Gesetz macht Geschlechtseintrag möglich

Regenbogenfahne im Wind mit Himmel im Hintergrund
epd-bild/Christian Ditsch
Der Bundestag beschließt das neue Selbstbestimmungsgesetz. Kritik kommt von der Opposition, die die Schutzfunktion des Staates gegenüber Kindern und Jugendlichen vernachlässigt sieht.
Selbstbestimmung für Minderjährige
Gesetz macht Geschlechtseintrag möglich
Das Selbstbestimmungsgesetz gehört zu den besonders hitzig diskutierten Gesetzesvorhaben der Ampel-Koalition. Es erleichtert trans- und intergeschlechtlichen Personen, ihren Geschlechtseintrag zu ändern. Nun hat es der Bundestag mehrheitlich beschlossen. Die Opposition kritisiert insbesondere die vereinfachte Möglichkeit für Minderjährige.

Der Geschlechtseintrag einer Person kann beim Standesamt künftig deutlich einfacher geändert werden. Mehrheitlich stimmte der Bundestag am Freitag in Berlin für das Selbstbestimmungsgesetz. Für trans- und intergeschlechtliche Menschen sowie Personen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen, wird die Änderung des Geschlechtseintrags damit ein bloßer Verwaltungsakt.

Derzeit sind ärztliche Begutachtungen mit intimsten Fragen und ein Gerichtsverfahren dafür notwendig, was von Betroffenen als entwürdigend empfunden wird. Auch für Minderjährige kann künftig der Geschlechtseintrag geändert werden. Jugendliche ab 14 Jahren brauchen dafür die Zustimmung der Eltern. Bis zum Alter von 14 Jahren können Eltern eine Erklärung zur Änderung des Geschlechtseintrags abgeben - nicht aber gegen den Willen des Kindes. Ab dem Alter von fünf Jahren muss das Kind dabei zustimmen. 

Insbesondere die Möglichkeit für Minderjährige kritisierte die Union. Die Schutzfunktion des Staates gegenüber Kindern und Jugendlichen werde vernachlässigt, sagt die CDU-Abgeordnete Mareike Lotte Wulf. Zudem werde möglichem Missbrauch nichts entgegengesetzt. Kritik am Gesetz kam auch von der AfD, die das Gesetz als "ideologischen Unfug", geißelt sowie dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). "Das Geschlecht wird von einer biologischen Tatsache zu einer Frage der Gemütsverfassung", sagt Sahra Wagenknecht. 

Redner und Rednerinnen der Koalition stellen die Rechte der Minderheit der trans- und intergeschlechtlichen Menschen in den Mittelpunkt. Die FDP-Abgeordnete Katrin Helling-Plahr erinnert daran, dass Teile des bisherigen Transsexuellengesetzes, das Gutachten zur Voraussetzung eines Geschlechtswechsels macht, bereits in der Vergangenheit vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig kassiert worden waren. Der Queer-Beauftragte der Regierung, Sven Lehmann (Grüne), sagt: "Das Gesetz wird das Leben von transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen und nicht-binären Menschen spürbar erleichtern und verbessern." Es sei erklärtes Ziel des Gesetzes, das Recht jedes Menschen auf die eigene Persönlichkeit und eine respektvolle Behandlung in Bezug auf die verfassungsrechtlich geschützte Geschlechtsidentität zu verwirklichen." 

Das verabschiedete Gesetz sieht vor, dass nach Ablauf eines Jahres der Geschlechtseintrag wieder geändert werden kann. Auf medizinische Eingriffe zur Geschlechtsangleichung hat das Gesetz keine Auswirkung. Dafür gelten eigene Regelungen und Leitlinien. In besonderen Schutzräume für Frauen, etwa Frauenhäusern, gilt weiter das Hausrecht. Die Verantwortlichen entscheiden selbst, wer Zutritt erhält, um ein sicherer Ort zu bleiben. Für die Änderung des Geschlechtseintrags muss die entsprechende Erklärung beim Standesamt angemeldet werden. Nach einer dreimonatigen Wartefrist kann sie dann abgegeben werden und wird wirksam.

Das neue Gesetz, das das als diskriminierend empfundene Transsexuellengesetz ablöst, tritt am 1. November in Kraft. Schon ab August sollen aber Anmeldungen für die Änderung des Geschlechtseintrags möglich sein, die dann mit Inkrafttreten bereits wirksam werden können. Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, bezeichnet das Gesetz als "großen gesellschaftlichen Fortschritt". Es helfe einer kleinen Minderheit, für die allermeisten Menschen ändere sich derweil nichts.