Zu Besuch in einem Flüchtlingscafé

Ramadan Sadwan aus Syrien zeigt Volkhart Bröning auf einer Landkarte seine Heimat.
Foto: privat
Ramadan Sadwan aus Syrien zeigt Volkhart Bröning auf einer Landkarte seine Heimat.
Zu Besuch in einem Flüchtlingscafé
Rund 40 Ehrenamtliche organisieren in der niedersächsischen Gemeinde Weyhe einen wöchentlichen Kaffeenachmittag für Geflüchtete. Als die Landessuperintendentin Birgit Klostermeier sie besucht, berichten sie, warum sie das tun, und was für sie Trost bedeutet. Für viele Geflüchtete sind die Helfer im Flüchtlingscafé inzwischen sogar zur Ersatzfamilie geworden.

Im Vorraum des Flüchtlingscafés spielen junge Männer Tischfußball, zwei kleine Kinder laufen zusammen bis zur Tür und zurück und strahlen dabei vor Freude. Ihre Mütter sitzen im Gemeinschaftsraum nebenan. Eine von ihnen ist Zina Bahgat. Die 20-jährige Kurdin ist vor vier Monaten aus Syrien nach Deutschland gekommen. Sie spricht noch kein Deutsch, aber das soll sich bald ändern.

Schließlich will die junge Mutter die deutsche Kultur und die deutschen Menschen kennen lernen. Mit Bahgat am Tisch sitzen Volkhart Bröning und Ramadan Sadwan. Der 70-jährige Rentner und der 21-jährige Syrer blättern gemeinsam in einem Buch über die deutsche Sprache. Die beiden werden später gemeinsam in einen Atlas schauen; Ramadan Sadwan wird Volkhart Bröning auf der Karte zeigen, wo genau er herkommt.

Mit Herzblut dabei

„Die Menschen wissen ja gar nicht, ob sie hier bleiben dürfen“, sagt die 70-jährige Ehrenamtliche Hannelore Leifeld: „Da können wir ja nichts machen, wir können nur trösten und sagen: 'es wird schon'.“ Das Flüchtlingscafé im Weyhener Gemeindehaus gibt es seit Ende Februar, initiiert wurde das Projekt von Albert Gerling-Jacobi. "Die Helfer waren schnell gefunden und sind seitdem mit Herzblut dabei", sagt der Pastor. Auch von den Geflüchteten sei das Café von Anfang gut angenommen worden. Inzwischen kämen jeden Mittwoch dreißig bis vierzig Frauen, Männer und Kinder. Sie tauschen sich miteinander aus, lernen mit ihren Paten die deutsche Sprache oder verabreden sich mit ihnen zu Behördengängen.

Landessuperintendentin Birgit Klostermeier (M) im Gespräch mit Ehrenamtlichen und Flüchtlingen in Weyhe.

Doch trotz des großen Zuspruchs, den das Projekt erfährt, ist die Arbeit für die Ehrenamtlichen nicht immer einfach. Manchmal stoßen sie auch an ihre Grenzen: Die 70-jährige Leifeld berichtet von einem Fall, in dem eine junge Mutter, kurz nachdem sie mit ihren beiden Kindern in Deutschland angekommen sei, eine schwere Krebs-Diagnose bekommen habe. „Solche Schicksale muss man auch aushalten können. Wer das nicht kann, der hilft, in dem er bei uns Kaffee kocht,“ sagt Leifeld. Es sei schließlich das „Wir“, das zählt. In dem Fall habe zunächst den Kindern geholfen werden können; sie hätten während der Behandlung ihrer Mutter bei einer Arztfamilie untergebracht werden können.      

„Where is Dieter?“ Ein junger Mann aus dem Iran kommt auf Hannelore Leifeld zu und fragt nach ihrem Mann. „Dieter works in the garden,“ antwortet die 70-Jährige mit dem blonden Pagenkopf. Kein Wunder, dass die Abwesenheit von Leifelds Ehemann gleich auffällt: Die Helfer des Flüchtlingscafés sind für die Menschen aus Syrien, dem Iran, Afghanistan, Nepal und Teilen Afrikas zur Ersatzfamilie geworden.

„Viele von uns haben einfach den Wunsch, etwas von unserem Wohlstand und von unserer Zeit abzugeben,“ erklärt die ehrenamtliche Helferin Antje Balters. Die 65-jährige Irene Maertins ergänzt, dass gerade Menschen, die oder deren Eltern selbst als Flüchtlinge aus dem ehemaligen Osten Deutschlands in die Region gekommen sind, den Wunsch hätten, die Hilfe von damals weiterzugeben. Nur die, die es damals schlecht gehabt hätten, sagten Sätze wie 'Uns hat damals auch niemand geholfen', sagt Maertins. Sie seien verbittert. Und da sei es doch besser, sich für die Hilfe zu entscheiden, ist die 65-Jährige überzeugt.

Schließlich kann diese Hilfe so einfach sein. So verfolgten die Ehrenamtlichen in dem Flüchtlingscafé auch kein Programm, erklärt Antje Balters: "Es ist einfach ein Treffpunkt." Und da die Geflüchteten in der Gemeinde dezentral untergebracht sind, freuten sie sich einfach, mal vor die Tür zu kommen.

„Gott spricht: Ich will euch trösten wie einen eine Mutter tröstet.“ – das ist die aktuelle Jahreslosung. Hannelore Leifeld betont mit einem Zwinkern, auch eine Großmutter könne trösten. Sehr gut sogar. Der christliche Glaube ist für einige Helfer Grund für ihr Engagement. Er steht bei dem Flüchtlingscafé aber nicht im Vordergrund. Viele der Hilfesuchenden kommen aus muslimischen Ländern. Ein paar von ihnen hätten sich allerdings schon für eine Taufe interessiert, sagt Pastor Gerling-Jacobi. Für sie gebe es nun erst einmal Taufunterricht.