TV-Tipp: "Düstersee"

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13. Februar, ZDF, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Düstersee"
Reihentitel wie "Ein starkes Team", "Nord Nord Mord" oder "Friesland" mögen nicht sonderlich originell klingen, sind aber eingeführte Marken, mit denen das ZDF-Publikum automatisch Stimmungen und Gesichter verbindet. Angesichts der Bezeichnung "Vernau-Krimis" aber werden selbst Krimi-Fans erst mal überlegen müssen. Seit über zehn Jahren verfilmt das ZDF die Romane von Elisabeth Herrmann bereits, "Düstersee" ist schon die siebte Adaption.

Gleichzeitig verdeutlichen die Zahlen, warum der von Jan Josef Liefers als Mann von Welt verkörperte Berliner Anwalt längst nicht so präsent ist wie andere Reihenfiguren, die zum Teil bis zu dreimal pro Jahr ermitteln; allerdings erscheinen auch die Romane sehr unregelmäßig. Hinzu kommt, dass das Niveau der Verfilmungen bislang sehr wechselhaft war. Einige Geschichten brauchten einen viel zu langen Anlauf, andere hatten dramaturgische Schwächen.

Die ersten vier Episoden hat der 2016 verstorbene Carlo Rola inszeniert, anschließend hat Josef Rusnak übernommen und mit "Totengebet" (2019) an die Qualität des Auftakts ("Das Kindermädchen", 2012) angeknüpft. Der Regisseur hat zuletzt vor allem für die mittlerweile eingestellte, aber stets herausragend gute ZDF-Reihe "Neben der Spur" gearbeitet und mit Hauptdarsteller Ulrich Noethen 2022 auch die neuen "Wendland"-Krimis begonnen.

Die "Vernau"-Verfilmungen haben nicht zuletzt dank Liefers eine etwas andere Ausrichtung, der Tonfall ist leichter, die Spannung resultiert nur selten aus Nervenkitzel; selbst beim Finale wird "Düstersee" nicht zum Thriller. Auch die Musik signalisiert über weite Strecken, dass der Film vor allem Kurzweil bieten möchte.

Eine Komödie ist die Geschichte jedoch nicht, auch wenn der Auftakt nicht erahnen lässt, welche mörderischen Dimensionen die Handlung noch annehmen wird: Hildegard Vernau (Elisabeth Schwarz) bittet den Sohn, ihre Lebensgefährtin "Hüthchen" (Carmen-Maja Antoni) zu observieren; sie fürchtet, dass die alte Dame, die sich regelmäßig wegen angeblicher Erbschaftsangelegenheiten in die Uckermark verabschiedet, eine Affäre hat. Der Observierungsauftrag stellt für den renommierten Juristen zwar eine komplette Unterforderung dar, aber dann gerät er unversehens in ein Handlungskonglomerat aus riesigem Investorenprojekt und familiärer Tragödie.

Der Prolog entspricht allerdings einem "richtigen Horrorfilm", wie ein junger Mann feststellt, als er sich mit seiner Freundin nachts zum Schäferstündchen in einer leerstehenden Villa trifft. Das Anwesen wirkt bei Nacht ohnehin schon gruselig, die wallenden Nebel tun ein Übriges, Blutmondlicht fällt durch die mit Brettern vernagelten Fenster; die Bildgestaltung (Clemens Majunke) dieser Szene ist sehr kunstvoll. Die schauerromantische Stimmung kippt jedoch schlagartig, als ein Feuer ausbricht und der einzige Fluchtweg versperrt ist.

Zehn Jahre später folgt Vernau der Freundin seiner Mutter zu just diesem mittlerweile prachtvoll renovierten Gebäude: Investor Steinhoff hat die halbe Gegend rund um den titelgebenden Düstersee aufgekauft. Er will mitten in der Uckermärkischen Seenlandschaft ein touristisches "Klein Venedig" errichten. Vernau verbringt nicht ganz freiwillig die Nacht im Bootshaus des Mannes, der am nächsten Morgen tot auf einer Bank sitzt. Herzinfarkt, vermutet der zuständige Kommissar (Andreas Anke); damit ist der Fall für ihn erledigt. Die Witwe (Katharina Heyer) ist jedoch überzeugt, dass jemand den Gatten auf dem Gewissen hat: Steinhoff war Asthmatiker, er hatte immer einen Inhalator dabei, aber der ist verschwunden. Als kurz drauf eine Grundstücksbesitzerin, die nicht an Steinhoff verkaufen wollte, erschlagen wird, gerät ausgerechnet die harmlose Hüthchen in Verdacht. 

Bei seinen ersten beiden "Vernau"-Filmen war Rusnak Koautor, diesmal hat er das Drehbuch allein verfasst. Die Geschichte entwickelt eine unerwartete Komplexität, aber für das Sehvergnügen sorgen vor allem die Mitwirkenden, darunter Liefers-Gattin Anna Loos als Heilpraktikerin, die nicht zulassen will, dass die Gegend zu einem Disneyland für die "Hipster" aus Berlin wird, sowie Winfried Glatzeder als vermeintliches Objekt von Hüthchens Begierde; der Mann sieht zwar aus wie ein Abenteurer, entpuppt sich jedoch als Bürgermeister der Gemeinde.

Eine besonders reizvolle Rolle spielt Tara Fischer als Steinhoffs attraktive Stieftochter, die düstere Blutmondbilder malt. Als Vernau erkennt, wer hinter der einstigen Brandstiftung steckt und dass es mitnichten um Geld, sondern um Rache geht, gerät er prompt selbst in Lebensgefahr. Die Haltung des Films bleibt dennoch entspannt. Besonders vergnüglich ist eine Szene mit Augenzwinkern, in der der Anwalt unter fernmündlicher Anleitung Steinhoffs Leiche obduzieren soll; schließlich spielt Liefers im "Tatort" aus Münster selbst einen Rechtsmediziner.