Ethikratsvorsitzender plädiert für klassische Bildung

Goethe mit Hut
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Wer ist nochmal der Mann mit dem Schlapphut? Klassische Bildung wie Goethes Faust oder die Bibel sollten in Zeiten Künstlicher Intelligenz wieder mehr Beachtung finden, sagt Peter Dabrock.
Ethikratsvorsitzender plädiert für klassische Bildung
Angesichts Künstlicher Intelligenz sollten Werke wie Goethes Faust oder die Bibel wieder mehr Beachtung finden, sagt Peter Dabrock, der Vorsitzende des Deutschen Ethikrates.

Der Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Peter Dabrock, hat mit Blick auf das Voranschreiten der Künstlichen Intelligenz (KI) zu mehr klassischer Bildung aufgefordert. Die Bibel, Goethes "Faust", Mathematik und Logik, zwei Fremdsprachen, Musik und Sport seien wichtiger als bereits nach einigen Monaten veraltete Programmiersprachen, sagte Dabrock bei einer Veranstaltung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Brüssel. "Das, glaube ich, brauchen wir mehr denn je, umso komplexer die Welt wird." Im Europaparlament war zuvor die KI auch von Vertretern anderer Glaubensrichtungen diskutiert worden.

Dabrock zufolge hilft klassische Bildung, die Fähigkeiten zur Unterscheidung und zum Zulassen von Zweideutigkeiten auszubilden. "Die Bibel ist eben wie Goethes 'Faust' ein Beispiel für menschliche Möglichkeiten. Alles, was es im Menschlichen gibt - mit allen Höhen und mit den schrecklichsten Tiefen - findet sich eben in der Bibel", erklärte der Professor. Wenn man Fremdsprachen lerne, tauche man in andere Denksysteme ein. Das erreiche man nicht, wenn man automatische Übersetzungssysteme wie Google Translate oder DeepL nutze.

Folgen für die Menschenwürde

Dabrock machte aber auch auf die Potenziale der KI und moderner Technologien zur Verbesserung des Lebens aufmerksam. So könne sich beispielsweise in der Krebsforschung ein großer gesellschaftlicher Nutzen durch die Zusammenführung und Analyse riesiger Datenmengen ergeben. Zuvor hatte Dabrock sich bereits im Europaparlament geäußert. Angesichts der positiven KI-Potenziale wies er darauf hin, dass die Menschen nicht nur für Handlungen sondern auch für Unterlassungen verantwortlich seien. Er verband dies mit der Warnung, dass, wenn Menschen zu Objekten permanenter Überwachungstechnologie würden, die scheinbar wohltuende Lösungen für alle möglichen Lebensbereiche anbiete, dies Folgen für Selbstbestimmung und Menschenwürde haben könne.

Hintergrund der Äußerungen ist die Erarbeitung von Ethik-Leitlinien für eine vertrauenswürdige KI, die von der EU-Kommission in Auftrag gegeben wurden und demnächst vorgestellt werden sollen. Im EU-Parlament kamen zu dem Thema Vertreter aus Christentum, Judentum und Humanismus zu Wort.

Der Sekretär des Päpstlichen Rates für die Kultur, Paul Tighe, warnte, dass KI die Ungerechtigkeit in der Welt vergrößern könnte. Wenn KI enorme wirtschaftliche Vorteile in bestimmten Händen konzentriere, bestehe möglicherweise die Gefahr, dass sie nicht dem Wohl aller diene. Rabbi Ephraim Mirvis erklärte, die KI berge die Gefahr des Verzichts auf die eigene moralische Entscheidungshoheit. Mirvis zitierte das Beispiel eines führerlosen Autos, das bei drohendem Unfall zwischen mehreren Personen als Opfern entscheiden müsse. Der Einwand, dass die Entscheidung letztlich doch von Menschen in den programmierenden Unternehmen getroffen werde, steche nicht, machte der Chef-Rabbi der Vereinigten Hebräischen Kongregation des Commonwealth klar, denn: "Wer ernannte sie, in wessen Namen treffen sie solche Entscheidungen und wem sind sie verantwortlich?"