Festival gegen Rechts in Jamel und Studenten im Iran geehrt

Musikfestival "Jamel rockt den Förster" in Mecklenburg-Vorpommern
Jamel rockt den Förster / forstrock.de
Wird dieses mit dem zweigeteilten Aachener Friedenspreis ausgezeichnet: Musikfestival "Jamel rockt den Förster" gegen Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern
Aachener Friedenspreis geteilt
Festival gegen Rechts in Jamel und Studenten im Iran geehrt
Der Aachener Friedenspreis 2025 geht an ein Festival gegen Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern sowie an eine studentische Medienplattform im Iran. Das Ehepaar Lohmeyer aus dem nahezu vollständig von Neonazis übernommenen Dorf Jamel organisiert dort jährlich das Festival "Jamel rockt den Förster". Der "Amirkabir Newsletter" vernetze Proteste und dokumentiere Repressionen gegen Studierende und Lehrende an iranischen Hochschulen, teilte der Friedenspreis-Verein am Donnerstag mit. Die Auszeichnung wird am 1. September verliehen.

Der Friedenspreis-Verein würdigte das Ehepaar Lohmeyer als Verteidiger von Demokratie und Frieden und Vorbild: "Trotz Widerstands und täglicher Bedrohung geben sie ihren Raum nicht auf und bleiben standhaft." Das persönliche Risiko, das sie eingingen, verdiene "höchste Anerkennung".

Das Ehepaar Birgit und Horst Lohmeyer stelle sich mit ihrem seit 2007 jährlich organisierten Musikfestival "Jamel rockt den Förster" trotz zahlreicher Bedrohungen und Angriffe gegen den Rechtsextremismus vor ihrer Haustür, hieß es. Nachdem sie 2004 den Forsthof in Jamel im Wismarer Umland übernommen hatten, hätten sie festgestellt, dass immer mehr Familien aus der rechtsradikalen Szene in den Ort zogen. Um der Vereinnahmung ihres Dorfes etwas entgegenzusetzen, starteten sie mit dem Festival.

Nach einem schweren Brandanschlag auf das Gelände 2015, dem beinahe auch das Wohnhaus zum Opfer gefallen sei, habe die Veranstaltung massiv an Popularität gewonnen und zähle inzwischen mehr als 3.500 Besucher. Neben Musik mit bekannten Bands umfasst das Programm nun auch Workshops und Informationsangebote.

Aktuell liegen die Veranstalter in einem Rechtsstreit mit der Gemeinde, die in diesem Jahr erstmals ein Nutzungsentgelt für das Festivalgelände verlangt. Einen Eilantrag dagegen wies das Verwaltungsgericht Schwerin ab (AZ: 3 B 1317/25 SN).

"Es wird immer schwieriger für das Festival"

Birgit und Horst Lohmeyer erklärten zur Preiszuerkennung: "Wir freuen uns sehr, dass mit dem Aachener Friedenspreis unser ehrenamtliches, zivilgesellschaftliches Engagement für Frieden und Solidarität gewürdigt wird. Dies stärkt unsere Motivation, weiter aktiv und laut für eine demokratische, pluralistische und die Menschenrechte achtende Gesellschaft einzutreten."

Das Ehepaar wies daraufhin, dass das Festival immer mehr "offensichtlicher diskreditiert und isoliert" werde: "Für manche Leute hier sind wir noch immer der "Klassenfeind" per se. Die Schwierigkeiten, das Festival durchzuführen, werden immer größer. Die Unterstützung vor Ort schwindet."

"Wichtige" Studenten-Publikation im Iran 

Der "Amirkabir Newsletter" sei Ende der 1990er Jahre zunächst als Mitteilungsblatt Studierender der Amirkabir-Universität in Teheran erschienen und habe seine Reichweite dann durch das Internet erweitert, hieß es. Bis zur Sperrung der Website 2009 habe die Plattform unter anderem über Menschenrechtsverletzungen, Aktionsaufrufe und Studentenproteste berichtet. 2015 habe der Newsletter seine Aktivitäten in Form eines Telegram-Kanals und weiterer Social-Media-Präsenzen wieder aufgenommen. Mehrfach seien Redaktionsmitglieder entführt, verhaftet und verurteilt worden.

(Archiv-Foto 11.1.2020) Iranische Studenten demonstrieren vor der Amirkabir Universität in der Teheraner Innenstadt nach einer Trauerfeier für die Opfer eines Flugzeugabsturzes.

Der Friedenspreis-Verein würdigte den Mut der Redaktion, die wegen zahlreicher Repressionen im Verborgenen arbeiten müsse. Die Publikation sei ein wichtiges Informationsmedium und eine unerlässliche Vernetzungsplattform für eine Protestbewegung, die weitgehend anonym im Untergrund organisiert sei.

Der Aachener Friedenspreis zeichnet seit 1988 jährlich Menschen und Gruppen aus, die an der Basis und oft aus benachteiligten Positionen heraus für Frieden und Verständigung arbeiten. Wer den mit jeweils 2.000 Euro dotierten Preis erhält, entscheidet die Mitgliederversammlung des Vereins.

Stichwort: Aachener Friedenspreis
Der Aachener Friedenspreis wird seit 1988 an Menschen und Gruppen verliehen, die sich für Frieden und Verständigung einsetzen. "Wir wollen sie ehren, wenn sie Frieden gestiftet haben durch Gerechtigkeitssinn, Menschlichkeit, Hilfsbereitschaft; durch Gewaltlosigkeit, Zivilcourage, Tatkraft, Sachlichkeit und Herz", heißt es in der Gründungserklärung.

Der mit jeweils 2.000 Euro dotierte Preis ist meist zweigeteilt und geht somit an zwei verschiedene Initiativen oder Einzelpersonen.

Geehrt werden vor allem eher unbekannte Projekte oder Menschen. Sie sollen durch die renommierte Auszeichnung öffentliche Aufmerksamkeit erhalten und vor Repressionen und Gewalt geschützt werden. Die Verleihung findet traditionell am 1. September, dem Antikriegstag, statt.

Getragen wird der Aachener Friedenspreis von rund 50 kirchlichen, politischen, gewerkschaftlichen und gesellschaftlichen Gruppen sowie etwa 300 Einzelpersonen, die im Verein "Aachener Friedenspreis" zusammengeschlossen sind. Wer den Preis erhält, entscheidet die Mitgliederversammlung des Vereins.

Zu den bisherigen Preisträgern gehören unter anderem der Initiativkreis gegen Atomwaffen in Büchel, die türkische Menschenrechtsaktivistin Leyla Zana, die Menschenrechtsorganisationen Borderline Europe und Pro Asyl und das Wanderkirchenasyl NRW. Im vergangenen Jahr ging die Auszeichnung an die "Omas gegen Rechts" und die "Youth Initiative for Human Rights".

Link zur Podcast-Folge mit Birgit Lohmeyer: https://open.spotify.com/episode/3MxBmkwC4ms7ZLzReYOiQE?si=1a53e57ac766486e