Volker Jung: Transsexualität endlich "entmoralisieren"

Volker Jung
Foto: epd-bild/Jens Schlüter
Der Kirchenpräsident des Evangelischen Kirche in Hessen-Nassau, Volker Jung.
Volker Jung: Transsexualität endlich "entmoralisieren"
Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung hat im Zusammenhang mit transsexuellen Menschen von einer "schuldbelasteten Wahrnehmung" der Kirche gesprochen.

"Es wurde nicht wahrgenommen, dass es Grundprägungen von Menschen gibt, die nicht veränderbar sind und zur Identität eines Menschen gehören", sagte Jung bei der Konferenz "Transsexualität. Eine gesellschaftliche Herausforderung im Gespräch zwischen Theologie und Neurowissenschaften" an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Das Thema sei nicht nur ein Randthema, das sich einer Minderheit zuwende. Es ist ein Thema, "das in Grundfragen von Theologie und Kirche hineinführt". Um der Menschen willen sei "eine Entmoralisierung erforderlich", sagte Jung. Sexuelle Prägungen seien jeweils "empfangen".

Theologisch besteht nach Jung die Herausforderung darin, dass das heutige Verständnis sexueller Vielfalt "in dieser Form nicht im Horizont der Aussagen biblischer Texte steht". Dies bedeute, dass auch die Schöpfung im Blick auf die Geschlechtlichkeit "nicht auf normative Binarität reduziert werden kann". Die Zweigeschlechtlichkeit von Frau und Mann sei zwar eine "besondere Gabe Gottes". Sie sei aber "nicht das einzige Schöpfungsgemäße, gegenüber dem andere geschlechtliche Orientierungen als defizitär zu beurteilen wären".

Nach dem Grundverständnis des Evangeliums sei die Zusage des Heils in Jesus Christus "gerade nicht an menschliche Herkunft und Rollenzuschreibung gebunden", sagte Jung mit Verweis auf Galater 3,28: "Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus." Die Wahrnehmung sexueller Vielfalt bedeute keine Loslösung von der Bibel. "Gerade das biblische Zeugnis fordert heraus, Menschen in ihrerIndividualität wahrzunehmen und ihnen darin gerecht zu werden", sagte Jung.

Zum 500. Jubiläum der Reformation solle die evangelische Kirche einen Beitrag dazu leisten, "dass Diskriminierung aufgrund von geschlechtlicher odersexueller Identität und Orientierung ein Ende hat". In der evangelischen Kirche sollten sich "Menschen jeglichen Geschlechts und verschiedener sexueller Prägung von Gott geliebt und angenommen fühlen", sagte der Kirchenpräsident und schloss mit einem Zitat von Lili Elbe im Film "The Danish Girl", die voller Überzeugung sage: "Gott hat mich so geschaffen."