In der Sommerhitze kurz abtauchen: Nach Erfrischung im kühlen Nass sehnen sich viele, auch im Freiburger Lorettobad. Das 1841 erbaute Bad ist eines der ältesten Freibäder in Deutschland - und seit 1886 gibt es dort auch ein separates Frauenbad.
Umrahmt von Mauern, Hecken und weiß gestrichenen Umkleiden ist das Jahrhundertwende-Bad, das von den Freiburgern liebevoll "Lollo" genannt wird, das älteste und einzige Damenfreibad in Deutschland. Gleich hinter der Kasse führt eine weiße Tür in den Frauenbereich, der für alle "Herren" ab dem dritten Lebensjahr tabu ist.
Als "herausragendes Kulturdenkmal" beschreibt der Berliner Kulturhistoriker Matthias Oloew das Lorettobad. Die bis heute erhaltenen Umkleide-Kabinen direkt am Becken zeigten das Baukonzept im 19. Jahrhundert. Außergewöhnlich sei zudem, dass das Bad bis heute nach Geschlechtern getrennt sei, "das gibt es seit 80 Jahren sonst nirgends". Das mag für manche antiquiert erscheinen. Ein Besuch an einem sonnigen Sommertag zeigt aber, dass das Bad nicht nur bei Freiburgerinnen beliebt ist, sondern auch bei Frauen aus der Region und dem angrenzenden Elsass - so sehr, dass es an heißen Tagen schon mal einen Einlass-Stop gibt.
Die Atmosphäre ist entspannt, obwohl kaum noch ein Liegeplatz auf der Wiese frei ist. Am Beckenrand sonnen sich Frauen oben ohne im knappen Tanga. Im Wasser schwimmen Frauen im Badeanzug oder im Burkini, wie ihn manche Musliminnen tragen. Schülerinnen reden im Nichtschwimmerbereich über Kosmetiktipps und die neuesten Filme.
"Übertritt in die Entspannung"
Bereits den Eintritt durch die Tür beschreibt die Freiburgerin Silvia Cavalucci als "Übertritt in die Entspannung". Die Journalistin ist seit vielen Jahren Fan des Frauenbades. Darüber hat sie vor einigen Jahren sogar ein Buch geschrieben, das nicht mehr verlegt wird. "Hier kann man sich austauschen, aber auch seine Ruhe haben", sagt Cavalucci, die dort regelmäßig Yoga anbietet.
Gründe, das Damenbad zu besuchen, gebe es viele. Manche wollten ihren Körper nicht so gerne zeigen. Hier gebe keine komischen Blicke, keine schrägen Kommentare. "Es ist ein Rückzugsort, aber auch ein sozialer Treffpunkt." Auch kulturelle oder religiöse Gründe spielen eine Rolle. Musliminnen können im Badeanzug oder Bikini baden, ohne dass Männeraugen auf sie gerichtet sind. Ein paar tragen modische Burkinis, eine zweiteilige Badebekleidung, bei der Armen und Beine bedeckt sind. Eine Frau trägt ein lila Badekleid über einer langen schwarzen Badehose, eine andere einen schwarzen Zweiteiler mit einem knallroten Rockteil.
Piktogramme für Kleiderregeln
Piktogramme erklären, was erlaubt ist, und was nicht: Badehose, Bikini, Badeanzug oder Burkini, aber keine Straßenbekleidung. Weil es vor einigen Jahren Spannungen zwischen Stammgästen und muslimischen Besucherinnen gab, seien klar definierte Kleider- und Verhaltensregeln etabliert worden, erläutert die Regio Bäder GmbH dem Evangelischen Pressedienst.
Zudem wurde der Einsatz von männlichen Aufsichtspersonen kritisiert. Jetzt informiert ein Schild bereits an der Eingangstür auf Deutsch, Englisch, Französisch und Arabisch über männliches Personal.
Um ähnliche, allerdings stark überzeichnete Konflikte geht es auch in Doris Dörries Komödie "Freibad" (2022) über Deutschlands einziges Frauenbad. Gedreht wurde aber nicht in Freiburg, sondern in Ainhof bei München.
1980 hatte ein Jurastudent erfolglos gegen das "Herrenverbot" im Lorettobad geklagt. Dies verstoße nicht gegen das Gleichheitsgebot, erklärte dazu das Verwaltungsgericht Freiburg. Schließlich befinde sich das Familienbad direkt nebendran.
Und so bleiben im Lollo die Frauen beim Baden unter sich, heute wie vor 139 Jahren. Es ist Abend geworden, vor den historischen Kabinen genießen die Besucherinnen die letzten Sonnenstrahlen, eine Muslimin prüft im Spiegel den richtigen Sitz ihres Kopftuchs. Um 20 Uhr schließt das Bad. Morgen um 10 Uhr geht es wieder los, wenn die Sonne das Wasser zum Glitzern bringt.