Fischerdorf kämpft mit steigendem Meeresspiegel

© epd-bild/Lisa Kunert
Eingefallene Mauern und Schutt von Häusern machen klar, wie das Dorf immer mehr durch den Anstieg des Meeresspiegels zerstört wird.
Das Wasser kommt immer näher
Fischerdorf kämpft mit steigendem Meeresspiegel
Jedes Jahr kommt das Wasser ein Stück näher: Das Dorf Cedeño an der Pazifikküste von Honduras versinkt wegen des Klimawandels im Meer. Die Bewohner fordern einen Plan für die Umsiedlung - doch die Klimaanpassung hat in dem Land keine Priorität.

Klares Wasser, feuchtwarme Luft und ein mehrere Kilometer langer Sandstrand - auf den ersten Blick wirkt der kleine Küstenort Cedeño an der Pazifikküste von Honduras wie ein Urlaubsparadies. Doch die eingefallenen Mauern und der Schutt von Häusern auf dem Sandstreifen zeugen von der Zerstörung durch den Anstieg des Meeresspiegels. Anwohnerin Francis Asusena Cruz zeigt auf einige Baureste im Sand: "Hier stand mal mein Haus", erzählt sie.

Der Anstieg des Meeresspiegels ist eine direkte Folge der Klimakrise. Durch Gewitter oder Stürme kommt es zu Flutwellen, dringt plötzlich Wasser in die Häuser ein. "Zum Glück haben wir bisher kein Menschenleben verloren", sagt Asusena Cruz. "Aber Materialien, Besitz, das verlieren wir immer wieder."

Sie hat ausgerechnet, dass sie schon rund eine halbe Million honduranische Lempira (etwa 18.000 Euro) an das Meer verloren hat. Den meisten der rund 7.000 Einwohnerinnen und Einwohner des Ortes geht es ähnlich: Wo früher einmal Hotels, ein Fußballplatz und das Dorfzentrum waren, ist inzwischen nur noch Meer.

Francis Asusena Cruz am Strand vom Küstenort Cedeño.  Hier frisst sich das Meer im Schnitt 1,22 Meter pro Jahr weiter in das Dorf.

Dagoberto Majada ist 60 Jahre alt und in dem Fischerdorf aufgewachsen. "Cedeño war einmal wunderschön", erzählt er. In seiner Kindheit habe man überall Meeresschildkröten gesehen, zu Ostern seien viele Touristen gekommen. Schon seit den 1970er Jahren spürt er, dass das Meer näherkommt.

Armut und Hoffnungslosigkeit

Bis heute leben die Menschen in Cedeño hauptsächlich von der Fischerei und vom Tourismus. Der Tourismus bringt vor allem im Sommer Einnahmen, die Fischerei läuft eher schlecht. Viele Menschen verlassen darum die Region. Francis Asusena Cruz fängt an zu weinen, als sie erzählt, dass drei ihrer Kinder inzwischen in den USA leben. "Hier gibt es keine Arbeit", sagt die kleine Frau, die laut und aufgeregt spricht.

Armut und Hoffnungslosigkeit sind in Honduras allgegenwärtig, zudem kämpft das mittelamerikanische Land gegen Korruption und Gewalt. Rund ein Viertel der knapp 10,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner ist laut den UN von akuter Ernährungsunsicherheit und Hunger betroffen. Die Bekämpfung der Klimakrise hat politisch keine Priorität. "Es ist schwierig, sich über Klimafragen Gedanken zu machen, wenn man Hunger hat", sagt Lucía Irene Vijil Saybe, die sich beim honduranischen Zentrum für Demokratiestudien (Cespad) mit Fragen der Klimagerechtigkeit beschäftigt.

Honduras ist für weniger als 0,1 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich, aber das Land ist zugleich verschiedenen Klimarisiken besonders ausgesetzt. Neben dem Anstieg des Meeresspiegels gehören dazu auch Hurrikans und Trockenheit. "Wir bräuchten dringend Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel", sagt Claudia Pineda von der Menschenrechtsorganisation Fian Honduras. "Aber die Regierung tut viel zu wenig."

Für Cedeño kämen Anpassungsmaßnahmen aber ohnehin zu spät - in ein paar Jahren wird das Dorf wahrscheinlich vollständig von Meer überflutet sein. "Es muss einen Plan für eine Umsiedlung von den Bewohnern hier geben", fordert Anwohner Dagoberto Majada. Ideal wäre aus seiner Sicht ein Ort nicht weit weg vom Meer, sodass die Dorfbewohner noch immer der Fischerei nachgehen können. "Wir wünschen uns Häuser, in denen wir ruhig schlafen können. Ohne Angst, dass plötzlich unsere Füße nass werden", sagt er.

Dagoberto Majada ist 60 Jahre alt und in dem Fischerdorf aufgewachsen.

Dafür bräuchten sie aber Unterstützung - vor allem finanzielle. Kaum einer hier hat Geld, um sich ein Grundstück ein bisschen weiter weg vom Meer zu kaufen. So geht es auch Francis Asusena Cruz. Sie hat inzwischen ein neues, kleines Haus. Aber auch dort fühlt sie sich nicht sicher, denn das Wasser kommt immer näher.