßmann. Vor seiner Dienstzeit in Stade wechselte der passionierte Langstrecken-Radfahrer als Dezernent in das Landeskirchenamt.
Er sei in seiner Dienstzeit auf wunderbare Menschen und Gemeinden gestoßen, die Gottes Berufung mit Fantasie und Liebe lebten, sagte Brandy zu seinem Abschied in der Wilhadi-Kirche: "Von Tafeln bis zur Urlauberkirche, von Pop-Up-Pub bis zur Singschule, vom Hospiz bis zum Seemannsclub, von Segensgottesdiensten bis zu Klimaprojekten und auch bis zu viel guter Alltagsarbeit."
Brandys Nachfolge übernimmt die 52-jährige Pastorin Sabine Preuschoff. Die gebürtige Bremerin ist derzeit Superintendentin des Kirchenkreises Burgdorf bei Hannover. Ihren Dienst als Regionalbischöfin in Stade soll sie im November antreten. Zum Sprengel Stade gehören 182 Gemeinden mit rund 480.000 Kirchenmitgliedern.