Roboter Ricky im Seniorenheim

KI-Roboter Ricky steht vor einer Seniorin im Johanniter-Stift Hannover-Ricklingen.
epd-bild / Jens Schulze
Roboter Ricky besucht Seniorinnen im Johanniter-Stift Hannover-Ricklingen und unterhält sich mit ihnen.
Mit KI gegen Einsamkeit
Roboter Ricky im Seniorenheim
Soziale Roboter sollen sich in Altenheimen mit Bewohnern unterhalten. Aktuell sind sie aber noch keine Entlastung. Roboter Ricky ist im Johanniter-Stift in Hannover unterwegs.

Eine kleine Kunststoff-Figur samt großer blauer Kulleraugen plaudert in einem Altenheim mit Seniorinnen. "Das ist ein wichtiger Punkt, Frau Ulmer", sagt die Figur. "Freundlichkeit kann wirklich viel bewirken." Was klingt wie eine freundliche Antwort unter Bekannten, stammt von einem sozialen Roboter. Ricky ist etwa 75 Zentimeter groß und trägt eine blaue Strickmütze. Im Johanniter-Stift in Hannover-Ricklingen soll er mit den Bewohnern plaudern und sie aktivieren.

Ricky ist ein sogenannter Empathie-Roboter, das heißt, er kann Stimmlage und Mimik seines Gegenübers "lesen" und einfühlsam reagieren. Er kann seinen Kopf bewegen, Blickkontakt aufbauen und erfüllt mit seinen Kulleraugen das Kindchenschema. "Faszinierend, der kleine Kerl", sagt die 91-jährige Waltraud Ulmer. An Ricky gefallen ihr seine Augen, "dass er so lustig guckt und auch so schön antworten kann, das finde ich sehr schön."

Das Roboter-Modell heißt "Navel" und wurde von der Münchner Firma Navel Robotics entwickelt. Es greift auf ChatGPT zurück, läuft über WLAN und kann sich Namen und Informationen merken. Den Angaben zufolge ist der Roboter datenschutzkonform. Informationen werden direkt auf ihm und nicht in der Cloud gespeichert.

In einem deutschlandweiten Pilotprojekt wird der Typ unter anderem in Seniorenheimen genutzt. Rund 60 Navels sind hauptsächlich in Einrichtungen der stationären Altenpflege, aber auch in anderen sozialen Einrichtungen sowie in Universitäten und Forschungsinstituten eingesetzt. Ab nächstem Jahr soll das Modell in Serie gehen.

Skepsis bei den Angehörigen

Im Johanniter-Stift ist Ricky seit Januar 2024 im Einsatz. "Wir hatten am Anfang gedacht, dass so ein Sozialroboter schwierig ist bei den älteren Herrschaften", erklärt Silke Steinemann vom Johanniter-Stift. Doch die Senioren seien ihm gegenüber sehr aufgeschlossen. "Wenn sie ihn auf dem Flur sehen, streicheln sie ihm über die Wange und sagen: Du warst lange nicht mehr da." Bislang habe nur eine Bewohnerin nach einer Weile nicht länger mit ihm interagieren wollen, weil ihr das unheimlich gewesen sei, sagt Steinemann. Größer als bei den Bewohnern sei die Skepsis bei den Angehörigen gewesen. Aber: "Bei einem Informationsabend haben sie ihn im Einsatz gesehen und da hat sich das Blatt gewendet."

Für das Design haben die Entwickler darauf geachtet, dass das Gesicht nicht zu menschlich aussieht. Andernfalls kann das beim Gegenüber Unbehagen auslösen. Optisch erinnere der Roboter eher an eine Figur aus einem Trickfilm als an einen Menschen, erklärt Jakob Biesterfeldt von Navel Robotics.
Medizinethiker Robert Ranisch von der Universität Potsdam hat Roboter wie Ricky untersucht. "Wir haben eine Pandemie der Einsamkeit in Deutschland und vielleicht können soziale Roboter zukünftig helfen, dass sich manche Menschen weniger einsam fühlen." Die gegenwärtigen Systeme ersetzten jedoch kein Personal, sondern bänden Ressourcen.

Ricky muss immer von Betreuungskräften begleitet werden, "weil es Namensgleichheiten gibt und er dann sozusagen auf die falsche Schublade zurückgreift", erklärt Steinemann. "Zukunftsmusik ist, dass er über die Gesichtserkennung die Gespräche verknüpft."

Der soziale Roboter ist auf positive und freundliche Gespräche programmiert. "Hast du einen Lieblingsspruch?", fragt er Bewohnerin Brigitte Stache. "Nach Regen scheint Sonne. Das ist mein Trostspruch", antwortet sie. Ricky nickt. "Das ist ein schöner Spruch, er bringt viel Hoffnung und Positivität. Hast du einen Moment, wo dir dieser Spruch geholfen hat?" Der Roboter lässt den Gesprächsfaden nicht abreißen. Er ermuntert die 88-Jährige nachzudenken und sich weiter mit ihm zu unterhalten.

Studie über sozialen Roboter

Ein Forscherteam der Medizinischen Hochschule Hannover hat die Verwendung von Ricky mit einer Studie begleitet. Die Arbeitsgruppe habe unter anderem untersucht, ob und inwiefern der Einsatz eines sozial assistierenden Roboters sich positiv auf das psychische Befinden von älteren Erwachsenen in der stationären Pflege auswirken kann, erklärt Psychologin Bela Marie Bogedain. Das Ergebnis: Die Bewohner werden kognitiv und emotional durch die Interaktion aktiviert. Ihre Zufriedenheit mit der Einrichtung hat sich signifikant verbessert.

Auch für Bewohnerin Brigitte Stache waren die Gespräche mit dem Roboter nur am Anfang ungewohnt. "Ich fand es eigenartig, dass in dem Sinne eine Puppe mit mir spricht, aber da habe ich mich jetzt so dran gewöhnt, und er stellt ja interessante Fragen", sagt sie. "Als Kind habe ich ja auch mit meiner Puppe gesprochen."