Kulturpolitiker Hilmar Hoffmann gestorben

Kulturpolitiker Hilmar Hoffmann gestorben
Hilmar Hoffmann galt als der profilierteste Kulturpolitiker im Nachkriegsdeutschland. Er hat die Losung der "Kultur für alle" erfunden. Sein Amt als Frankfurter Kulturdezernent begann er mit einem Paukenschlag für Filmliebhaber.
02.06.2018
Rudolf Worschech

Zu Wort meldete sich Hilmar Hoffmann zuletzt nicht mehr so oft wie früher, als Streitgespräche mit ihm legendär waren. Er sei "milde geworden", hatte er einmal der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gesagt. Am 1. Juni starb Hoffmann - der 20 Jahre Kulturdezernent der Stadt Frankfurt und neun Jahre Präsident der Goethe-Institute war - nach Angaben der Familie im Alter von 92 Jahren in Frankfurt.

Demokratisierung der Kultur

Der am 25. August 1925 in Bremen geborene Hoffmann hat die Losung von der "Kultur für alle" erfunden. In Frankfurt steht sein Name für eine Kulturpolitik zwischen 1970 und 1990, die wegweisend für viele andere Städte war. In ihr findet sich viel von der Aufbruchstimmung der 1960er Jahre. Seine Politik stand für eine Demokratisierung der Kultur. Hoffmann hat sich schon als Frankfurter Kulturdezernent immer geweigert, eine allzu simple Kosten-Nutzen-Rechnung aufzustellen.

Dem Film stand er am nächsten. Als Direktor der Volkshochschule in Oberhausen gründete er in den 1950er Jahren die - damals sogenannten - Westdeutschen Kurzfilmtage Oberhausen. 1962 erlebten sie mit der Verkündung des "Oberhausener Manifests" die Geburt des Neuen Deutschen Films.

Gründung des ersten deutschen kommunalen Kinos

Hoffmann hat immer wieder über das Kino geschrieben, über den NS-Film etwa, und hat auch Dokumentationen zum aktuellen Film gedreht. Fünf Jahre war er Kulturverantwortlicher in Oberhausen, und als er 1970 sein Amt als Kulturdezernent der Stadt Frankfurt antrat, begann er dies mit einem Paukenschlag: Er gründete das erste "Kommunale Kino" in der Bundesrepublik und setzte diese Idee auch gerichtlich gegen die gewerblichen Kinobesitzer durch.

Die zwei Jahrzehnte in Frankfurt ließen ihn zum profiliertesten Kulturpolitiker der deutschen Nachkriegsgeschichte werden, ein Mann mit Visionen, der Ideen aufgriff, sie aber auch politisch umsetzen konnte. 15 Museen oder Ausstellungshäuser wurden in seiner Zeit neu errichtet oder umgebaut, er installierte das Museumsufer, eine Kette von Museumsbauten.



Die Frankfurter Oper wurde in seiner Zeit zum vielleicht wichtigsten Regie-Musiktheater. Hoffmann integrierte die alternative Kultur und sorgte mit dem Mouson-Turm für einen geeigneten Spielort. Hoffmann schrieb Bücher, etwa über die Frankfurter Oberbürgermeister oder über "Frankfurts starke Frauen", darunter eine Biografie der früheren Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth: "Das Rothbuch".

Weder Populist, noch Volkstümler

Hilmar Hoffmann war nie ein Populist, ein Volkstümler. Er hat sich nicht angebiedert und es auch in "seiner" Partei, der SPD, nicht immer leicht gehabt. Wegen Differenzen mit dem damaligen Oberbürgermeister Volker Hauff (SPD) schied er 1990 freiwillig aus dem Amt, obwohl er bis 1994 gewählt worden war.

Sein erstes großes programmatisches kulturpolitisches Buch hieß "Kultur für alle" (1979), und hinter dieser modernen Losung steckte auch die alte zutiefst sozialdemokratische Vorstellung von der Eroberung der Höhen der bürgerlichen Kultur. Den Folgeband "Kultur für morgen" schrieb er dann 1985 schon im Angesicht der konservativen Wende und der ersten Krise.

Von 1993 bis 2002 war der Vater von zwei Kindern Präsident des Goethe-Instituts, das deutsche Kultur im Ausland vermitteln soll. Er hatte es nicht mehr so leicht in einer Zeit, in der auch die Mittel des Bundes drastisch zurückgingen. 38 Institute mussten in seiner Zeit schließen, aber 19 neue konnte er auch eröffnen. In den neun Jahren seiner Präsidentschaft hat er 45 Millionen Euro an Sponsorengeldern gesammelt.

Kulturpolitik als Schlüssel für alle Friedensbemühungen

Die Losung von der "Kultur für alle" bekam mit der Arbeit der Goethe-Institute eine neue Dimension. Wer Hoffmanns Arbeit aber kennt, weiß, dass es ihm damit nicht um die Repräsentation einer "Nationalkultur" ging. Kulturpolitik, hat er einmal gesagt, sei "der Schlüssel für alle Friedensbemühungen überhaupt".