Sierra Leone pflanzt Bäume fürs Klima

Palme in Freetown in Sierra Leone an verwüstetem Strand.
epd-bild/Birte Mensing
Auch diese Palme am Strand von Freetown in Sierra Leone wurde vor ein paar Jahren gepflanzt und ist nun robust genug ist, um zu überleben.
Von Freetown zur Treetown
Sierra Leone pflanzt Bäume fürs Klima
Recyclingprojekte, Bildungsprogramme und viel Grün: Sierra Leones Hauptstadt Freetown wappnet sich gegen den Klimawandel. Hunderttausende Bäume und die Einbindung der Bevölkerung sollen die Lebensbedingungen verbessern.

Jeder Schritt von Pflanze zu Pflanze erfordert Kraft: Im Schlamm der Bucht vor Congo Town ist Kadiatu Turay auf Erfassungsmission. Mit dem Smartphone scannt sie an jeder Mangrovenpflanze einen dort angebrachten QR-Code und lädt ein Foto hoch. Das dokumentiert, wie sich das grüne Projekt an der Küste der sierra-leonischen Hauptstadt Freetown entwickelt.

Alle vier Monate werden Turay und andere Anwohnerinnen und Anwohner von der Stadt angeheuert, um den Fortschritt zu erfassen - im Programm "Freetown the Treetown". Knapp eine Million Bäume 50 verschiedener Arten - unter anderem Mangroven, Mangobäume und Teak-Bäume - wurden seit 2020 dabei gepflanzt. Es geht um das Klima und um ein besseres Leben in der Stadt.

Finanziert wird das Programm von Freetown als "Stadt der Bäume" mit Geldern von der Weltbank und dem Fonds zum Schutz der globalen Umwelt "Global Environment Facility". Kleine, lokale Organisationen setzen die Vorhaben um.

Ins Leben gerufen wurde das Programm von Yvonne Aki-Sawyerr, die seit 2018 Freetown als Bürgermeisterin regiert und von Anfang an Maßnahmen gegen den Klimawandel und für eine gerechtere Stadt zu ihrem Schwerpunkt erklärt hat. "Freetown transformieren" ist ihr Motto. Dazu gehören auch Recyclingprojekte, Bildungsprogramme und die Installation einer Kläranlage.

Mehr als 100.000 Mangroven haben Kadiatu Turay und andere Engagierte bereits gepflanzt, doch Sierra Leones Hauptstadt Freetown soll noch grüner werden.

In der Bucht vor dem Slum Congo Town wurden die ersten Mangroven vor sechs Jahren gepflanzt. Mittlerweile sind sie fest verwurzelt, und die im Wind wogenden Blätter leuchten grün über der Bucht. "Die Anwohner schützen die gepflanzten Bäume", sagt Saibatu Sandy von der Bürgerorganisation Fedurp, die das Team koordiniert, das sich an diesem Küstenabschnitt um das Pflanzen und den Erhalt von Mangroven kümmert.

Die Superkräfte der Mangroven 

Mangroven sind immergrüne Baum- und Straucharten, die in Salzwasser wachsen und bis zu viermal so viel CO2 speichern können wie eine vergleichbare Fläche eines Regenwaldes. Damit spielen sie im Kampf gegen die Klimakrise eine große Rolle. Die Bäume vor Congo Town schützen die Menschen in der Bucht auch, weil sie Stürme abfangen und so die Erosion der Küste und Überschwemmungen abmildern.

Mehr als 100.000 rote Mangroven haben die Engagierten hier in den vergangenen Jahren eingepflanzt. Ihre verzweigten Wurzelsysteme bieten auch Unterschlupf für Fische, die dann wiederum Fischern eine Einkommensquelle ermöglichen, wie Kadiatu Turay erklärt. "Als junger Mensch ist es nicht leicht im Slum", sagt die 34-jährige Mutter einer Tochter. Sie ist froh, dass sie sich für die Gemeinschaft engagieren kann und damit auch Geld verdient.

Einen großen Teil des "Treetown"-Projektes macht die Wiederaufforstung von Gebieten an Land aus, die in den vergangenen Jahrzehnten entwaldet wurden - für Baumaterial, Feuerholz oder Kohle. Mit immer weniger Bäumen war die Stadt immer stärker den Naturgewalten ausgesetzt. 2017 gab es nach tagelangen starken Regenfällen einen schweren Erdrutsch an einem der Hügel mitten in Freetown, bei dem mehr als tausend Menschen ums Leben kamen. Der Hang war einer der ersten, die wiederaufgeforstet wurden.

Bis in die 1990er Jahre hatte Freetown etwa eine halbe Million Einwohner. Im Bürgerkrieg, der das Land von 1991 bis 2002 erschütterte, flohen Hunderttausende Menschen vor der Gewalt in die Hauptstadt. Heute hat sich die Einwohnerzahl fast verdreifacht, und rund 40 Prozent der 1,3 Millionen Menschen leben in einem von mehreren Dutzend Slums.

In Freetown nähmen in vielen Gegenden die Anwohnerinnen und Anwohner die Lösung ihrer Probleme selbst in Angriff, sagt der Stadtforscher Joseph Macarthy vom Sierra Leone Urban Research Center. Sie organisierten sich lokal und schlössen sich in Vereinen wie Fedurp zusammen. Gemeinsam mit den Bürgerinitiativen entwickele die Stadtverwaltung dann Maßnahmen, um den Lebensraum zu verbessern und sich gegen Umweltkatastrophen und wirtschaftliche Krisen zu wappnen. Das führe nicht nur dazu, dass sich die Bürgerinnen und Bürger gesehen fühlten, betont Macarthy. Weil sie die Pläne selbst mitentwickelt hätten und Teil der Umsetzung seien, nähmen sie auch die Politikerinnen und Politiker stärker in die Pflicht.